Baccio Bandinelli
Sitzender Jüngling mit Tafel in der Linken, um 1520 - 1525
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Baccio Bandinelli

Sitzender Jüngling mit Tafel in der Linken, um 1520 - 1525

Baccio Bandinelli

Sitzender Jüngling mit Tafel in der Linken, um 1520 - 1525

1671 publizierte Jan de Bisschop eine Wiedergabe der Hamburger Zeichnung in seinem Werk „Paradigmata Icones“ als Erfindung des Baccio Bandinelli.(Anm.1) Von Georg Ernst Harzen wurde das Blatt dagegen Andrea del Sarto gegeben, eine Einschätzung, die sich auch im ersten Inventarbuch des Kabinetts niederschlug.Es war John Gere, der Bandinelli wieder als Urheber benannte.(Anm.2) Das Blatt lässt sich überzeugend einer Gruppe von mit roter oder schwarzer Kreide gezeichneter Figurenstudien zuordnen, die in Stil und Technik den um 1518/19 entstandenen Studien zur „Geburt der Jungfrau“ entsprechen.(Anm.3) Ihre Posen sind beeinflusst von Michelangelos Propheten und Sibyllen in der Sixtinischen Kapelle. Eine Datierung um 1520 ist daher denkbar. Besonders eng verwandt ist ein Blatt im Louvre mit einem sitzenden Mann, der ein Buch hält.(Anm.4) Roger Ward vertrat die Ansicht, dass der Zeichnung noch ein disegno finito folgte, auf der die Figur als Prophet oder Heiliger herausgebildet wurde.(Anm.5) Denkbar ist für Ward aber auch, dass die Figur in Zusammenhang mit Bandinellis Entwürfen für das mit zahlreichen ähnlichen Figuren versehene Grabmal Heinrichs VIII. steht.(Anm.6)

David Klemm

1 Vgl. Jan G. van Gelder, Ingrid Jost: Jan de Bisschop and his Icones & Paradigmata. Classical Antiquities and Italian Drawings for Artistic Instruction in Seventeenth Century Holland, hrsg. v. Keith Andrews, Dornspijk 1985, S. 253, Nr. 32 b.
2 Undatierte Kartonnotiz. Einer weiteren Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts zufolge wurde in der Figur irrigerweise eine Kopie von Andrea Boscoli nach einer Bandinelli-Zeichnung vermutet.
3 Vgl. z. B. „Männliches Modell, das für eine Statue posiert“, schwarze Kreide, Windsor, Royal Library, Inv.-Nr. 454; vgl. Arthur E. Popham, Johannes Wilde: The Italian Drawings of the XV and XVI Centuries in the Collection of His Majesty the King at Windsor Castle, London 1949, S. 188, Abb. 23, um 1520/25 datiert.
4 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 140.
5 Vgl. Roger B. Ward: Baccio Bandinelli as a draughtsman, Phil. Diss. University of London, London 1982, S. 189, Nr. 170.
6 Ebd.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts bezeichnet: "a del Sarto"; unten links: Stempel der Sammlung Reynolds ( L. 2364); unten rechts Stempel der Sammlung Richardson sen.(L. 2184); auf dem Verso in der Mitte bezeichnet: "Andrea Vanucci (del Sarto)" (Bleistift); oberhalb davon nummeriert: "12" (Rötel, mögl. alt); unten rechts nummeriert: "22" (Bleistift); unten links bezeichnet: "6.10 14. 0"; rechts davon Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Kein Wasserzeichen

Provenienz

Jonathan Richardson sen. (1665-1745), London (L. 2184); Sir Joshua Reynolds (1723-1792), London (L. 2364); Gerog Ernst Harzen (1790-1853), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 220 (als Andrea del Sarto); NH Ad : 01 : 03, fol. 114 (als Andrea del Sarto): "Studienblatt eines auf einem Schemel sitzenden Jünglings, der eine Tafel in der Hand hält. In grossen Licht und Schattenmassen beendigte Röthelzeichnung. 6.10. 14.10 Samml. Jos Reynolds; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.77, Nr.21

Carel van Tuyll van Serooskerken: Baccio Bandinelli, 2008, S.72, Nr.14

Roger Ward: Baccio Bandinelli 1493-1560. Drawings from British Collections, Ausst.-Kat. Cambridge, Fitzwilliam Museum 1988, S.65, Nr.22 (Erwähnung)

Roger Barry Ward: Baccio Bandinelli as a draughtsman, Phil. Diss., University of London 1982, Nr.170

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.40