Anonym, Oberitalien, 2. Hälfte 16. Jahrhundert
Judith im Zelt des Holofernes,
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Anonym, Oberitalien, 2. Hälfte 16. Jahrhundert

Judith im Zelt des Holofernes,

Anonym, Oberitalien, 2. Hälfte 16. Jahrhundert

Judith im Zelt des Holofernes

Die lebendige Darstellung von Judith mit dem Haupt des Holofernes entzieht sich bislang einer genauen Zuordnung. Das mit zahlreichen Federzügen und Schraffen dicht bezeichnete Blatt wurde von Georg Ernst Harzen Battista del Moro gegeben, in der Kunsthalle jedoch den anonymen Italienern zugeordnet. Janos Scholz schrieb die Studie Bartolomeo Neroni (Nericcio) zu.(Anm.1) Ähnliche Schraffuren finden sich auf einigen Zeichnungen Giulio Campis.(Anm.2) John Gere lenkte die Aufmerksamkeit auf Carlo Urbino aus Crema, der mit Bernardino Campi und Aurelio Luini in Mailand tätig war.(Anm.3) Chris Fischer stimmte dieser Einschätzung zu und führte eine Judith-Studie in den Uffizien an, die in der Haltung der Judith und in der dynamischen Federführung an das Hamburger Blatt erinnert.(Anm.4) Dieses früher Giulio Campi zugeordnete Blatt wird nun Carlo Urbino zugeschrieben. Allerdings weist das Hamburger Blatt einen noch deutlich stärkeren Einsatz der Schraffuren auf. Fischer erkannte in dem Blatt auch den Einfluss von Aurelio Luini, was unabhängig von ihm auch Hugo Chapman feststellte.(Anm.5) Zwar gibt es einige Übereinstimmungen hinsichtlich der sehr lebendigen Federführung, doch weist das Hamburger Blatt mit der kontrollierteren Konturführung – sichtbar z. B. an den Armen der Judith – und der gleichmäßigeren Setzung der Parallelschraffen deutliche Eigenarten auf.(Anm.6) Eine Zuschreibung an Luini, wie auch an die anderen oben genannten Künstler erscheint nicht restlos überzeugend. Eine Entstehung im oberitalienischen Umfeld der Künstler Urbino, Luini und Campi ist aber sehr wohl denkbar.

David Klemm

1 Kartonnotiz.
2 „Anbetung durch die Hirten“; Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 6800. Campi schraffiert offensichtlich niemals derart intensiv. Vor allem die Kreuzschraffuren sind bei ihm weniger stark vertreten.
3 Kartonnotiz.
4 Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28.10.2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle; Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 13453, Corpus Gernsheim 11515.
5 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 18.1.2008.
6 Vgl. die viel weniger systematische Setzung der Parallelschraffuren und die unruhigere Konturführung auf einem Blatt mit einer religiösen Szene im British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1946–7-13-361 r. u. v.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten links: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Krone

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 224 (als anonym); NH Ad : 01 : 03, fol. 109 (als del Moro): "Judith eilt davon mit Holofernes Haupte von ihrer alten Dienerin erwartet. Geistreiche und sehr vollendete Federzeichnung. 5.6 quadr"; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.403-404, Nr.615