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Anonym (niederlÀndisch)
Acht Portraits von "Bentvueghels", 1619 - 1624
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Anonym (niederlÀndisch)

Acht Portraits von "Bentvueghels", 1619 - 1624

Anonym (niederlÀndisch)

Acht Portraits von "Bentvueghels", 1619 - 1624

Dies Blatt wurde erstmals von Plomp 1994 im Zusammenhang mit der Biographie Leonaert Bramers publiziert. Zwei Jahre spĂ€ter wurden beide Zeichnungen ausfĂŒhrlich in der Dissertation Sandra Janssens’ behandelt, und zuletzt wurden sie besprochen von Judith Verberne (2001) bzw. Christopher Brown (2002). Dabei lag das Hauptaugenmerk der Autoren auf dem dokumentarischen Wert der BlĂ€tter.
Dargestellt sind insgesamt 16 Mitglieder der niederlĂ€ndischen „Schildersbent“ in Rom. Diesen „Bentvueghels“ wurde bei einer Initiationszeremonie ihr jeweiliger Spitzname, der sogenannte „Bentname“ verliehen, der auf den Hamburger Zeichnungen ihren Eigennamen – mit einer Ausnahme – als „Alias“ beigefĂŒgt ist.
Fast alle hier portrĂ€tierten KĂŒnstler konnten identifiziert werden. Dabei erfolgte die Anordnung der Bildnismedaillons vermutlich ursprĂŒnglich, der vertikalen Faltung entsprechend, in jeweils vier aufeinander folgenden Spalten.(Anm.1)
Dargestellt sind auf diesem Blatt: Frans Viruly, alias Procureur (1594–1623), in Rom von 1619–23, Joan Frans alias Hauteian (nicht identifiziert), Leonaert Bramer, alias Nestelghat (1596–1674), in Rom von 1616 bis um 1628, Lucas van Brussel alias Ovidio Nanone (nicht identifiziert), Wouter Crabeth (II), alias Almanack (um 1594–1644), in Rom von 1619–25, Antonie Schouten van Amersfoort alias Ciammelare (gest. 1621), in Rom von 1616–21, Dietrich KrĂŒger, alias Toback Man (um 1575–1624), in Rom von 1618–24, Abraham della Tomba, alias Stoppers (1610–1623) (?), in Rom von 1610–23 oder 1624–28.(Anm.2)
Auf Kat.-Nr. 1259 sind portrĂ€tiert: Nicolaas Lambertus van Royen, alias Scilpat (gest. 1622), in Rom von 1620/21–22, Nicolas RĂ©gnier, alias den Vrijman (um 1590–1667), in Rom von 1620–25/26, Cornelis van Poelenburch, alias Satiro (1594/95–1667), in Rom von 1617–25 (?), Pieter Hartman, alias Eickhoorn (gest. 1624) (?), in Rom von 1623–24, Jan van Bijlert, alias Aeneas (1597/98–1671), in Rom von ca. 1618–23/24, Joost Jasper Meilinck, alias Moers Cont (gest. 1627), in Rom von 1621–27, vermutlich Hendrik Munniks (gest. 1648) und ein unbekannter KĂŒnstler, genannt „den Deytsch“.(Anm.3)
Die einzelnen PortrĂ€tskizzen unterscheiden sich voneinander im Grad der AusfĂŒhrung: Einige sind lediglich flĂŒchtig umrissen, andere sorgfĂ€ltiger modelliert – wobei es sich bei der Rötel-Überarbeitung sicherlich um spĂ€tere Zutat handelt. Diese Unterschiede wurden von Verberne als Hinweis auf verschiedene HĂ€nde interpretiert, doch deutet der ĂŒbereinstimmend geschmeidige, weich akzentuierende Strich eher auf einen einzigen Urheber.
Es stellt sich die Frage, ob die PortrĂ€ts nach dem Leben gezeichnet wurden, oder ob sich der Zeichner vielmehr an entsprechenden Wandmalereien orientierte, wie sie erwiesenermaßen die VersammlungsrĂ€ume der Bentveughels schmĂŒckten.(Anm.4) FĂŒr die letztgenannte These sprechen die mit einer anonymen Zeichnung in Rotterdam nahezu ĂŒbereinstimmenden ZĂŒge von Frans Viruly und Antonie Schouten auf diesem Blatt, wobei das Rotterdamer Blatt die Dargestellten detaillierter und in Halbfigur wiedergibt, also nicht nach der Hamburger Zeichnung gearbeitet sein kann.(Anm.5) Eher scheinen beide Darstellungen auf dieselbe Vorlage zurĂŒckzugreifen. In diesem Falle wĂ€re Viruly als Urheber der Hamburger Zeichnungen auszuschließen, anders als von Plomp angesichts des auffĂ€lligen Zeigegestus vorgeschlagen.(Anm.6)
Neben dem bereits erwĂ€hnten Gruppenbildnis werden in Rotterdam vier weitere Bentvueghel-PortrĂ€ts verwahrt. Drei dieser Zeichnungen sind sicherlich von anderer Hand, doch die Darstellung der „Um Bacchus gruppierten Bentvueghels“ könnte angesichts des Ă€hnlich geschmeidigen Linienflusses dem Urheber der Hamburger BlĂ€tter zugeschrieben werden.(Anm.7) Hier weisen die szenische Komposition und die zentrale Rolle des „Schutzpatrons“ Bacchus mit großer Sicherheit auf eine Wandmalerei als Vorlage.
Ausgehend von den dokumentierten Rom-Aufenthalten der Dargestellten datierte Janssens die Zeichnungen um 1617/19, wĂ€hrend Verberne einen etwas spĂ€teren Ansatz favorisierte, um 1620/21.(Anm.8) Diese GegensĂ€tze können wohl aufgelöst werden, wenn man in Betracht zieht, dass die auf diesem Baltt portrĂ€tierten KĂŒnstler alle schon 1619 in Rom lebten, wĂ€hrend die auf Inv.-Nr. 48992 Dargestellten dort erst ab 1620 nachzuweisen sind.(Anm.9) Offensichtlich waren die Zeichnungen als eine Art fortlaufendes Register angelegt, in dem die NeuzugĂ€nge der Bentvueghels chronologisch vermerkt wurden. Diese Funktion könnte den fehlenden Bentnamen des „Moniro van Utrecht“ auf Inv.-Nr. 48992 erklĂ€ren, der zum Zeitpunkt der Beschriftung vielleicht noch gar nicht vergeben worden war.(Anm.10)
Einen weiteren Datierungsanhalt geben die in gleicher Farbe wie die Inschriften gehaltenen Kreuze: Sie mĂŒssen nach dem Ableben der entsprechenden KĂŒnstler hinzugefĂŒgt worden sein. Schouten starb 1621, Van Royen 1622, Viruly 1623 und KrĂŒger 1624, womit jeweils ein Terminus ante quem fĂŒr die Beischriften gegeben ist.(Anm.11)
So besteht in der Tat Anlass zu der von Janssens, Verberne und Brown vorgeschlagenen Annahme, dass es sich bei den Hamburger Zeichnungen um eine Art gezeichnetes Album Amicorum der (GrĂŒndungs-)mitglieder der Schildersbent handelt.(Anm.12) Da nicht alle der um 1619–21 dokumentierten Bentvueghels auf unseren Zeichnungen vertreten sind, ist wohl von der Existenz mindestens einer weiteren vergleichbaren Zeichnung auszugehen.(Anm.13)
Die IdentitÀt des Urhebers der Hamburger BlÀtter konnte hingegen noch nicht geklÀrt werden.

Annemarie Stefes

1 Vorgeschlagen von Robert-Jan te Rijdt auf dem Symposium „NiederlĂ€ndische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
2 Die Identifikation der KĂŒnstler geht zurĂŒck auf Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 29–30; vgl. dazu die teilweise kritischen Anmerkungen von Sandra Janssens: Between Conflict and Recognition: the Bentvueghels, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2001, S. 57-85, S. 68–69; vgl. ebd. S. 64, Anm. 24.
3 Siehe Anm. 2; „den Deytsch“ ist vielleicht identisch mit „Joan Muller Alias Grundvinck“ auf der unter Anm. 7 erwĂ€hnten Bacchus-Zeichnung, vorgeschlagen von Sandra Janssens: Between Conflict and Recognition: the Bentvueghels, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2001, S. 57-85, S. 73.
4 Sandra Janssens: Between Conflict and Recognition: the Bentvueghels, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2001, S. 57-85, S. 74; vgl. Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 31.
5 Entgegen der Ansicht Verbernes, S. 32, und Janssens’, S. 70; Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. MB 289, Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 30, Abb. 5 A.
6 Zitiert bei Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 202, Anm. 80; eher wĂ€re Viruly als Urheber der mutmaßlichen gemeinsamen Vorlage in Betracht zu ziehen.
7 Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. MB 290–292, Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 30–31, Abb. 5 B-D; Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. MB 293, ebd. Abb. 5 E. Auch Sandra Janssens: Between Conflict and Recognition: the Bentvueghels, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2001, S. 57-85, S. 73 dachte an einen gemeinsamen Urheber, zumal die Inschriften der Hamburger Zeichnungen der allerdings etwas disziplinierter wirkenden Beischrift des Rotterdamer Blattes Ă€hneln. Das von Janssens ĂŒbersehene Wasserzeichen von Inv.-Nr. 48991 ist identisch mit dem der Rotterdamer Zeichnung.
8 Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 30; Sandra Janssens: Between Conflict and Recognition: the Bentvueghels, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2001, S. 57-85, S. 65–69.
9 Davon ausgenommen sind die nicht sicher identifizierten KĂŒnstler Pieter Hartman und Hendrik Munniks, vgl. Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 202, Anm. 72.
10 Vorgeschlagen von Robert-Jan te Rijdt, siehe Anm. 1.
11 Das mit Rötel eingetragene Kreuz auf dem Bildnis des „Joan Frans alias Hauteian“ stammt von spĂ€terer Hand.
12 Sandra Janssens: Between Conflict and Recognition: the Bentvueghels, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2001, S. 57-85, S. 69; Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 22-32, S. 28, 30 und 32; Brown 2002, S. 38. Den quasi offiziellen Charakter der Zeichnungen bestĂ€tigen die von spĂ€terer Hand hinzugefĂŒgten Kreuze, womit die Darstellung nach dem Tod der KĂŒnstler aktualisiert wurde.
13 Die anderen Bentvueghels der frĂŒhen Jahre sind teilweise auf den Rotterdamer Zeichnungen dargestellt.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Bezeichnet von links nach rechts, von oben nach unten: "Fransecus van Virili / Alias procureur"; im Medaillon ein Kreuz; "Leonard Bramer / Alias nestelghat"; "Guartier vander gau / Alia Almanak"; "Teodoro Cruger / Alias Toback man"; im Medaillon ein Kreuz; "Joan Frans Alias / Alias Hauteian"; "Lucas van Brusell / Alias ovidio nanone"; "Antonius van Hamersforts / Alias Ciamellare"; im Medaillon ein Kreuz; "Abramo van Amesterdam / Alias Stoggers" (Feder in Braun)

Verso bezeichnet oben: "medee" (Feder in Braun); l. L. 1328

Wasserzeichen / Kettenlinien

Lilien ĂŒber Bergen im Kreis, Ă€hnlich, aber nicht identisch mit Heawood 1620 (Rom 1647 oder 1674)
30-32 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (Catalogue d'une Collection de Portraits, fol. 195, Nr. 13: "Seize Artistes, avec leur noms du Schildersbent, probablement dessinés à Rome, vers Bustes en Ovales, sur 2 feuilles ..."); Inventar Bd. XIII, 1933-49?, S. 80: "Aus der PortrÀt-Slg. ohne Nr. gefunden"

Bibliographie

Stefes, Annemarie: NiederlĂ€ndische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.658-659, Nr.1258

Christopher Brown: The birds of a feather, , S.38

Sandra Janssens: Between Conflict and Recognition: the Bentvueghels, in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2001, S. 57-85, S.63-73, 76, Abb.4

Michiel C. Plomp: Leonaert Bramer the Draughtsman, , S.187; 206, Anm. 31, Abb.2

Paul Huys Janssen: Leonaert Bramer, his Biography as told by Documents, , S.15-16, Abb.3

Judith Verberne: The Bentveughels (1620/1621 - 1720) in Rome. A portrait of the group and presentation of a new document, in: Drawn to Warmth, hrsg. von Rijksprentenkabinet Amsterdam, 2001, S. 22-32, S.28-32; 202, Anm. 57, Abb.4a

Goodefridus J. Hoogewerff: De Bentvueghels, 's-Gravenhage 1952

S. Janssens: Tussen conflict en erkenning: de Bentvueghels. Een schildersbent te Rome in de eerste helft van de zeventiende eeuw, Louvain, Univ., Diss. 1996, S.3-4, 48-54, 58-62, 68-72, Abb.5