Baccio Bandinelli, Werkstatt
Kuppelbau mit plastischer Ausschmückung, um 1550 (?)
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Baccio Bandinelli, Werkstatt

Kuppelbau mit plastischer Ausschmückung, um 1550 (?)

Baccio Bandinelli, Werkstatt

Kuppelbau mit plastischer Ausschmückung, um 1550 (?)

Die traditionell Bandinelli zugeschriebene Zeichnung zeigt den Entwurf für eine aufwendige Goldschmiedearbeit, wohl für ein Ziborium oder ein Tabernakel. Bandinelli plante als Grundstruktur eine sechseckige Basis, auf der sich über einem achteckigen Aufbau eine halbkugelförmige Kuppel erheben sollte. Dieser architektonische Bereich sollte mit stehenden und sitzenden Figuren reich verziert werden. Bei den stehenden weiblichen Figuren handelt es sich um Sibyllen, Tugenden oder allegorische Personifikationen; die sitzenden Männer stellen Patriarchen und Heilige dar. Erkennbar sind links ein Evangelist und rechts wohl Abraham und Isaak. Im hochrechteckigen Bildfeld in der Mitte ist eine Berufungsszene zu sehen. Wie Ward und andere Autoren betonen, ist die hier gezeigte Verbindung von Architektur und Skulptur typisch florentinisch.(Anm.1)
Heikamp brachte das Blatt – allerdings ohne zwingende Argumente – mit dem Mitte der 1530er Jahre datierbaren Umbauprojekt Antonio da Sangallos für S. Maria sopra Minerva in Rom in Verbindung. Er hielt das Hamburger Blatt zeitweilig für eine Werkstattzeichnung, hat aber 2008 die Eigenhändigkeit Bandinellis bestätigt.(Anm.2)
Ward datierte die Zeichnung ins Spätwerk des Künstlers, da Zeichnungen der 1540er bzw. der frühen 1550er Jahre Ähnlichkeiten bezüglich der Physiognomien und Draperien aufweisen.(Anm.3) Interessanterweise finden sich die phantastischen Greifen, die die Throne flankieren, in ähnlicher Form auf Schmalseiten von Bandinellis Grab in SS. Annunziata in Florenz.(Anm.4)
Das auffallend dicke, nachgedunkelte Papier ist mehrfach gefaltet worden, und auch der deutlich erkennbare Abrieb deutet auf die Benutzung des Blattes hin. Eine Goldschmiedearbeit nach diesem Entwurf kann jedoch nicht nachgewiesen werden.

David Klemm

1 Roger B. Ward: Baccio Bandinelli as a draughtsman, Phil. Diss. University of London, London 1982, Nr. 166.
2 Detlef Heikamp: Die Entwurfszeichnungen für die Grabmäler der Mediceer-Päpste Leo X. und Clemens VII., in: Albertinastudien 4, 1966, Nr. 3, S. 145 und S. 152, Anm. 20, sowie mündliche Mitteilung, 2. 5. 2008.
3 Roger B. Ward: Baccio Bandinelli as a draughtsman, Phil. Diss. University of London, London 1982, Nr. 166.
4 Ebd.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso unten links bezeichnet: "13.0 14.8" (Bleistift); unterhalb davon bezeichnet: "Baccio Bandinelli" (Bleistift); unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten rechts bezeichnet: "f" (Bleistift)

Provenienz

Wahrscheinlich Samuel Woodburn (1786-1853), London (L. 2588); wahrscheinlich auf dessen Nachlassauktion 1854 in London (Lugt Ventes 21988) von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) erworben (NH Ad : 03 : 16, Sp. 14); NH Ad : 02 : 01, S. 209 (als Baccio Bandinelli); NH Ad : 01 : 03, fol. 89 (als Baccio Bandinelli): "Ein sechseckiger Tempel mit Kuppel jonischer Ordnung, an dessen Fuße vier Propheten sitzen und auf dessen Ansätzen[?] vier Sibyllen stehn. Ausgezeichnetes Blatt, sorgfältig mit der Feder ausgeführt. 13.0. 14.8". Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.78, Nr.23

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.78-79, Abb, S. 225, Nr.33

Roger Barry Ward: Baccio Bandinelli as a draughtsman, Phil. Diss., University of London 1982, Nr.166, Abb.203

Firenze e la Toscana dei Medici nell' Europa del Cinquecento. Il primato del disegno, Ausst.-Kat. Florenz, Palazzo Strozzi, Palazzo Vecchio 1980, S.71, Nr.75

Hundert Meisterzeichnungen aus der Hamburger Kunsthalle 1500-1800, Bd. 5, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1967, S.23, Nr.13, Abb.Taf. 13

Detlef Heikamp: Die Entwurfszeichnungen für die Grabmäler der Mediceer-Päpste Leo X. und Clemens VII., in: Albertinastudien 4, 1966, Nr. 3, S. 134-150, S.145, 152, Anm. 20

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.16, Nr.55

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229