Anonym (italienisch, 16. Jh.)
Maria mit dem Christuskind,
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Anonym (italienisch, 16. Jh.)

Maria mit dem Christuskind,

Anonym (italienisch, 16. Jh.)

Maria mit dem Christuskind

Der besondere Reiz dieses Blattes liegt in der Darstellung eines identischen Bildmotivs mit unterschiedlichen zeichnerischen Techniken. Während die Muttergottes mit dem Christuskind auf der Vorderseite mit deutlicher Betonung des Umrisses gegeben wird, ist die Gruppe auf der Rückseite durch stärkere Weißhöhung und nur angedeutete Kontur malerischer angelegt. Der anonyme Künstler konnte sich auf diese Weise sehr gut die unterschiedliche Wirkung beider Techniken vor Augen führen.
William Young Ottley hatte das Blatt Andrea del Sarto gegeben, wohingegen Harzen es nur noch „im Style“ dieses Künstlers einschätzte. Chris Fischer wies auf den starken kompositionellen Einfluss von Jacopo Sansovinos Skulptur „Maria mit dem Christuskind“ („Madonna del Parto“) in S. Agostino in Rom hin.(Anm.1) Darüber hinaus ist eine genauere Bestimmung des Künstlers bislang nicht gelungen.(Anm.2)
Die Zeichnung wies ehemals eine Montierung auf, die John Gere bei einem Kabinettbesuch in den 1960er Jahren per Kartonnotiz als diejenige von William Ottley identifizierte.(Anm.3) Diese Montierung wurde wohl wenig später ohne photographische Dokumentation entfernt. Dennoch kann Geres Beobachtung durch den Nachweis im Auktionskatalog der Sammlung Ottley von 1814 („Madonna and Child – pen and wash, on grey paper, heightend – very fine; a repetition with variation on the back, in the same manner – ditto“) bestätigt werden.(Anm.4)

David Klemm

1 Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28.10.2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
2 Eckhard Schaar brachte das Blatt versuchsweise mit Bartolomeo Schedoni in Verbindung. Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28.10.2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
3 Gere wies auf die charakteristische Rahmung mit einem schwarzen und zwei roten Strichen hin.
4 Aukt.-Kat. London, Ottley 1814, S. 106, Nr. 1222 (als Andrea del Sarto).

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links: Stempel der Sammlung Lawrence (L. 2445 ); auf dem Verso unten links: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); oben rechts nummeriert: "39" (Feder in Braun); unten rechts, zwei Buchstaben: "[...?]" (Feder in Braun)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Hand mit vier[?] Fingern und nicht erkennbarem Zeichen auf der Handfläche, evtl. Zeichen darüber; nicht identifiziert.

Verso

Titel verso: Madonna mit Kind (Variante der Recto-Komposition

Technik verso: Kreide, Feder in Grau, grau laviert, weiß gehöht

Provenienz

William Young Ottley (1771-1836), London (L. 2662-2665); Sir Thomas Lawrence (1769-1830), London (L. 2445); wahrscheinlich Samuel Woodburn (1786-1853), London (L. 2588); wahrscheinlich auf dessen Nachlassauktion 1854 in London (Lugt Ventes 21988) von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) in London erworben (vgl. NH Ad : 03 : 16, Sp. 15 unter Anonym); NH Ad : 02 : 01, S. 224 (als anonym im "Styl des del Sarto)"; NH Ad : 01 : 03, fol. 114 (als Andrea del Sarto): "Maria sitzend, das Jesuskind das auf ihrem Schooße steht, an ihr Herz drükend. Kreide und Seppia auf blauem P. Gehöht. auf der Kehrseite dieselbe Darstellung etwas verändert und durch einzelne freie Federstriche bestimmt. 7.7 11.9."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.414-415, Nr.639

Parcours. Die Rücken der Bilder, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2004, S.32, 52, Abb.23 (recto und verso)

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.40, 49

A CATALOGUE OF THE RICH & EXTENSIVE COLLECTION OF ORIGINAL DRAWINGS BY THE GREAT MASTERS OF ALL SCHOOLS, PARTICULARLY THE ITALIANS .... London 1814, T. Philipe, London 1814, S.106, Nr.1222