Anonym, 2. Hälfte 16. Jahrhundert (?) (italienisch) Giuseppe Cesari, genannt Cavaliere d'Arpino, ehemals zugeschrieben
Der Raub des Ganymed,
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Anonym, 2. Hälfte 16. Jahrhundert (?) (italienisch) Giuseppe Cesari, genannt Cavaliere d'Arpino, ehemals zugeschrieben

Der Raub des Ganymed,

Anonym, 2. Hälfte 16. Jahrhundert (?) (italienisch) Giuseppe Cesari, genannt Cavaliere d'Arpino, ehemals zugeschrieben

Der Raub des Ganymed

Die Zeichnung gelangte unter der Zuschreibung an Giuseppe Cesari, genannt Cavaliere d’Arpino (1568–1640), in die Sammlung, doch lässt sich das sorgfältig ausgeführte Blatt nicht mit dessen zeichnerischem Werk verbinden. Der möglicherweise von einem früheren Sammler vermerkte Hinweis auf Daniele da Volterra ist zeichentechnisch ebenfalls unhaltbar, doch wird damit immerhin der Einfluss Michelangelos erkannt. Unzweifelhaft hat der anonyme Künstler nämlich dessen von Nicolas Beatrizet in einem Kupferstich vervielfältigte Zeichnung „Der Raub des Ganymed“ als Vorlage verwendet. Vor allem der Adler mit seinen mächtigen Schwingen ist eindeutig von dem berühmten Vorbild beeinflusst. Das bei Michelangelo dramatisch gestaltete Geschehen erscheint hier deutlich abgeschwächt: Fast hat es den Anschein, als ließe sich Ganymed ohne große Gegenwehr entführen. Ebenfalls verändert wurde der bei Michelangelo direkt unterhalb der Gruppe auf das Geschehen schauende Hund, der nun unmotiviert am rechten Bildrand platziert ist und ins Leere bellt.
Die Darstellung des von hinten gezeigten Jünglings ist in der Ikonographie des Ganymed bis zum 17. Jahrhundert ungewöhnlich. Formal ähnlich ist in dieser Hinsicht vor allem Damiano Mazzas Darstellung des Raubes (London, National Gallery). Correggios berühmtes Gemälde in Wien zeigt den Göttersohn in Seitenansicht. Diesem Bild ist die Einbindung der Szene in eine weite Landschaft gemein, wobei in Hamburg der Antikenbezug auffällt. Ungewöhnlich für italienische Zeichnungen der Zeit um 1600 ist die aufwendige Kolorierung, die das Blatt wohl im Vergleich zu reinen Entwurfszeichnungen zu einem selbständigen Kunstwerk erheben sollte.
Eine Zuordnung des Blattes ist bislang nicht überzeugend möglich. Philip Pouncey schlug unter Vorbehalt Gaspare Celio vor (Anm.1), doch lassen sich die ihm zugeschriebenen Zeichnungen – z. B. im Louvre – nicht mit dem Hamburger Blatt verbinden.(Anm.2)

David Klemm

1 Gernsheim-Kartei im Archiv des Kupferstichkabinetts.
2 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 2960, Inv.-Nr. 2961, Inv.-Nr. 28298.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links Stempel der Sammlung Mouriau (L. 1853); auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten links bezeichnet: "Daniele da Volterra." (Bleistift, stark verblichen); am rechten unteren BIldrand nummeriert: "1" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Nicht erkennbar.

Provenienz

A. Mouriau (1. H. 19. Jh.), Belgien (L. 1853); erworben vom Kunstmakler Christian Meyer (1811-1886), Hamburg (nicht bei Lugt), von diesem verkauft am 15.03.1866 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg (Hamburger Kunsthalle, Archiv, Eingangsbuch „Inventarium der hamburgischen städtischen öffentlichen Gemälde Gallerie“, S. 78, Nr. 34 als „Gius. Cesari, Cavaliere d'Arpino“), übergegangen 1869 in den Besitz der Kunsthalle.

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.408-409, Nr.625

Catalogue de la riche Collection de dessins anciens, composant le Cabinet de M. A. Mouriau, ancien Capitaine au service de Belgique, 11./12.3.1858, M. Delbergue-Cormont, Paris, Hotel des Commissaires-Priseurs 1858, S.14-15, Nr.74