Anonym (englisch?) Jan van der Bruggen, ehemals zugeschrieben
Bildnis des Sir John Vanbrugh, um 1700 - 1735
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Anonym (englisch?) Jan van der Bruggen, ehemals zugeschrieben

Bildnis des Sir John Vanbrugh, um 1700 - 1735

Anonym (englisch?) Jan van der Bruggen, ehemals zugeschrieben

Bildnis des Sir John Vanbrugh, um 1700 - 1735

Die Zeichnung galt in der Kunsthalle bislang als Selbstbildnis des flämischen Kupferstechers Jan van der Bruggen (1649–nach 1689), in Anlehnung an Van Hall 1963, der das Blatt als mutmaßlichen Gemäldeentwurf beschrieb, vermutlich aufgrund einer gewissen Ähnlichkeit mit Van der Bruggens gestochenem Selbstporträt.(Anm.1) Van der Bruggen, dessen besonderes Verdienst in der Verbreitung des Schabkunstverfahrens in Frankreich und Österreich gesehen wird, ist als Zeichner jedoch unbekannt.
Viel eher bezieht sich die alte Beischrift auf den englischen Architekten und Dramatiker Sir John Vanburgh (1664–1726). Auf dessen schriftstellerische Tätigkeit verweisen auch die Bücher und der Federkiel auf der Konsole. Die Züge des Dargestellten mit breiten Augenbrauen, schwerem Kinn und vollen Lippen stehen einem von Sir Gottfried Kneller (1646–1702) gemalten Porträt recht nahe.(Anm.2) Im Aufbau verwandt ist zudem ein 1727 von Johan Faber (1684–1756) gestochenes Bildnis nach einem 1705 datierten Gemälde Jonathan Richardsons (1664/65–1745).(Anm.3)
Faber wäre möglicherweise sogar als Urheber der vorliegenden Zeichnung in Betracht zu ziehen. Ebenfalls quadriert und mit Feder überarbeitet sind zwei ihm zugeschriebene Kreidezeichnungen auf blauem Papier. Besonders das „Bildnis des William Shenstone“ ist unserem Blatt vergleichbar in der schematischen Aneinanderreihung der Locken, den breiten Augenbrauen und der teilweise recht sperrig wirkenden Überarbeitung mit brauner Feder.(Anm.4)
In jedem Fall deutet das Wasserzeichen auf eine Entstehung in England im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts. Eine Verbindung mit den zu dieser Zeit aktiven Mezzotintostechern – viele von ihnen, wie auch Johan Faber hatten holländische Wurzeln – ist angesichts von Komposition und Ausführung denkbar.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Nach einem Gemälde von Nicolas de Largillière: „N. De Largillièr Pinxit, I. Van der Bruggen fecit“, 1689, Mezzotinto, Van Someren 1888/90, Bd. 2, Nr. 850, vgl. Inv.-Nr. 21769 a.
2 Um 1704/10, London, National Porträt Gallery, Inv.-Nr. NPG 3231, David Saywell, Simon Jacob: National Portrait Gallery. Complete Illustrated Catalogue, London 2004, S. 629. Dieses Bildnis diente einem Schabkunstblatt von John Simon zur Vorlage, John Chaloner Smith: British Mezzotinto portraits from the introduction of the art to the early part of the present century, London 1883, Nr. 154, sowie einem Kupferstich von Thomas Chambers aus dem Jahre 1762. Vgl. auch das um 1718 entstandene Bildnis von Thomas Murray, ebd. Inv.-Nr. NPG 1568, David Saywell, Simon Jacob: National Portrait Gallery. Complete Illustrated Catalogue, London 2004, S. 629.
3 John Chaloner Smith: British Mezzotinto portraits from the introduction of the art to the early part of the present century, London 1883, Nr. 358.
4 „Bildnis des William Shenstone“, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1953,0411.7. Das „Bildnis der Susannah Maria Cibber“, ebd., Inv.-Nr. 1953.4.11.6 lässt sich unserem Blatt in den langen und schlanken, dabei ungelenk anmutenden Fingern vergleichen. Vgl. auch das „Bildnis eines Herrn“, ebenfalls auf blauem Papier gezeichnet und quadriert, in London, Courtauld Institute of Art, Inv.-Nr. D.1952.RW.3785.
5 Stilistisch wäre ein Bezug denkbar zu Abraham Blotelings gezeichnetem „Bildnis des Edward Montagu“, um 1655/60, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. Gg,1.464. Bei Verwandtschaften im flächigen Farbauftrag ist dieses Blatt aber deutlich differenzierter und eleganter gearbeitet als die Hamburger Zeichnung.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Bezeichnet links im Blatt auf dem Pult: "Sir John van Burgh" (Feder in Braun); verso oben links bezeichnet: "333" (Bleistift); unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten rechtsbezeichnet:" v 35." (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Honig (Heawood 3347, England 1724-26)
25-27 mm (v)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (Catalogue d'une Collection de Portraits, fol. 170, Nr. V 35: "Vanbrugh, John. Mi corps, assis, tenant une esquisse. Dessin à l'encre de la Chine"); wohl Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; wohl 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle (Alter Bestand (Inventar Bd. VI, um 1890, S. 335)

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.695-696, Nr.A 7

H. van Hall: Portretten van Nederlandse beeldende kunstenaars, Amsterdam 1963, S.52, Nr.305, 1