Anonym (niederländisch)
Flöte spielender Jüngling auf einem Hocker, um oder vor 1620
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Anonym (niederländisch)

Flöte spielender Jüngling auf einem Hocker, um oder vor 1620

Anonym (niederländisch)

Flöte spielender Jüngling auf einem Hocker, um oder vor 1620

Diese 1891 in einem Konvolut vorwiegend spanischer Zeichnungen erworbene, ehemals Leonardo da Vinci (1452–1519) zugeschriebene Zeichnung wurde in der Kunsthalle wohl zu Recht der Niederländischen Schule zugeordnet. Michiel Plomp sah einen gewissen Zusammenhang mit Cornelis Saftleven,(Anm.1) und auch zu Arbeiten Hermann Saftlevens gibt es Verwandtschaften, etwa in den ausgeprägt großen Augen und dem plumpen Körperbau.(Anm.2) Die Kostümierung weist auf die 1620er Jahre, während die feineFederschraffur an Arbeiten des frühen 17. Jahrhunderts erinnert.(Anm.3)
Diese Spannungen lassen sich auflösen, wenn man die Zeichnung, wie von Egbert Haverkamp Begemann und Robert-Jan te Rijdt auf dem Hamburger Symposium (2008) vorgeschlagen wurde, einem Amateur zuordnet.(Anm.4) Damit wären auch Schwächen in der Proportionierung erklärt wie die im Verhältnis zu den Füßen zu groß dargestellten Hände, ebenso wie die wohl gänzlich missverstandene Konstruktion des Stuhls. Vielleicht stand eine gemalte Figur anregend vor Augen, vielleicht auch ein Stich wie der in Proportion und Ausdruck eng verwandte Flötenspieler aus dem „Recueil de pièces facétieuses et bouffonnes de 1500 à 1630“ des Michel de Marolles.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Hinweis auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, vgl. den 1645 datierten „Flötespieler“ aus Saftlevens gestochener „Bauernserie“ (H. 9).
2 Vgl. dessen Radierung B. 26 und eine Zeichnung in Leiden, Prentenkabinet der Universität, Inv.-Nr. PK-T-AW-2262, Wolfgang Schulz: Herman Saftleven 1609-1685. Leben und Werke. Mit einem kritischen Katalog der Gemälde und Zeichnungen, Berlin 1982, Nr. 1305.
3 Für die Tracht vgl. Willem Buytewech, „Fröhliche Gesellschaft“, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. 2091, Christopher Brown: Holländische Genremalerei, München 1984, Abb. S. 177, oder das Emblem „Post tristia Dulcor“ aus Jacob Cats: Proteus ofte minnebeelden, Rotterdam 1627, Nr. 38; für die Ausführung vgl. Jacob de Gheyns Figurenstudien für einen Stich von 1603, Paris, École Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Inv.-Nr. Mas. 2161, Renaissance des Nordens. Meisterzeichnungen aus der Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris, Ausst.-Kat. Paris, École nationale supérieure des Beaux-Arts, Hamburg, Hamburger Kunsthalle, Paris 1985, Nr. 108.
4 Siehe Anm. 1. – Auch der Brüsseler Amateur Anthonie Crussens (um 1630-nach 1665) aus dem mittleren 17. Jahrhunderts zeichnete bevorzugt in Stechermanier, vgl. Charles Dumas: Anthonie Crussens, een vergeten amateur, in: Delineavit & Sculpsit 22, 2000, S. 1-46, S. 13–15 mit zahlreichen Beispielen.
5 Paris, Bibliothèque Nationale de France, Inv.-Nr. Rés. Tf 1 Fol, S. 17, Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, bearb. v. Eddy de Jongh, Ger Luijten Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, Abb. 44.

Details zu diesem Werk

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
19-21 mm (h)

Provenienz

1891 erworben bei Bernard Quaritch, London (Inventar Bd. XI, 1933-38, S. 59: "aus einem im Jahre 1891 für L[engl. Pfund] 180 angekauften Konvolut vorwiegend spanisch. Handzeichnungen")

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.657, Nr.1256