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Anonym (hollÀndisch, 17. Jh.) Meindert Hobbema, Nachahmer
Eichbaum im lichten Gehölz,
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Anonym (hollÀndisch, 17. Jh.) Meindert Hobbema, Nachahmer

Eichbaum im lichten Gehölz,

Anonym (hollÀndisch, 17. Jh.) Meindert Hobbema, Nachahmer

Eichbaum im lichten Gehölz

Die Zeichnung wurde von Broulhiet gemĂ€ĂŸ ihrer alten Zuschreibung an Meindert Hobbema publiziert, unter Verweis auf ein verwandtes GemĂ€lde.(Anm.1) Auch Stechow hielt sie fĂŒr eine authentische Zeichnung des KĂŒnstlers.(Anm.2)
Erste Zweifel hatte jedoch bereits Lugt, und auch Giltay nahm das Blatt nicht in den vorlĂ€ufigen, nur sieben Nummern umfassenden Katalog der Zeichnungen Hobbemas auf.(Anm.3) Einer von Simon erwogenen Zuschreibung an Jan van Kessel widersprach wiederum Davies aufgrund der zu freien AusfĂŒhrung.(Anm.4)
Michiel Plomp machte kĂŒrzlich auf einige Ungereimtheiten aufmerksam, die in erster Linie auf die wohl spĂ€tere Überarbeitung mit grauem Pinsel zurĂŒckzufĂŒhren sind: So wurde die ursprĂŒnglich sonnige rechte Seite des Baumstammes zur Schattenseite umgedeutet.(Anm.5) Auch die Kreidezeichnung kann nicht durchgehend ĂŒberzeugen. Dies betrifft die unbefriedigend gelöste Wiedergabe rĂ€umlicher ZusammenhĂ€nge, wenn etwa der nach links den Stamm ĂŒberschneidende Ast genauso krĂ€ftig konturiert ist wie der nach hinten fluchtende Zweig oben rechts. Die feinen KĂŒrzelstrukturen in der oberen Blattmitte wirken seltsam fremd im Zusammenspiel mit den insgesamt sehr summarischen Laubangaben, wenn sie nicht auch als spĂ€tere Zutat interpretiert werden sollten.
Angesichts dieser Eigenschaften wĂ€re die Hand eines Amateurs in Betracht zu ziehen. In Motiv, Lichtwirkung und Baumschlag verwandt ist eine Zeichnung in der Kunsthalle Bremen, die traditionell Gerrit Uylenburgh (1625–1679) zugeschrieben wird.(Anm.6) Der vorwiegend als KunsthĂ€ndler tĂ€tige Uylenburgh war zuvor als Maler im Landschaftsfach ausgebildet worden.(Anm.7) Eine mögliche Zuschreibung der vorliegenden Zeichnung an Uylenburgh erfĂ€hrt eine gewisse UnterstĂŒtzung durch stilistische Parallelen zu einer Zeichnung seines jĂŒngeren Bruders Isaack Uylenburgh (tĂ€tig 1640–1699), vergleichbar im luftig verschlungenen Baumschlag, der Vorliebe fĂŒr kontrastreiche Beleuchtung und den krĂ€ftig, bisweilen knorpelig konturierten Ästen.(Anm.8)

Annemarie Stefes

1 Standort unbekannt, Georges Broulhiet: Meindert Hobbema (1638-1709), Paris 1938, Nr. 397.
2 Undatierte Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinettes.
3 Jeroen Giltay: De tekeningen van Jacob van Ruisdael, in: Oud Holland 94, 1980, S. 141-208, S. 184. In der Tat ist eine Rekonstruktion des zeichnerischen ƒuvres kaum möglich angesichts fehlender signierter BlĂ€tter; auch werden Hobbema-Zeichnungen selten in alten Auktionskatalogen erwĂ€hnt, was als Hinweis auf geringe zeichnerische AktivitĂ€t interpretiert werden kann.
4 In einer Mitteilung per E-Mail, 18. 1. 2010, griff Jeroen Giltay diesen Gedanken wieder auf mit Blick auf verwandte GemĂ€ldemotive bei Van Kessel, z. B. Kapstadt, South African National Gallery, Inv.-Nr. 301; Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, Inv.-Nr. 773; Dallas, Privatbesitz; ehemals Frankfurt am Main, Sammlung Emil Goldschmidt, Davies 1992, Nr. 73, 74, 75, 80. Auch im Zeichenstil sah sich Giltay erinnert an die Hand Van Kessels. Unter den von Davies 1992 fĂŒr authentisch erachteten BlĂ€ttern findet sich m. E. jedoch kein unmittelbares Vergleichsbeispiel.
5 Symposium „NiederlĂ€ndische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kup-ferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
6 Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1797, Corpus Gernsheim 61 320.
7 Van der Veen 2001, S. 51 und Lammertse, in: Uylenburgh & Son. Art and commerce from Rembrandt to De Lairesse 1625-1675, Ausst.-Kat. London, Dulwich Picture Gallery, Amsterdam, Rembrandthuis, Zwolle 2006, S. 61, S. 207 und S. 209–210, jeweils auf Basis der Beschreibungen von Uylenburgh-GemĂ€lden in alten Auktionskatalogen. Mit Ausnahme von fĂŒnf dem KĂŒnstler zugeschriebenen GemĂ€lden im Besitz der Englischen Königin, Uylenburgh & Son. Art and commerce from Rembrandt to De Lairesse 1625-1675, Ausst.-Kat. London, Dulwich Picture Gallery, Amsterdam, Rembrandthuis, Zwolle 2006, S. 209–210, Abb. 148–152, sind keine Bilder des KĂŒnstlers bekannt.
8 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. Oo,9.15, Van der Veen 2001, Abb. 1 a.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso unten links bezeichnet: "M. Hobbema 10.0 . 11.7" (Bleistift, 19. Jh.); oberhalb davon: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
25-27 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 30: "Meindert Hobbema Waldparthie worin eine alte knorrige, wenig belaubte Eiche den Mittelgrund einnimmt. Kreide u Tusche. Höchst geistreiche und meisterliche Naturstudie; zugleich von grĂ¶ĂŸter Seltenheit. 10.0.11.6."; NH Ad: 02: 01, S. 253); Legat Harzen 1863 an die „StĂ€dtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt ĂŒbereignet fĂŒr die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: NiederlĂ€ndische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.665, Nr.1272

Alice I. Davies: Jan van Kessel (1641-1680), Doornspijk 1992, S.270, Nr.Dd9, Abb.274

Kurt Erich Simon: Georges Broulhiet, Meindert Hobbema (Buchbesprechung), in: Zeitschrift fĂŒr Kunstgeschichte 9, 1940, S. 205-210, S.207

Frits Lugt: Neue BĂŒcher. Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. NiederlĂ€nder. Neue Folge, in: Kunst und KĂŒnstler 26, 1927/1928 (MrĂ€z 1928), S. 283, S.283

Georges Broulhiet: Meindert Hobbema (1638-1709), Paris 1938, S.84, 399, Nr.396 mit Abb.

Gustav Pauli: Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. NiederlÀnder, hrsg. von Hamburger Kunsthalle, Veröffentlichungen der Prestel-Gesellschaft, Bd. 12, Frankfurt a. M. 1926, Abb.Taf. 27