Anthonie van Borssom
Steg über ein Gewässer und Pforte zu einem Grundstück, um 1645 - 1655
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Anthonie van Borssom

Steg über ein Gewässer und Pforte zu einem Grundstück, um 1645 - 1655

Anthonie van Borssom

Steg über ein Gewässer und Pforte zu einem Grundstück, um 1645 - 1655

Diese Zeichnung war Sumowski nicht bekannt, lässt sich jedoch gut dem gesicherten Œuvre Van Borssoms eingliedern. Unserem Blatt vergleichbar sind jeweils eine signierte Zeichnung in Rotterdam und Paris mit ähnlich sperrigen, im Bereich der Architekturwiedergabe dicht übereinander gelagerten Schraffurlinien und nervös gekringelten Laubangaben.(Anm. 1) Stärker noch sind hier einzelne Blättergruppen als „Lichtinseln“ isoliert herausgestellt. Deren Konturen sind gleichmäßiger gerundet als auf den etwas flüssiger gearbeiteten Referenzwerken, was sich durchaus als Schwäche interpretieren ließe, ebenso wie die rechts nicht ganz glücklich gelösten Übergänge zwischen Uferlinie und Wasser
oder die räumliche Verflechtung von Baumstämmen und Unterholz. Derartige Mängel müssen jedoch nicht zwingend auf andere Hand weisen, sondern können ebensogut als Indiz auf frühe Entstehungszeit gewertet werden. Dafür spricht nicht zuletzt die hier zu beobachtende stilistische Orientierung an Landschaftszeichnungen und -radierungen Rembrandts, wenngleich das von Sumowski in die zweite Hälfte der 1640er Jahre angesetzte Schülerverhältnis nicht dokumentiert ist.(Anm.2) Die Nähe zu Rembrandt wurde auch für andere Zeichnungen in brauner Feder beobachtet und im Sinne einer frühen Entstehung interpretiert, im Gegensatz zu den später angesetzen aquarellierten Arbeiten, die den Großteil des zeichnerischen Bestandes ausmachen.(Anm.3 )
Wie Schaar (Ausst.-Kat. Hamburg 1994/95) feststellte, zeigte sich Van Borssom in besonderem Maße interessiert an Zäunen und Toren. Dies betrifft neben dem Ham-burger Blatt und den erwähnten Vergleichsbeispielen in Rotterdam und Paris auch zwei Zeichnungen in London.(Anm.4)
Aufgenommen wurde das Motiv der Hamburger Zeichnung vermutlich in der näheren Umgebung von Amsterdam. Ähnliche private Begrenzungsanlagen wurden auch von Leupenius (Inv.-Nr. 22819) und Rembrandt (Inv.-Nr. 22818) dargestellt.

Annemarie Stefes

1 Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. MB 165 (200 x 312 mm), Jeroen Giltay: The Drawings by Rembrandt and his School in the Museum Boymans-van Beuningen, Rotterdam 1988, Nr. 49; Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 4368 (222 x 350 mm), Mària van Berge-Gerbaud: Rembrandt et son école. Dessins de la collection Frits Lugt, Paris 1997, Nr. 30. Die Abwesenheit menschlicher Staffage verbindet mit zwei Zeichnungen derselben Sammlung, Inv.-Nr. 2650 und Inv.-Nr. 4540, ebd. Nr. 31 und 32; vgl. auch den „Taubenschlag“ in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1836,0811.66, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 2, Borssom - Dorsten, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1979, bei Nr. 307.
2 Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 2, Borssom - Dorsten, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1979; zu Rembrandts Einfluss auf Van Borssom vgl. Jeroen Giltay: The Drawings by Rembrandt and his School in the Museum Boymans-van Beuningen, Rotterdam 1988, S. 132, Mària van Berge-Gerbaud: Rembrandt et son école. Dessins de la collection Frits Lugt, Paris 1997, S. 74 und Röver-Kann, in: Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000.
3 Mària van Berge-Gerbaud: Rembrandt et son école. Dessins de la collection Frits Lugt, Paris 1997, S. 74; es sind kaum eigenhändig datierte Zeichnungen Van Borssoms erhalten. In der Wiedergabe des Baumschlages vergleichbar ist die von Sumowski ebenfalls früh angesetzte „Dorfansicht“ in Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1890-A-2413, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 2, Borssom - Dorsten, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1979, Nr. 287.
4 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. Oo,10.188, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 2, Borssom - Dorsten, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1979, Nr. 303, und Inv.-Nr. 1854,0628.14, Sumowski deest.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Kaschierkarton auf dem Verso in der Mitte: neuer Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. deest); unten rechts: Teil eines Wappens

Wasserzeichen / Kettenlinien

nicht feststellbar
23-25 mm (h)

Provenienz

Unbekannte Slg.; erworben von Thomas Le Claire, Hamburg, aus Mitteln der Campe'schen Historischen Kunststiftung

Bibliographie

Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.120, Nr.14, Abb.S. 81

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.129-130, Nr.134

Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, Nr.6 mit Abb.

Im Blickfeld. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle. Ausstieg aus dem Bild, hrsg. von Uwe M. Schneede, Monika Wagner, Bd. 2, Christians 1997, S.181-182, Abb.

Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, Nr.20, Abb.S. 32