Anonym, 2.Hälfte 16.Jh./Anfang 17.Jh. (?) (italienisch)
Joseph wird von seinen Brüdern verkauft,
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Anonym, 2.Hälfte 16.Jh./Anfang 17.Jh. (?) (italienisch)

Joseph wird von seinen Brüdern verkauft,

Anonym, 2.Hälfte 16.Jh./Anfang 17.Jh. (?) (italienisch)

Joseph wird von seinen Brüdern verkauft

Das Blatt weist vielfältige Zuschreibungsversuche auf. Georg Ernst Harzen wollte Baldassare Peruzzi als Urheber erkennen, während John Gere einen Zusammenhang mit Polidoro da Caravaggio feststellte.(Anm.1) Ebenfalls ins frühere 16. Jahrhundert verweist die alte Inschrift (eines Sammlers ?) auf dem Verso, die Daniele da Volterra als Zeichner vermutet. Per anonymer Notiz wurde auch Genua um 1600 angedacht. Letztlich hat Nicholas Turner per Kartonnotiz Bologna als Herkunftsort vorgeschlagen und dabei eine Nähe zu Guido Reni vermutet.
Gestalt und Gestik der Figuren verweisen jedoch eher auf das 16. Jahrhundert, wobei u. a. der rechts außen von der Gruppe forteilende Mann oder die sich auf einen Mann stützende Frau links manieristische Tendenzen erkennen lassen. In dieser Hinsicht kommt die oben erwähnte Zuschreibung an Daniele da Volterra eine gewisse Berechtigung zu. Allerdings lässt sich die Zeichentechnik nicht mit den für ihn gesicherten Blättern verbinden. Höchst selten sind für Daniele lavierte Entwürfe nachweisbar, und das prominenteste Beispiel dieser Gruppe, die „Die Kreuzesprobe der Hl. Helena“ in der Kunsthalle (Inv.-Nr. 21237), ist deutlich akzentuierter gezeichnet. Letztendlich lässt der schlechte Erhaltungszustand des Blattes keine exakte Beurteilung mehr zu.
Eine in mancherlei Hinsicht ähnliche Komposition weist eine themengleiche Zeichnung des in der Lombardei tätigen Giovanni Battista Discepoli (1590–1660) auf.(Anm.2) Vor allem die Darstellung des von den Brüdern umringten Joseph ist gut vergleichbar. Möglicherweise diente ein bislang nicht nachweisbares Gemälde oder Fresko sowohl dieser Zeichnung als auch dem Hamburger Blatt als Vorlage. Jacob Bean wies auf die in der Lombardei langanhaltende Wirkung manieristischer Formelemente hin, was theoretisch auch eine Entstehung im frühen 17. Jahrhundert möglich macht.
Das Verso zeigt einen in anderer Technik und in anderem Stil gezeichneten Mönch und dürfte später als das Recto entstanden sein.

David Klemm

1 Notiz auf der Karteikarte im Archiv des Kupferstichkabinetts.
2 New York, Metropolitan Museum of Art, Vanderbilt Gift, Inv.-Nr. 80.3.333; vgl. Jacob Bean: 17th Century Italian Drawings in the Metropolitan Museum of Art, New York 1979, S. 126, Nr. 159, mit Abb.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso oben links bezeichnet: "d[a]nielo da voltera" (Feder in Braun); unten in der Mitte bezeichnet: "[...]nghi[?]" (nicht zu entziffern, Feder in Braun?); ((Stempel der Kunsthalle fehlt noch))

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Kreis, Inhalt nicht erkennbar.

Verso

Titel verso: Mönch

Technik verso: Rötel

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 217 (als Baldassare Peruzzi); NH Ad : 01 : 03, fol. 102 (als Baldassare Peruzzi): "Joseph wird von seinen Brüdern verkauft. In Feder und Bister ausgeführt. 8.0 6.9."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.410-411, Nr.630

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.47