Johannes Lingelbach, Kopie
Italienische Küstenlandschaft, wohl 18. Jh.
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Johannes Lingelbach, Kopie

Italienische Küstenlandschaft, wohl 18. Jh.

Johannes Lingelbach, Kopie

Italienische Küstenlandschaft, wohl 18. Jh.

Die von Harzen noch als „Hauptblatt“ bezeichnete Arbeit gehört zu einer kleinen Gruppe von aquarellierten Zeichnungen, für die Lingelbachs Hand aufgrund der Signatur selten in Frage gestellt wurde.(Anm.1) Plomp und Schatborn hielten es für möglich, dass es sich hier um einen der beiden von Wybrand Hendriks kolorierten „Seehäfen“ Lingelbachs handelt, die auf der Auktion der Sammlung Heemskerk 1796 versteigert wurden.(Anm.2)
Dies erscheint aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen. Erstens ist das Blatt sicher nicht nachträglich koloriert, sondern wurde einheitlich in Aquarellfarben ausgeführt; diese sind im Vordergrund stellenweise mit Deckweiß abgemischt worden.(Anm.3) Zweitens unterscheidet sich der überaus feine Federstrich von anderen, in gleicher Weise kursiv signierten Zeichnungen des Künstlers.(Anm.4) Drittens ist mit einer im Motiv übereinstimmenden Pinselzeichnung eine potentielle Vorlage zu unserer Zeichnung gegeben.(Anm.5)
Diese wirkt lebendiger und weniger glatt in der Gestaltung der Landschaft und enthält einige Details, die auf dem Hamburger Blatt fehlen, z. B. den am Ufer liegenden, seine Hand ins Wasser tauchenden Mann. Offensichtlich diente die Pinselzeichnung als Vorlage für das Hamburger Blatt, wobei ihre breiten Konturen übersetzt wurden in ein feines, für das 18. Jahrhundert charakteristisches Lineament – gut zu erkennen in der Gestaltung des Hintergrundes oder der übermäßig akkuraten Definition der Gesichtszüge.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Vgl. auch Walther Bernt: Die niederländischen Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 2, München 1958 bzw. Walther Bernt: Die niederländischen Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 5, Zeichner, Pieter van Laer-Thomas Wyck, München 1980 und Anne-Charlotte Steland-Stief: Zu Graphik und Zeichnungen der 'Bamboccianti', in: I Bamboccianti. Niederländische Malerrebellen im Rom des Barock, Ausst.-Kat. Köln, Wallraf-Richartz-Museum, Utrecht, Centraal Museum, 1991/92, S. 94-112. Die anderen Blätter dieser Gruppe befinden sich in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1920,1116.15; Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 13156, Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, S. 176–177 und Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 42410, Catja Burger-Wegener: Johannes Lingelbach, Diss., Freie Universität Berlin, 1976, Nr. 240.
2 Aukt.-Kat. Haarlem, Heemskerk 1796, vgl. Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, S. 12; Schatborn, in: Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 125–126; vgl. Plomp 1993, S. 32, Nr. 30. Das sogenannte Gegenstück befindet sich in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1920,1116.15 (231 x 372 mm).
3 Besonders gut zu erkennen an den blau getuschten Bergen im Hintergrund oder den rötlich abschattierten Wangen der Männer.
4 Z. B. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum, Inv.-Nr. HZ 161 (Pinsel in Grau, 195 x 312 mm), Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 125, Abb. B; Schatborn ebd. betonte, dass Lingelbach in der Regel, insbesondere in den 1660er und 1670er Jahren, in Blockbuchstaben signierte.
5 Englischer Privatbesitz (Pinsel in Grau, Feder in Braun, 230 x 360 mm, unten links signiert „J: Lingelbach: f“), Photo Courtauld Institute, Neg. Nr. 778/13/22 a, von Anne-Charlotte Steland-Stief: Zu Graphik und Zeichnungen der 'Bamboccianti', in: I Bamboccianti. Niederländische Malerrebellen im Rom des Barock, Ausst.-Kat. Köln, Wallraf-Richartz-Museum, Utrecht, Centraal Museum, 1991/92, S. 94-112 zu Unrecht als Vorstudie zu unserem Blatt angesehen.
6 Als spätere Kopie wurde die Zeichnung auch von Marian Bisanz-Prakken angesehen, Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Bez. unten links von der Mitte: "J. Lingelbach Fecit" (Feder in Braun); unten rechts L. 1710; Verso in der Mitte nummeriert: "262" (Bleistift); unten links bezeichnet: "ai/" (Bleistift); rechts daneben L. 1328

Wasserzeichen / Kettenlinien

Buchstaben MCMD (Heawood deest)
26-27 mm (h)

Provenienz

Jean-Baptiste-Florentin-Gabriel de Lagoy (1764-1829), Aix en Provence (L. 1710); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 36: "[Jan Lingelbach] Levantischer Seehafen, wo Ballen und Fässer in ein Fahrzeug gebracht werden; im Hintergrund ein Römischer Triumphbogen, eine Mole mit großen Schiffen, steile Felsenküste und offenes Meer. Bezeichnet J. Lingelbach Fecit. {Reife} Hauptblatt von reifer trefflich ordinierter Composition, mit hoher Vollendung in Saftfarben ausgeführt. 13.9.8.6."; NH Ad: 02: 01, S. 256); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.351-352, Nr.604

Sitt, Martina und Gaßner, Hubertus: und Hamburger Kunsthalle: Segeln, was das Zeug hält. Niederländische Gemälde des Goldenen Zeitalters, Hamburger Kunsthalle 2010, S.177, Abb.S. 91

Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Rijksprentenkabinet, Amsterdam 2001, S.125-126; 208, Anm. 18

Michiel C. Plomp: The Dutch Drawings in the Teylers Museum Haarlem, Bd. 2, Haarlem u. a. 1997, S.12

Anne-Charlotte Steland-Stief: Zu Graphik und Zeichnungen der 'Bamboccianti', in: I Bamboccianti. Niederländische Malerrebellen im Rom des Barock, Ausst.-Kat. Köln/Utrecht 1991/1992, S. 94-112, S.112, Anm. 50

Walther Bernt: Die niederländischen Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 5, München 1980, Nr.366

Walther Bernt: Die niederländischen Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 2, München 1958, Nr.366