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Wols. Die Radierungen

Eine Ausstellung der Griffelkunst

Eine Ausstellung der Griffelkunst anläßlich ihres 75-jährigen Bestehens.

Das bildnerische Werk von Wolfgang Schulze, genannt Wols, gehört zu den Inkunabeln der Zweiten Moderne. Der 1951, im Alter von nur 38 Jahren, in Paris verstorbene Wols war der Wegbereiter für das Informel in Europa und eine der Schlüsselfiguren der Pariser Kunstszene nach 1945. Sein schmales Œuvre, das sich in Einzelwerken auf die großen internationalen Museen verteilt, wurde zuletzt vor 10 Jahren in Düsseldorf, in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, in einer Retrospektive zusammengeführt.
Die Hamburger Kunsthalle besitzt mit »Komposition, 1947« ein Meisterwerk aus dem malerischen Korpus, der insgesamt nicht mehr als 103 Gemälde umfasst. Die Druckgraphik Wols‘ ist immer noch ein Geheimnis der Kunstgeschichte. Nicht zuletzt, weil von den wenigen erstklassigen Abzügen, die existieren, nur wenige in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden.

Mit »Wols - Die Radierungen«, eine Ausstellung der „Griffelkunst“, will die Hamburger Kunsthalle das druckgraphische Werk des Künstlers nicht nur ans Licht zurückholen. Vielmehr ist es die Absicht, die Kaltnadelradierungen als einen druckgraphischen Werkkomplex im Schaffen Wols‘ mit einer kritischen Fragestellung von einem veränderten kunstwissenschaftlichen Standpunkt aus neu zu betrachten und zu bewerten.

Wols hat 25 Kaltnadelarbeiten und einen Lichtdruck - und damit einen Großteil seines autorisierten druckgraphischen Werkes - für Buchprojekte entworfen. Zu den Auftraggebern zählte neben Artaud, Paulhan und Sartre die literarische Avantgarde von Paris. Warum entschieden sie sich zu einer Zusammenarbeit mit Wols? Weil sie wohl damit rechneten, daß Wols‘ Graphik ihre Texte nicht mehr im herkömmlichen Sinne illustrieren würde. Sie sollte in der Offenheit ihrer informellen Darstellungsweise als bildliches Analogon zu den Texten wirksam sein. Mit diesen Auftragsarbeiten für Buchprojekte beschritt Wols den Weg des Informel in der Druckgraphik und verhalf ihm zum internationalem Durchbruch.