Biagio Pupini, gen. Biagio dalle Lame
Ecce Homo und Handwaschung des Pilatus,
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Biagio Pupini, gen. Biagio dalle Lame

Ecce Homo und Handwaschung des Pilatus,

Biagio Pupini, gen. Biagio dalle Lame

Ecce Homo und Handwaschung des Pilatus

Trotz der alten Beischrift auf den Namen „Biaugio“ schrieb Harzen das Blatt Jacopo Zanguidi, genannt il Bertoia, zu. Erst Philip Pouncey hat die Zeichnung in den frühen 1960er Jahren dem Bologneser Künstler Biagio Pupini zugewiesen und damit die alte Beischrift bestätigt.(Anm.1) Diese Zuschreibung ist seitdem nicht bestritten worden, denn die Hamburger Zeichnung weist charakteristische Merkmale von Pupinis Zeichenstil auf. Typisch ist der weitgehende Verzicht auf Details und die großzügige Verwendung von Weißhöhungen, was den Zeichnungen in Verbindung mit dem oft farbigen Papiergrund einen malerischen Effekt verleiht.(Anm.2) Charakteristisch ist auch eine recht unsystematische und unruhige Schraffierung, wobei die bogenförmigen Parallelschraffuren auffallend sind.
Das Blatt mit der Darstellung „Ecce Homo“ und „Handwaschung des Pilatus“ gehört thematisch und stilistisch zu einer Gruppe mehrerer Zeichnungen, die sich mit dem Thema der Passion befassen. In der Art der Zeichentechnik gut vergleichbar ist zum Beispiel das 1995 auf dem Kunstmarkt angebotene Blatt mit der „Geißelung Christi“.(Anm.3) In diese Reihe gehört auch die Szene „Auf dem Weg nach Golgatha“ (Anm.4). Eine Umsetzung dieser Zeichnungen in Gemälden oder Fresken ist nicht nachweisbar.
Sammlungsgeschichtlich interessant ist, dass sich laut Georg Ernst Harzen auf der Rückseite ursprünglich eine heute nicht mehr nachweisbare Bleistiftskizze von dem zeitweilig in Hamburg tätigen Künstler Siegfried Bendixen mit dem Bildnis des Künstlers und zwei von dessen Kindern befand.(Anm.5) Da Harzen mit Bendixen befreundet war und ihn offensichtlich mehrfach in London besucht hat, ist relativ wahrscheinlich, dass er das Blatt vom Künstler erworben oder geschenkt bekommen hat.

David Klemm

1 Notiz in der Gernsheim Photokartei des Kupferstichkabinetts.
2 Vgl. Lachenmann in Fünfzig italienische Zeichungen des 16.-19. Jahrhunderts aus der Sammlung Ratjen, bearb. v. David Lachenmann, Ausst.-Kat. Vaduz, Liechtensteinische Staatliche Kunstsammlungen, Bern 1995, o. S., bei Nr. 12.
3 Aukt.-Kat. London, Christie’s, Old Master Drawings, 19. 4. 1994, S. 9, Nr. 9, mit Abb. Unterschiedlich sind die auf diesem Blatt etwas weniger stark verwendeten Schraffuren.
4 Washington, National Gallery of Art, Sammlung Wolfgang Ratjen, Inv.-Nr. 2007.111.148; vgl. Aukt.-Kat. London, Christie’s, Old Master Drawings,
28.3.1972, S. 14, Nr. 41; vgl. Italienische Zeichnungen des 16.-18. Jahrhunderts. Eine Ausstellung zum Andenken an Herbert List, Stiftung Ratjen, bearb. v. Peter Dreyer, Dieter Graf, Richard Harprath, Ausst.-Kat. München, Staatliche Graphische Sammlung, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett, Hamburger Kunsthalle, Düsseldorf, Kunstmuseum, Staatsgalerie Stuttgart, München, Graphische Sammlung, Vaduz 1977 u. a. 1977, S. 142–143, Nr. 65.
5 Siehe Inventareintrag oben.






Trotz der alten Beischrift auf den Namen "Biaugio" schrieb Harzen das Blatt Jacopo Bertoja zu. Erst Philip Pouncey hat die Zeichnung in den frühen 1960er Jahren dem Bologneser Künstler Biagio Pupini zugewiesen und damit die alte Beischrift bestätigt.(FN1) Diese Zuschreibung ist seitdem nicht bestritten worden, denn die Hamburger Zeichnung weist charakteristische Merkmale von Pupinis Zeichenstil auf. Typisch ist der weitgehende Verzicht auf Details und die großzügige Verwendung von Weißhöhungen, was den Zeichnungen in Verbindung mit dem oft farbigen Papiergrund einen malerischen Effekt verleiht.(FN2). Charakteristisch auch eine recht unsystematische und unruhige Schraffierung, wobei die bogenförmigen Parallelschraffen auffallend sind.
Das Blatt mit der Darstellung "Ecce Homo" und "Handwaschung des Pilatus" gehört thematisch und stilistisch zu einer Gruppe mehrerer Zeichnungen, die sich mit dem Thema der Passion befassen. In der Art der Zeichentechnik gut vergleichbar ist zum Beispiel das 1995 auf dem Kunstmarkt angebotene Blatt mit der "Geißelung Christi".(FN3) In diese Reihe gehört auch die Szene "Auf dem Weg nach Golgatha"(FN4). Eine Umsetzung all dieser Zeichnungen - sei es in Gemälden, sei es in Fresken - ist nicht nachweisbar.
Sammlungsgeschichtlich interessant ist, daß sich laut Georg Ernst Harzen auf der Rückseite ursprünglich eine Bleistiftskizze von Siegfried Bendixen mit dem Bildnis des Künstlers und zwei von dessen Kindern befand.(FN5) Da Harzen mit Bendixen befreundet war und ihn offensichtlich mehrfach in London besucht hat, ist relativ wahrscheinlich, daß er das Blatt vom Künstler erworben oder geschenkt bekommen hat.

(FN1) Notiz in der Gernsheim Photokartei des Kupferstichkabinetts.
(FN2) Vgl. Lachenmann in Ausst.-Kat. Vaduz 1995, o. S., bei Nr. 12.
(FN3) Christie's London, OMD, 19.4.1994, S. 9, Nr. 9 mit Abb. Unterschiedlich sind die auf diesem Blatt etwas weniger stark verwendeten Schraffuren.
(FN4) Washington, Sammlung Ratjen R 643; vgl. Christie's, 28.3.1972, Nr. 41; vgl. Ausst.-Kat. München 1977, S. 142-143, Nr. 65.
(FN5) Harzen, Inventar S. 224. Diese Zeichnung ist nicht im Kupferstichkabinett der Kunsthalle nachweisbar.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts sehr schwer lesbare Beschriftung, wohl: "Biagio Bolognese" (Graphit), siehe Verso; auf dem Verso in der Mitte bezeichnet: "Biaugio B[...]ognese fe[...]3" (Feder in Braun); unterhalb davon: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten rechts nummeriert: "8" (Bleistift)

Provenienz

Thomas Richter (1728-1773), Leipzig (nicht bei Lugt); (Versteigerungen 1786/1787, vgl. Lugt, Ventes 4081, 4122); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 224 (als anonym, "...angeblich Bertoja"); NH Ad : 01 : 03, fol. 123 (als "Giacinto Bertoja"): "Christus dem Volke dargestellt auf einer hohen Tribüne, zur Seite Pilatus die Hände waschend, unten lärmende Volksgruppen. Feder und Bister, gehöht. 7.9. 11.6. Samml. Richter." am Rand: "Hinten Zeichnung Bendixen." [diese in der Kunsthalle nicht nachweisbare Zeichnung ist zu unbekanntem Zeitpunkt abgelöst worden]; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.308, Nr.448

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.103, Nr.46, Abb.42

Diane De Grazia: Bertoia, Mirola and the Farnese Court, [Bologna] 1991, S.147, Nr.D/R 30

Stiftung Ratjen. Italienische Zeichnungen des 16.-18. Jahrhunderts. Eine Ausstellung zum Andenken an Herbert List, Ausst.-Kat. München, Staatliche Graphische Sammlung, München 1977, S.142-143, Nr.65

Fine Old Master Drawings, 28. März 1972, Christie's, London 1972, S.14, Nr.bei Nr.41

Diane De Grazia Bohlin: The Drawings of Jacopo Bertoia, Phil. Diss. Princeton 1972, S.209, Nr.115, Abb.247