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Der bildende Künstler als Dichter

Max Klingers »Griffelkunst«

Das druckgraphische Werk des Leipziger Malers, Bildhauers und Radierers Max Klinger (1857-1920) gehört heute unbestritten zu den großen künstlerischen Leistungen der Jahrhundertwende. Anhand zweier graphischer Zyklen will die Ausstellung an Klingers kunsttheoretische, im Jahre 1891 in Leipzig erschienene, Schrift »Malerei und Zeichnung« erinnern. In ihr wird der von Künstler geprägte und heute allgemein verwendete Begriff der »Griffelkunst« erläutert.

Für Klinger hat die Zeichnung und mit ihr die Künstlergraphik gegenüber der Malerei und der Skulptur einen entscheidenden, künstlerischen Vorteil. Sie kann - unabhängig von den Beschränkungen der Farbe - der Phantasie des Betrachters größeren Raum lassen und so die Idee anstelle der vollendeten Form treten lassen. Damit kann die »Griffelkunst«, ohne Rücksicht auf das Postulat der vollendeten Schönheit, besonders die »dunkle Seite des Lebens« in kritische Bilder umsetzen.

Die ausgewählten Folgen »Eva und die Zukunft« (Opus III, 1880) und »Eine Liebe« (Opus X, 1887) behandeln beide das zentrale Thema der Frau in Klingers künstlerischer Gedankenwelt. Diese kreist immer wieder besonders um die Begriffe »Weib«, »Sünde«, »Leiden« und »Tod«. Das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle besitzt neben den beiden Folgen, einige Druckzustände sowie eine meisterhafte Vorzeichnung zum Zyklus »Eva und die Zukunft«. In der Ausstellung werden die Blätter durch Vorstudien und weitere Zustandsdrucke sowie durch fünf Originaldruckplatten aus dem Zyklus »Eine Liebe« ergänzt. Diese stammen aus der Graphischen Sammlung des Museums der bildenden Künste Leipzig, wo sich die weltweit größte Sammlung von Werken Max Klingers befindet. Neben dem immer wieder faszinierenden Blick in Klingers ideenreiche Bildwelt wird so zudem versucht, einen Einblick in die Arbeitsweise des Künstlers gegeben.