Filippo Juvarra, zugeschrieben
Entwurf für eine Wanddekoration,
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Filippo Juvarra, zugeschrieben

Entwurf für eine Wanddekoration,

Filippo Juvarra, zugeschrieben

Entwurf für eine Wanddekoration

Das bislang unbeachtete Blatt wurde als Werk Filippo Juvarras erworben, doch ist eine Zuschreibung an den bedeutenden Architekten keineswegs eindeutig.
Aufgrund der skizzenhaften Zeichenweise und der Rahmenform ist unverkennbar, dass es sich bei dem Blatt um eine Entwurfsstudie für eine Wanddekoration handelt.
Typisch für Juvarra sind die komplizierte, bewusst szenographische Inszenierung, der schnelle, virtuose Strich sowie die Verwendung kleiner Figuren. Vergleichbar mit dem Hamburger Blatt ist ein Entwurf für das „Atrium“ des Teatro Ottoboni hinsichtlich der szenischen Anordnung einer Treppenanlage und der Lavierung.(Anm. 1) Allerdings ist der Hamburger Entwurf deutlich flüchtiger skizziert.
Von der kompositionellen Anlage und der Vehemenz der Strichführung noch besser vergleichbar ist der Entwurf der Cappella Antamoro in S. Girolamo della Carità in Rom. Auch hier sind die Geraden sehr schnell gezeichnet, teilweise nachgezogen. Vergleichbar wäre zudem, dass keine Lavierung exakt im vorgegebenen Konturbereich bleibt, sondern stets leicht über die Grenzen geführt ist.(Anm. 2) Zudem sind die Köpfe nur als Rundung mit schwarzen Klecksen angedeutet.
Als weiteres Vergleichsbeispiel sei auf eine in Montreal bewahrte Darstellung einer Kapelle oder eines Salone verwiesen, bei der die geschickt gesetzte Lavierung Tiefe erzeugt. Auch dort sind die Figuren mit großer Leichtigkeit angelegt.(Anm. 3)
Vor dem Hintergrund dieser Vergleichsbeispiele ist eine Zuschreibung des Blattes an Juvarra vertretbar. Costanza Caraffa, Florenz, hält dessen Autorschaft für gut vorstellbar.(Anm. 4)
Einschränkend bleibt zu bedenken, dass sich im reichen zeichnerischen Schaffen des Architekten keine vergleichbare formale Lösung für eine Wanddekoration ausmachen lässt. Zu beachten ist auch das stilistisch enge Verhältnis zu Luigi Vanvitelli und dessen ebenfalls sehr lebendigen architektonischen Skizzen.(Anm. 5)
Die Deutung der dargestellten Szene ist unklar, sodass eine genauere Funktionsbestimmung des Blattes offen bleiben muss.

David Klemm

1 Turin, Biblioteca Nazionale, Ris 59,4. Vgl. Mercedes Viale Ferrero: Scenografia, in: Mostra del Barocco Piemontese. Catalogo, hrsg. v. Vittorio Viale, Scenografia 22, Turin 1963, Scenografia 22.
2 Filippo Juvarra. Drawings from the roman period. 1704-1714 Part I, Rom 1984 , I, S. 212–214, M 235 u. S. 216–217, M 249.
3 Filippo Juvarra. Drawings from the roman period. 1704-1714 Part II, bearb. v. Andreina Griseri, Sarah McPhee, Henry A. Millon, Mercedes Viale Ferrero, hrsg. v. Henry A. Millon, Rom 1999, S. 173–174 u. Abb. 14.
4 Mündliche Mitteilung Florenz, März 2007.
5 Vanvitelli hat auch sehr lebendige Zeichnungen mit ungleichmäßig verteilter Lavierung, aber zumeist ohne Personen, angefertigt. Bei aller Virtuosität und Freiheit in der Detailbehandlung erzielt er trotzdem eine klare und effektvolle Raumdarstellung.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Lilie im Kreis (leicht angeschnitten); nicht identifiziert.

Provenienz

2nd Earl of Bantry; erworben 1975 von der Paul Drey Gallery, New York

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.210, Nr.284

Eckhard Schaar: Erwerbungen für die Graphische Sammlung im Jahre 1975, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, 21, 1976, S. 243-254, S.243, Abb.