Stiftung Hamburger Kunstsammlungen erwirbt bedeutende Kunstwerke

Stiftung Hamburger Kunstsammlungen erwirbt bedeutende Kunstwerke und stärkt die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle und des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg.

Mit dem Ankauf der Zeichnung »Gretchens Schatten erscheint Faust« (um 1826/27) von Eugène Delacroix trägt die Stiftung Hamburger Kunstsammlungen dazu bei, den Bestand des Kupferstichkabinetts im Bereich der Kunst um 1800 zu stärken und den Ausbau der vorhandenen Sammlungsschwerpunkte mit internationalen Perspektiven voranzubringen. Mit den Erwerbungen der Werke der Documenta-Künstler Clemens von Wedemeyer »ESIOD 2015« (2016) und Prinz Gholam »My Sweet Country (Olympieion)« (2017) ermöglicht die Stiftung die Erweiterung der Mediensammlung um zwei wichtige Positionen der jüngeren Videokunst. Mit dem Ankauf des Gemäldes »Zwei Akte mit Mondsichel «(1919) von Dorothea Maetzel-Johannsen hat die Stiftung die seltene Gelegenheit genutzt, ein Werk dieser lange wenig beachteten Künstlerin zu erwerben, das sich in qualitativer und thematischer Hinsicht bestens in die Sammlung Klassische Moderne der Hamburger Kunsthalle einfügt und die Expressionisten-Sammlung wesentlich bereichert. In der Galerie der Gegenwart ermöglicht die Stiftung zum zweiten Mal das Ausstellungsformat Neuland. Raumgreifende Skulpturen des mexikanischen Künstlers Jose Dávila werden bis Juni 2018 gezeigt. Zwei dieser Werke, »The riddles have been unriddled« und »Legacy is seldom stable« (beide 2017), wurden erworben und werden dauerhaft der Kunsthalle überlassen.

Die Stiftung Hamburger Kunstsammlungen unterstützt durch Ankäufe von Antike bis zur Gegenwartskunst seit sechzig Jahren die Hamburger Kunsthalle und das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Die von der Stiftung erworbenen Werke bleiben deren Eigentum und sind Dauerleihgaben an beide Museen. Ziel ist es, dass Hamburg durch die Arbeit der Stiftung als Kulturmetropole Anschluss an ein Spitzenniveau im Bereich der bildenden und der angewandten Kunst hält. Eine wachsende Zahl engagierter privater Stifter, jährliche Zuwendungen der Kulturbehörde Hamburg, der Hermann Reemtsma-Stiftung und der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius ermöglichen die kontinuierliche Arbeit für die Kunst in Hamburg.

Auch für das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg konnten folgende Ankäufe getätigt werden: Für den Sammlungsbereich Mode Iris van Herpen: Digital Glitch Dress (2017) und Jean Paul Gaultier, Comme des Garçons und Nadine Goepfert.. Für den Sammlungsbereich Fotografie zwei Fotografien u.a. von Andrzej Steinbach, 5 Prints aus der Serie »Figur I, Figur II«(2013/2014) und Claudia Angelmaier, »Susanna im Bade« (2009).

Ankäufe 2017 für die Hamburger Kunsthalle

Dorothea Maetzel-Johannsen: Zwei Akte mit Mondsicher (1919)

Das Gemälde Zwei Akte mit Mondsichel  stellt nicht nur ein herausragendes Werk innerhalb des OEuvres von Dorothea Maetzel-Johannsen (1886-1930) dar, es fügt sich besonders gut in die Sammlung Klassische Moderne der Hamburger Kunsthalle ein und bereichert entscheidend den Bestand an Werken der Hamburgischen Sezession. Das Gemälde kann als singuläre Leistung von Maetzel-Johannsen gelten und beindruckt in seiner kräftigen Farbgebung. In wenigen anderen Kompositionen hat die Künstlerin das von ihr favorisierte Motiv des weiblichen Aktes so eindrucksvoll inszeniert: Die beiden Frauen stützen sich schreitend und sind umfangen von einer auf sie antwortenden Natur, bei nächtlich-blauem Himmel und leuchtendem Mond. Dorothea Maetzel-Johannsen war Mitbegründerin der Hamburgischen Sezession und entwickelte, inspiriert vom Kubismus, von afrikanischer Skulptur und der Künstlergemeinschaft Brücke zwischen 1919 und 1921 eine eigene expressive Bildsprache.

Jose Dávila: Legacy is seldom stable und The riddles have been unriddled (2017)

Im Ausstellungsformat Neuland zeigt die Hamburger Kunsthalle mit Unterstützung  der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen bereits zum zweiten Mal eine internationale Position, die sich in ihrem Werk mit globalen Veränderungsprozessen, mit Fragen von Identität und Verortung beschäftigt. Für den gleichnamigen Projektraum Neuland werden dafür im jährlich wechselnden Rhythmus neue Werke konzipiert. Der mexikanische Künstler Jose Dávila (*1974, Guadalajara) hat sieben gleichermaßen fragile wie imposante raumgreifende Skulpturen entworfen, die mit physikalischen Kräften, Balance und Masse spielen. Gleichzeitig interagieren sie spannungsvoll mit der Architektur für die Galerie der Gegenwart. In The riddles have been unriddled (2017) kombiniert Dávila Spiegel, Flusssteine und einen großen Findling mit farbintensiven Spanngurten zu einer Skulptur, die nur in der zusammenhängenden Ganzheit stabil ist. In Legacy is seldom stable (2017) treffen gegensätzliche Materialien und Formkombinationen wie Sandsteinquader und Findlinge aufeinander. Jose Dávila ist der erste Preisträger des neuen internationalen Baltic Artist Award (2017). Vor Dávila gestaltete Haegue Yang (*1971) den Auftakt von Neuland.

Eugène Delacroix: Gretchens Schatten erscheint Faust (um 1826/27)

Eugène Delacroix (1798-1863) zählt zu den größten Koloristen des 19. Jahrhunderts und ist der wichtigste Künstler der französischen Romantik. Delacroixs Illustrationen zu Johann Wolfgang von Goethes Faust gehören zu dessen bedeutendsten Interpretationen im Bereich der bildenden Kunst. Insgesamt 17 Szenen illustrierte der Künstler zwischen 1825 und 1827 in Einzelstudien und Pinselzeichnungen. Bei der vorliegenden Zeichnung Gretchens Schatten erscheint Faust handelt es sich um eine Studie zur Lithographie dieser Komposition aus dem Jahr 1827. Die Lithographien zum Faust befinden sich als gebundene Ausgabe in der Bibliothek der Hamburger Kunsthalle. Aus diesem Grund ist die Zeichnung eine ideale Ergänzung der Sammlung der franzö-sischen Zeichnungen des Kupferstichkabinetts und illustriert zugleich eine wunderbare Verschränkung deutscher und französischer Literatur-, Kunst- und Kulturgeschichte. Zudem spiegelt das Blatt Delacroixs Vermögen, die psychologischen Dimensionen von Goethes Erzählung künstlerisch umzusetzen, was die unvergleichliche Qualität seiner Illustrationen ausmacht – wie auch der Schriftsteller selbst anerkennend bemerkte.

Clemens von Wedemeyer: ESIOD 2015 (2016)

Die Werke des Film- und Videokünstlers Clemens von Wedemeyer (*1974) bewegen sich zwischen Dokumentation und Spielfilm, Realität und Fiktion. In diesem Zwischenbereich spürt von Wedemeyer der Komplexität von Orten innerhalb ihrer zeitlichen und räumlichen Systeme nach. Die Vielschichtigkeit spiegelt sich in den Installationen und Fotografien, welche die filmischen Arbeiten begleiten, ergänzen und erweitern. 2016/17 zeigte die Hamburger Kunsthalle unter dem Titel Clemens von Wedemeyer. Orte unter Einfluss die erste Einzelausstellung des Künstlers in einem deutschen Museum. Dort wurden neben ESIOD 2015 (2016) sowohl Wedemeyers Documenta-Beitrag Muster (2012), als auch sein eigens für die Hamburger Ausstellung konzipierter Film Square (2016) gezeigt. Im Science-Fiction-Film ESIOD 2015 wird die Zukunft von Banken als allmächtiger Datenspeicher von Erinnerungen und Beziehungen inszeniert und damit auf zeitgenössische soziale Netzwerke und ihr ökonomisches Potenzial verwiesen.

Prinz Gholam: My Sweet Country (Olympieion) (2017)

Das performativ ausgerichtete Werk des deutsch/libanesischen Künstlerduos Prinz Gholam (Wolfgang Prinz, *1969 und Michel Gholam, *1963) verschränkt in seinem Videofilm My Sweet Country (Olympieion) (2017) die beiden Documenta Ausstellungsorte Athen und Kassel miteinander und nimmt Bezug auf Gegenwart und Vergangenheit, Kunstgeschichte und Geschichte. Ähnlich den Tableaux Vivants stellen sie durch Gesten und Formationen in lang angehaltenen Posen verschiedene Szenen und Bilder aus der Kunstgeschichte nach. Mit dieser körperlichen Gestensprache ohne Worte verdeutlichen sie überlieferte Gebärden und Beziehungen und hinterfragen damit, durch die Aneignung dieser Gesten als Zitat, die eigene Identität. In My Sweet Country (Olympieion) stellt Prinz Gholam das Historiengemälde Einzug der Kreuzfahrer in Konstantinopel am 24. April 1204 von Eugène Delacroix aus dem Jahr 1804 nach. Dem Film liegen die Live Performances der Künstler in Olympieion zu Grunde, in dem Prinz Gholam fast alle Personen des figurenreichen Bildes nachstellen.