Federico Zuccari
Studie zum Jüngsten Gericht im Florentiner Dom, um 1575
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Federico Zuccari

Studie zum Jüngsten Gericht im Florentiner Dom, um 1575

Federico Zuccari

Studie zum Jüngsten Gericht im Florentiner Dom, um 1575

1575 begann Federico Zuccari mit der Ausmalung der Kuppel des Florentiner Doms S. Maria del Fiore.(Anm.1) Sein Vorgänger, Giorgio Vasari, hatte bis zu seinem Tod 1574 lediglich zahlreiche Vorstudien und die obersten Teile des Freskos ausführen können. Dennoch musste sich Zuccari verpflichten, das von dem Florentiner Humanisten Vincenzo Borghini ausgearbeitete und auf Dantes „Divina Commedia“ basierende Programm zu übernehmen. Davon ausgehend fertigte Zuccari zahlreiche Vorzeichnungen an, von denen vor allem die Porträtstudien und die großformatigen Kompositionsskizzen von Bedeutung sind. Das Hamburger Blatt bereitet den mit „Christus als Weltenrichter“ inhaltlich wichtigsten Bereich der in acht Segmente aufgeteilten Kuppel vor. Die Zeichnung, deren Zusammenhang mit einer Vorstudie Vasaris im Louvre unverkennbar ist (Anm.2), weist deutliche Übereinstimmungen mit dem Fresko auf. Lediglich die Haltung von Christus und Maria ist verändert worden. Offensichtlich wollte Zuccari den bei diesen Figuren allzu deutlichen Bezug zu Michelangelos Lösung in der Sixtinischen Kapelle abschwächen.
Die bis 1996 wohl aufgrund der alten Aufschriften als Salmeggia geführte Zeichnung war bereits auf einer anonymen Kartonnotiz als Studie Zuccaris für das Florentiner Projekt benannt worden. Der Künstler betonte die Körperumrisse der Figuren und erzielte die Plastizität vornehmlich durch Lavierungen. Diesem Blatt geht eine in Inhalt und Komposition nahezu identische Zeichnung in Chatsworth voraus, bei der lediglich die Figur des Johannes unterschiedlich angelegt ist.(Anm.3) Beide Studien sind mit großer Sorgfalt gezeichnet und belegen, wie minutiös Zuccari diesen bedeutenden Freskoauftrag vorbereitete. Als ein wesentlicher Unterschied ist zu benennen, dass auf dem Hamburger Blatt die Modellierung der Körper und Gewänder vor allem mit einer subtilen Lavierung erzielt ist, wohingegen auf dem Blatt in Chatsworth ein stärkerer Einsatz von feinen Federzügen erkennbar ist. Hierin ähnelt das Hamburger Blatt stärker einer Entwurfsstudie für einen anderen Kuppelabschnitt in London.(Anm.4)
Der Hamburger Fassung kann eine in der Albertina bewahrte, ebenfalls Zuccari zugeschriebene Zeichnung an die Seite gestellt werden.(Anm.5) Stimmen Format und Komposition auch weitgehend überein, so ist doch das Wiener Blatt durch den verstärkten Einsatz von Lavierungen in der Wirkung malerischer. Zudem sind die Putti im Detail gröber gestaltet, sodass hier unter Umständen eine Werkstattkopie vorliegt. Bedenkt man, dass eine weitere, als Kopie nach Zuccari bestimmte Wiederholung dieser Fassung in Oxford (Anm.6) existiert, wird deutlich, wie notwendig eine Untersuchung der Werkstattpraxis des Künstlers wäre.(Anm.7)

David Klemm

1 Zu Zuccaris Arbeit an der Domkuppel vgl. ausführlich Cristina Acidini Luchinat: Due modelli opposti per il „Giudizio“ nella cupola, in: Winner/Heikamp 1999, S. 117-124, II, S. 65–103.
2 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 2148; vgl. Musée du Louvre. Cabinet des dessins. Inventaire général des dessins italiens I: Maîtres toscans nés après 1500, morts avant 1600. Vasari et son temps, bearb. v. Catherine Monbeig Goguel, Paris 1972, S. 284, Nr. 283, mit Abb. S. 285.
3 Chatsworth, Devonshire Collection, Inv.-Nr. 388; vgl. Michael Jaffé: The Devonshire Collection of Italian Drawings, 2. Roman and Neapolitan Schools, London 1994, S. 240, Nr. 388.
4 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1863–5–9-630; vgl. John A. Gere, Philip Pouncey, unter Mitarbeit v. Rosalind Wood: Italian Drawings in the Department of Prints and Drawings in the British Museum. Artists Working in Rome c. 1550 to c. 1640, 2 Bde., London 1983, I, S. 194–195, Nr. 307.
5 Wien, Albertina, Grafische Sammlung Inv.-Nr. 14328; vgl. Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. IV (Inv. 14326-42255), Veröffentlichungen der Albertina Bd. 36, Wien, Köln, Weimar 1997, S. 2023.
6 Oxford, Ashmolean Museum, Parker 759; vgl. Karl Theodor Parker: Catalogue of the Collection of Drawings in the Ashmolean Museum, II, Italian Schools, Oxford 1956, II, S. 403–404, Nr. 759.
7 Vgl. hierzu Cristina Acidini Luchinat: Taddeo e Federico Zuccari. Fratelli pittori del Cinquecento, 2 Bde., Mailand, Rom 1999.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Umfassungslinie (Feder in Braun); unten links bezeichnet: "A.Salmeggia f." (Bleistift); unten rechts von der Mitte bezeichnet: "Eneas Salmetia" (Feder in Braun); auf dem Verso unterhalb der Mitte bezeichnet: "Eneas Salemtia. (De Bergame)" (Feder in Schwarz); unterhalb davon: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten links bezeichnet: "15.7 21.9" (Bleistift)

Provenienz

Von Georg Ernst Harzen (1790-1844), Hamburg (L. 1244) 1861 in London (Kunsthandel?) erworben (NH Ad : 01 : 03, fol. 837); NH Ad : 01 : 03, fol. 837 (als Enea Talpino, gen. Salmeggia): "Die ersten Eltern werden vom Heilande in den Himmel aufgenommen. Feder u. Lack[?]. 15.7-21.0."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.375-376, Nr.571

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.104-105, Abb, S. 228, Nr.45

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.114, Nr.69, Abb.78