Johann Heinrich Wilhelm Tischbein
"Aufsätze zur Eselsgeschichte",
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Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

"Aufsätze zur Eselsgeschichte",

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

"Aufsätze zur Eselsgeschichte"

Der erste Entwurf für die Eselsgeschichte geht bereits auf Tischbeins Aufenthalt in Neapel (1789–1799) zurück, doch erst 1805 nimmt er die Arbeit an dem Projekt wieder auf, als er versucht, Goethe für die Mitarbeit zu gewinnen. Dieser reagiert jedoch nicht auf Tischbeins Angebot; erst nach seiner Übersiedlung nach Eutin 1809 kommt es zur Zusammenarbeit mit Henriette Hermes, die von 1810–1812 in Eutin mit Tischbein an der Niederschrift des Romans arbeitete. Die Suche nach einem Verleger blieb allerdings erfolglos.(Anm.1)
Unter dem Titel „Der Schwachmatikus und seine vier Brüder, der Sanguiniker, Cholerikus, Melancholikus und Phlegmatikus, nebst zwölf Vorstellungen zum Esel“ verdichtet sich das Geschehen zu einem Zeitraum von ungefähr 30 Jahren, die genau Tischbeins Lebensstationen entsprechen. Obwohl Passagen des Romans autobiographische Züge tragen, handelt es sich aber um kein Selbstportrait. Hinter der Romanfigur des Schwachmatikus steht vielmehr der neapolitanische Musiker Nicolo Salo, der trotz allen Talents ein erfolgloser Künstler geblieben war.
Die Illustrationen, die im Titel einfach „nebst zwölf Vorstellungen vom Esel“ angekündigt werden, geben das Thema der einzelnen Textabschnitte vor, so dass eine Art „Lebensgeschichte vom Esel“ zu erwarten wäre, doch berichtet der Schwachmatikus im Laufe des Romans nur von einzelnen Begegnungen mit Eseln, die weder zeitlich noch räumlich miteinander verbunden sind.
Neben dem eigentlichen Zyklus als Gouache-Zeichnungen existieren zusätzlich zahlreiche Zeichnungen, Druckgraphiken, Aquarelle und sogar Ölgemälde als Illustrationen zum Roman, deren chronologische Ordnung nicht ohne weiteres vorzunehmen ist.
Auch diese Darstellung illustriert eine Szene aus der Eselsgeschichte: Nachdem sich die Gärtnerin für den Verkauf der Eselsmilch stark gemacht hatte, wurde die Milch an Kranke verkauft (S. 36). Das Blatt ist die Variante einer Federzeichnung in Oldenburg (Anm.2), wo sich auch eine ausgeführte Gouache aus den 1790er Jahren befindet.(Anm.3) Eine weitere, 1799 datierte Federzeichnung zum Thema wird in Berlin aufbewahrt.(Anm.4)

Peter Prange

1 Zur Entstehungsgeschichte des Romans siehe Hermann Mildenberger: Wilhelm Tischbein als Illustrator und Autor eines Romans, in: Johann Heinrich Wilhelm Tischbein – Goethes Maler und Freund, Ausst.-Kat. Oldenburg 1987, S. 51–77. Siehe auch Christiane Holm: „[…] es werde ihm so schwer, im Zusammenhang zu schreiben, weil es ihn immer treibe, statt zu schreiben zu zeichnen“. Text-Bild-Beziehungen in Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins und Henriette Hermes’ Roman Die Eselsgeschichte, in: Bild und Schrift in der Romantik, hrsg. v. Gerhard Neumann, Günter Oesterle, Würzburg 1999, S. 411–445.
2 Oldenburg, Landesmuseum, Inv.-Nr. 15140.
3 Oldenburg, Landesmuseum, Inv.-Nr. 15092.
4 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 7687, vgl. Elfried Bock: Staatliche Museen zu Berlin: Die deutschen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Berlin 1921, S. 351.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Aufgeklebt oben: "Aufsätze / zur. / Esels Geschichte." (Feder in Schwarz)

Unten rechts nummeriert: "8652" (Bleistift); auf dem Verso Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Provenienz

Wahrscheinlich um 1900 (?) durch Erwerb oder Schenkung aus unbekannter Quelle in den Besitz der Kunsthalle gelangt

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.355, Nr.1032