Leonardo da Vinci (Nachahmer)
Jünglingskopf im Profil nach rechts,
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Leonardo da Vinci (Nachahmer)

Jünglingskopf im Profil nach rechts,

Leonardo da Vinci (Nachahmer)

Jünglingskopf im Profil nach rechts

Die Zeichnung mit dem edlen Jünglingskopf im Profil wurde von Georg Ernst Harzen wahrscheinlich auf der Nachlassauktion des Kunsthändlers Woodburn als Werk Leonardos erworben. Diese Zuweisung wurde in der Kunsthalle lange beibehalten, wohl nicht zuletzt aufgrund der Aufnahme in Berensons Corpuswerk der florentinischen Zeichnungen 1938.
Neben dieser zustimmenden Einschätzung des Blattes gab es auch Kritiker, die die Eigenhändigkeit ablehnten. Nach dem frühen Zweifel Koopmanns 1891 war es vor allem Möller 1928, der das Blatt in einer vergleichenden Studie von Profilbildnissen von Leonardo wegrückte. Unbestritten war für ihn dabei, dass der Typus des im Profil gezeichneten, milde lächelnden Jünglings von Leonardo geprägt worden war. Letztlich spiegelt das Hamburger Blatt den sogenannten Salaitypus, d. h. Porträts, die Leonardo von seinem Mitarbeiter und Freund Salai angefertigt hatte.
Immerhin gestand Möller dem Blatt hohe Qualität zu. Das entscheidende Argument für seine Zuweisung an einen Leonardo-Nachahmer war der für den Meister untypische Gewandzipfel. Dieses irritierende Element kann man aber, wie es Berenson bereits 1938 tat, als Zutat einer späteren Überarbeitung einstufen. Größere Zweifel an der Autorschaft Leonardos rechtfertigt dagegen eine durch sich überlagernde Strichlagen seltsam wirre Haargestaltung. Diese verunklärt den Schwung der Locken eher, als dass sie ihn deutlich herausarbeitet. Gerade dieses Element mag gegen Leonardos Eigenhändigkeit sprechen, sind doch dessen Haarstudien zumeist von großer Klarheit und Schönheit.
Das Blatt dürfte demnach im unmittelbaren Umkreis Leonardos entstanden sein. Trotz der angesprochenen Schwächen beeindruckt das Bildnis aufgrund der sicheren und feinen Schraffierung, die dem Gesicht eine subtile Modellierung verleiht.

David Klemm

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links bezeichnet: "Leonardo / da / Vinci / maniera (Bleistift); auf dem Verso: einzelne Wörter und Ziffern [nicht von Leonardos Hand]: "papiro ,in pani [unleserlich]" (Technik?); unterhalb des Kinns nummeriert: "519" (Bleistift); in der Mitte: Spuren eines rötlichen Stempels(?); am linken Rand: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); rechts bezeichnet: "L. da Vinci" (Bleistift)

Provenienz

Wahrscheinlich Samuel Woodburn (1786-1853), London (L. 2588); wahrscheinlich auf dessen Nachlaßauktion 1854 in London (Lugt Ventes 21988) von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) als Leonardo erworben (NH Ad : 03 : 16, Sp. 12); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 222 (als Leonardo da Vinci); NH Ad : 01 : 03, fol. 116 (als Leonardo da Vinci): "Ein schöner jugendlicher Profilkopf mit reichem Lockenhaar Federzeichnung. Für ein Bildniß seines Schülers Francesco Melzi gehalten. 3.7 3.6"; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Leonardo da Vinci in der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Klemm, David und Stolzenburg, Andreas im Auftrag der Hamburger Kunsthalle, Hamburg 2019, S.28, Nr.5, Abb.29

Annalisa Periss Torrini: Leonardo da Vinci. L'uomo modello del mondo, Ausst.-Kat. Gallerie dell'Academia, Venezia 2019, S.192-193, Abb., Nr.40

LEONARDO DA VINCI. L'uomo modello del mondo Milano, Silvana Editoriale S.p.A. 2019, 272, S.40, Abb.41

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.215, Nr.290

Hundert Meisterzeichnungen aus der Hamburger Kunsthalle 1500-1800, Bd. 5, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1967, S.21-22, Nr.7, Abb.Taf. 8

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.10, Nr.15

Bernard Berenson: The Drawings of the Florentine Painters. Amplified Edition, Bd. 2, Chicago 1938, S.112, Nr.1020 D

Bernard Berenson: The Drawings of the Florentine Painters. Amplified Edition, Bd. 3, Chicago 1938

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.40