Amico Aspertini
Drei Jünglingsakte,
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Amico Aspertini

Drei Jünglingsakte,

Amico Aspertini

Drei Jünglingsakte

Gunter Schweikhart hat das bis dahin unter den anonymen Italienern abgelegte Blatt erstmals publiziert und auf die Möglichkeit hingewiesen, dass es aus einem der für Amico Aspertini gesicherten Skizzenbücher stammen könnte. Hierfür spricht u. a. die Tatsache, dass einige dieser Skizzenbücher wie das Hamburger Blatt aus Pergament bestehen. Zudem finden sich dort vereinzelt Figuren, die wie die drei männlichen Aktstudien auf dem Recto zumindest teilweise mit Kreuzschraffuren durchgearbeitet und modelliert sind.(Anm.1) Sehr gut vergleichbar ist ein Aspertini zugeschriebenes und 1979 im Kunsthandel angebotenes Blatt mit vier Akten, die in ähnlicher, wenn auch nicht ganz so sorgfältiger Weise schraffiert worden sind.(Anm.2)
Typisch für Aspertini ist auch die Darstellung auf dem Verso mit ihrer starken Betonung der Umrissformen und dem Verzicht auf Binnenmodellierung. Sie zeigt eine Episode aus dem Leben des Hl. Eligius, die – auch dies ist charakteristisch für Aspertini – nordische Einflüsse aufweist.(Anm.3) Marzia Faietti hat die Recto- und Verso-Zeichnung offensichtlich für zwei eigene Blätter angesehen und ihre Entstehung zu unterschiedlichen Zeiten und vielleicht sogar von zwei Händen vermutet. Dennoch besteht aufgrund der beschriebenen Vergleichsblätter wohl kein Grund, hier an der von Schweikhart vorgeschlagenen und von Dwight C. Miller per Kartonnotiz bestätigten alleinigen Autorschaft Aspertinis zu zweifeln. Dies schließt nicht aus, dass der Künstler das Recto zu einer späteren Zeit als das Verso bezeichnet hat. Eine derartige Nutzung wäre angesichts der Kostbarkeit von Pergament in der damaligen Zeit durchaus nachvollziehbar. Sollte die Zuordnung zu einem Skizzenbuch zutreffen, dann handelt es sich bei dieser Zusammenstellung, wie Schweikhart vermutete, eher um einen Fundus für die Werkstatt. Der von Aspertini ausgeführte Codex Wolfegg war dagegen wohl mit einiger Sicherheit speziell für einen Auftraggeber mit antiquarischen Interessen angelegt worden. Schweikhart wies zudem darauf hin, dass den drei Figurenstudien der bisher anonyme Kupferstich eines in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts tätigen Monogrammisten verwandt ist.(Anm.4) So ist nicht auszuschließen, dass die Zeichnung einen frühen Entwurf Aspertinis für diese Graphik darstellt.(Anm.5)

David Klemm

1 Vgl. z. B. Codex Wolfegg: Torso Belvedere (fol. 42) bzw. Dionysos (fol. 46v–47).
2 Aukt.-Kat. London, Sotheby’s, Old Master Drawings, 28. 6. 1979, S. 26, Nr. 38, Abb. S. 76. Vgl. auch Humanismus in Bologna 1490-1510, hrsg. v. Marzia Failetti, Konrad Oberhuber, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Bologna, Pinacoteca Nazionale, Ausstellung der Graphischen Sammlung Albertina Wien, Bd. 327, Bologna 1988, S. 272–273.
3 Schweikhart sah hier eine Szene aus dem Leben des Hl. Remigius. Es handelt sich aber um das Pferdewunder des Hl. Eligius. Der Legende nach sollte Eligius auf Befehl des Königs von Frankreich dessen Pferde mit silbernen Hufeisen beschlagen. Da schnitt Eligius einem besonders hartnäckigen Pferd den rechten Vorderfuß ab. Er beschlug ihn, machte das Kreuzzeichen darüber und heilte das Pferd, indem er ihm den Huf wieder ansetzte. Der Diener, der auf der Darstellung neben ihm steht, versuchte dasselbe mit dem anderen Vorderfuß. Weil es ihm aber nicht gelang, den anderen Fuss zu beschlagen, musste Eligius das verletzte Pferd heilen. Auf diese Weise machte er dem Diener klar, dass nicht jeder Mensch Wunder vollbringen könne. Ein weiteres Beispiel für eine ähnlich umrissbetonte Zeichnung mit nordischem Einfluss zeigt eine „Beweinung Christi“ in Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nr. 34530; vgl. Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. IV (Inv. 14326-42255), Veröffentlichungen der Albertina Bd. 36, Wien, Köln, Weimar 1997, S. 2562.
4 Arthur M. Hind: Early Italian Engraving. A critical catalogue with complete reproduction of all the prints described 5, Teil 2, London 1948, V, S. 243, Taf. 826, 1.
5 Vgl. zu der Autorschaft Aspertinis auch Humanismus in Bologna 1490-1510, hrsg. v. Marzia Failetti, Konrad Oberhuber, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Bologna, Pinacoteca Nazionale, Ausstellung der Graphischen Sammlung Albertina Wien, Bd. 327, Bologna 1988, S. 276, Nr. 74.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1234)

Verso

Titel verso: Versuchung des Heiligen Eligius

Technik verso: Feder in Braun

Provenienz

Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi an die Hamburger Kunsthalle 1908

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.74, Nr.16

Marzia Faietti, Daniela Scaglietti Kelescian: Amico Aspertini, Modena 1995, S.259-260, Nr.44

Bologna e l'Umanesimo, hrsg. von Marzia Faietti, Konrad Oberhuber, Ausst.-Kat. Pinacoteca Nazionale di Bologna 1988, S.221, Anm. 39, 40

Gunter Schweikhart: Der Codex Wolfegg. Zeichnungen nach der Antike von Amico Aspertini, Studies of the Warburg Institute, Bd. 38, London 1986, S.30