Abraham Furnerius
Weg in lichtem Gehölz, um 1648 - 1654
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Abraham Furnerius

Weg in lichtem Gehölz, um 1648 - 1654

Abraham Furnerius

Weg in lichtem Gehölz, um 1648 - 1654

Harzen stellte dieses Blatt mit den ebenfalls farbig ausgearbeiteten Inv.-Nrn. 22832 und 22834 zu einer Gruppe zusammen, die er unter dem Namen des Roelant Roghman inventarisierte. Die ehemaligen Gegenstücke werden hier Philips Koninck bzw. Pieter de With zugeschrieben, und für den „Weg in lichtem Gehölz“ gilt die Zuweisung an Furnerius inzwischen als akzeptiert. Ausschlaggebend ist die Nähe der ehemaligen Rückseite – Harzen hielt, dem Geschmack seiner Zeit folgend, die farbig ausgearbeitete Waldlandschaft des heutigen Verso für die eigentliche Schauansicht – zu einer Dresdner Zeichnung in gleicher Technik, deren alte Beischrift bereits Furnerius als mutmaßlichen Urheber nennt.(Anm.1) Angeregt von Landschaften Rembrandts, bei dem Furnerius von 1642 bis 1648 in die Lehre ging, arbeitete er hier mit starken Hell-Dunkel-Kontrasten und großzügig-summarischen Konturen.(Anm.2) Diese stilistische Nähe veranlasste Benesch (1933/34) zur Zuschreibung des Hamburger Recto an Rembrandt, während er die nun erstmals als Verso deklarierte farbige Zeichnung unter dem Namen Roghmans beließ. Rembrandts Landschaften sind jedoch großzügiger, kühner und aus einem Guß gezeichnet, im Gegensatz zu dem Hamburger Blatt mit seinen doch etwas zaghaft wirkenden Partien.(Anm.3) Dass diese feinen Konturlinien, anders als von Benesch vorgeschlagen, sicherlich nicht als spätere Ergänzungen zu bewerten sind, erkennt man aus den organischen Zusammenhängen mit den breiten Rohrfederstrichen bzw. ihrer Überlagerung durch dieselben.
Bei der Verso-Zeichnung handelt es sich um eine farbige Variante des Recto – die kompositorischen Zusammenhänge wurden bereits von Harzen bemerkt. Die Bäume links sind etwas gedrungener proportioniert, doch die Anlage der hügeligen, von einem Weg durchschnittenen Landschaft ist in den Grundzügen die gleiche geblieben, und der die Mittelachse betonende Baum wird nun in vollem Laub wiedergegeben. Technisch vergleichbare Landschaften werden bei Sumowski nicht aufgeführt, wenngleich dieser die Autorschaft des Furnerius akzeptiert, angesichts von Querverbindungen in Stil und Motiv mit gesicherten Arbeiten. Für die weichen Laubangaben lässt sich unser Blatt zudem einer mit weißer Deckfarbe überarbeiteten Landschaft im Louvre anschließen.(Anm.4) Die dabei zu beobachtende Nähe zu Zeichnungen des Philips Koninck ist sicher kein Zufall, sondern belegt den Einfluss des seit 1640 mit Furnerius’ Schwester verheirateten Künstlers.

Annemarie Stefes

1 Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1333 (188 x 200 mm), Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 4, Fabritius - Furnerius, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 1000 xx. – Eine ähnliche Bewertung der farbigen Rückseite konnte für eine Zeichnung des Pieter de With in Berlin beobachtet werden, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 24620, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 10, Roghman - Wolfhagen, hrsg. von Walter L. Strauss, 1992, Nr. 2403 x.
2 Vgl. das „Bauernhaus“ in Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1981-1, Marijn Schapelhouman, Peter Schatborn: Land & Water. Hollandse Tekeningen uit de 17de Eeuw in het Rijksprentenkabinet, Zwolle 1987, S. 43, um oder vor 1648; vgl. auch die „Bauernhäuser an einem Weg“, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 3116, Holm Bevers: Rembrandt. Die Zeichnungen im Berliner Kupferstichkabinett, Ostfildern 2006, Nr. 41, um 1650. Die von Benesch als Vergleichsbeispiele genannte Zeichnung in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 2694, Otto Benesch: The Drawings of Rembrandt, 6 Bde., London 1954-57, Bd. 6, Nr. 1367, wird inzwischen Van Renesse zugeschrieben; die dort ebenfalls aufgeführte „Dorfstraße“ in Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 2222, Van Berge-Gerbaud 1997, Nr. 11, wurde ihrerseits mit Furnerius in Verbindung gebracht, vgl. Holm Bevers: Rembrandt. Die Zeichnungen im Berliner Kupferstichkabinett, Ostfildern 2006, S. 202–203.
3 Vgl. den sorgfältig mit spitzer Feder eingetragenen Baumschlag im Hintergrund.
4 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 22694, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 4, Fabritius - Furnerius, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 1042 xx.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links Sammlerstempel L. 1328"; unten rechts bezeichnet: "Rembrandt fecit" (Bleistift, wohl 19. Jh.)

Wasserzeichen / Kettenlinien

nicht feststellbar
nicht feststellbar

Verso

Titel verso: Waldlandschaft

Technik verso: Pinsel in Schwarzbraun, Aquarell- und Ölfarben über Graphit

Provenienz

Laut Harzen Gottfried Winckler (1731-1795), Leipzig (bei L. 2710); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 54 als "Roelant Roghman": "Dichter schattenreicher Wald von alten Bäumen, wo eine kleine Wiese durch einen Sonnenblick? erhellt wird. Saft und Terpentinfarben auf geöltem Papier. Auf der Rückseite dasselbe Motiv flüchtig und geistreich mit Feder und Bister angelegt. 9.4.6.10. Samml. Winckler"; NH Ad: 02: 01, S. 266); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.122, Nr.40, Abb.S. 70, 71(verso)

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.230, Nr.340

Leeser, Brigitte: Poetik der Walderfahrung - Quelle der Kraft, der Heilung und der Schönheit. Graduierungsarbeit zur Weiterbildung in Integrativer Psychotherapie an der Europäischen Akademie für Gesundheit und Kreativitätsforschung, hrsg. von Fritz-Perls-Institut, Hückeswagen 2011, Abb.S. 37

Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, Nr.31 mit Abb.

Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Fabritius - Furnerius, hrsg. von Walter L. Strauss, Bd. 4, New York 1981, S.2204, Nr.1001xx, 1040xx

Otto Benesch: The Late Period, The Drawings of Rembrandt, Bd. 6, London 1957, S.j, Nr.A 89, Abb.1691

Otto Benesch: The Drawings of Rembrandt. First complete Edition in six volumes, London 1954-1957, S.Bd. 6, 401, Nr.A 89 (Rembrandt?), Abb.1691

Otto u. Eva Benesch: The Drawings of Rembrandt, London 1973, S.Bd. 4, Nr.A 89

Otto Benesch: Unknown and wrongly attributed Drawings by Rembrandt (Wallraf-Richartz-Jahrbuch 1933), in: Collected Writings I, hrsg. von Eva Benesch, London 1970, , S.125-X,, Abb.95

Otto Benesch: Unbekanntes und Verkanntes von Rembrandt, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch, Neue Folge 2-3, 1933-34, S. 295-309, S.308-309, Abb.257

Otto u. Eva Benesch: The Drawings of Rembrandt, London 1973, Nr.A 89, Abb.1753