Anonym (deutsch, 16. Jh.)
Marientod,
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Anonym (deutsch, 16. Jh.)

Marientod,

Anonym (deutsch, 16. Jh.)

Marientod

Das Blatt stammt aus einem Klebeband, der 1968 der Hamburger Kunsthalle von der Staatsbibliothek Hamburg als Dauerleihgabe übergeben wurde. Grobe Ausbesserungen und eingesetzte Papierflicken vermitteln den Eindruck eines später ergänzten Blattes, was jedoch wohl nicht der Fall ist. Stubbe erwähnt die Zeichnung bei der Auflistung der aus dem Klebeband entnommenen Werke und folgt Edmund Schilling in der Vermutung, den Autor im Umkreis von Jörg Breu (um 1475/80–1536) zu finden.(Anm. 1) Für Stubbe weisen die kleinen kurvigen Zeichenlinien sowie die großflächigen Lavierungen, die vor allem die Darstellung gestalten, auf die Augsburger Zeichenschule hin. Franz Winzinger rückte das Blatt dagegen in die Nähe des Cranach-Umkreises.(Anm. 2) Für Cranach und seine Werkstatt spricht neben der Technik der lavierten Federzeichnung, die zum festen Repertoire des Künstlers gehörte, die Darstellung selbst. So gibt es motivische Übereinstimmungen zu Cranachs „Marientod“ in Berlin, besonders in der Gestalt der Maria und der von einem Wolkenkranz umgebenen Trinität.(Anm. 3) Die Hamburger Zeichnung wirkt wie eine Variante des Berliner Blattes bzw. wie ein weiterer Entwurf für die gleiche Darstellung. Im Vergleich mit der Berliner Zeichnung sind jedoch die Schwächen des Hamburger Blattes deutlich. Neben der fast nachlässig ausgeführten Lavierung, die allerdings ähnlich skizzenhaft auch in Werken von Lucas Cranach d. J. (1515–1586) zu finden ist, fehlt den Figuren die markante Typisierung Cranachs. (Anm. 4) Der Zeichenstil mit den kleinen Nasen und Punktaugen, die unklare Faltengebung weichen erheblich von dem klaren Stil Cranachs ab. Insgesamt deutet die eher komposithaft wirkende Ausführung des Blattes daher auf einen im weiteren Umfeld des Cranach-Kreises tätigen Künstler hin.

Petra Roettig

1 Vgl. Stubbe 1970, S. 256.
2 Handschriftliche Notiz auf dem alten Passepartout.
3 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 4182, vgl. Jakob Rosenberg: Die Zeichnungen Lucas Cranachs d. Ä., Berlin 1960, S. 37, Nr. A15, Abb. Rosenberg zweifelte an der Eigenhändigkeit Cranachs. Zur Zuschreibung vgl. Lucas Cranach. Gemälde – Zeichnungen – Druckgraphik, Ausst.-Kat. Berlin 1973, S. 40, Nr. 38.
4 Zu Cranach d. J. vgl. „Das Abendmahl“, um 1565 in Schwerin, Staatliches Museum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Hz 1506, vgl. Werner Schade: Die Malerfamilie Cranach. Dresden 1974, Abb. 252.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso rechts nummeriert: "2" (Bleistift), Stempel der Hamburger Kunsthalle (nicht bei Lugt)

Wasserzeichen / Kettenlinien

30 mm

Provenienz

Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg; seit 1968 (?) als Dauerleihgabe in der Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.396, Nr.1184

Wolf Stubbe: Unbekannte Zeichnungen altdeutscher Meister, in: Museum und Kunst. Beiträge für Alfred Hentzen, hrsg. von Wolf Stubbe, Hans Werner Grohn, Hamburg 1970, S. 237-259, S.255-256, Abb.117