Samuel van Hoogstraten
Jesus und die Kinder ("Lasset die Kindlein zu mir kommen"), vor 1660
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Samuel van Hoogstraten

Jesus und die Kinder ("Lasset die Kindlein zu mir kommen"), vor 1660

Samuel van Hoogstraten

Jesus und die Kinder ("Lasset die Kindlein zu mir kommen"), vor 1660

Diese ehemals Isaac van Ostade gegebene Zeichnung galt zwischenzeitlich als Werk des Rembrandt, bevor sie erstmals von Valentiner in Verbindung mit Van Hoogstraten gebracht wurde.(Anm.1) Diese Zuschreibung gilt heute als akzeptiert. Sumowski setzte das Blatt in die späten 1650er Jahre, in eine Zeit, als sich der Künstler trotz vorausgegangener Reisen nach Italien und Wien immer noch am Vorbild Rembrandts orientierte.(Anm.2) Charakteristisch für diese Werkphase ist die Verbindung von sehr zarten Konturlinien mit ausgesprochen breiten Pinselzügen. Ähnliche werkimmanente Gegensätze waren schon in frühen Arbeiten angelegt (vgl. Inv.-Nr. 22050 und 22052), jedoch nicht in dem Maße wie auf vorliegendem Blatt. Zu dieser kontrastreichen Wirkung hat sicherlich auch die fehlende vermittelnde Lavierung beigetragen.(Anm.3)
Dargestellt ist eine Begebenheit aus dem Neuen Testament: Kinder wurden zu Jesus gebracht, damit er segnend Hände auf sie lege – sehr zum Unwillen der Jünger. Doch Christus rief die Kinder zu sich und erklärte den Umstehenden: „Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ (Markus 10, 13–16).
Van Hoogstraten hatte diese Szene bereits in den späten 1640er Jahren gezeichnet, im Hochformat und auf weniger Figuren beschränkt.(Anm.4) Hier wählte er das Querformat, um eine größere Menschenmenge darzustellen, im Prinzip vielleicht angeregt von Rembrandts um 1648 radiertem „Hundertguldenblatt“, das u. a. ebenfalls den „Kindersegen“ thematisiert.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Karteinotiz mit Verweis auf Wilhelm Valentiners Vorschlag vom August 1919.
2 Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 5, Gelder - Horst, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, S. 2718; Van Hoogstraten reiste 1651 nach Wien und von dort 1652 weiter nach Italien, wo er sich unter dem Namen „Batavier“ den Bentvueghels anschloss. Nach Wien kehrte er 1653 zurück, und 1654 ist er wieder in Dordrecht nachzuweisen, das er erst 1662 verließ, um sich in London niederzulassen.
3 Vergleichbare Zeichnungen befinden sich in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 5670, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 5, Gelder - Horst, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 1213 x, oder in Budapest, Szépmüvészeti Múzeum, Inv.-Nr. 1522, ebd. Nr. 1225 x.
4 Z. B. ehemals Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett (Kriegsverlust), Inv.-Nr. 1866, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 5, Gelder - Horst, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 1171 x, vgl. Röver-Kann, in: Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S. 89; vgl. auch Amsterdam, Privatbesitz, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 5, Gelder - Horst, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, Nr. 1172 x; München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1684, ebd. Nr. 1173 x; Klassik Stiftung Weimar, Goethe-Nationalmuseum, Inv.-Nr. 874/12, ebd. Nr. 1174 x.
5 Vorgeschlagen von Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 5, Gelder - Horst, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1981, S. 2718, vgl. auch Röver-Kann, op. cit. Anm. 3, die das vorliegende Blatt allerdings in den Anleihen an die berühmte Radierung als „zitathaft und blass“ beschreibt.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

bezeichnet oben rechts: "ny [?]" (Feder in Braun); Verso in der Mitte L. 1233 und alte Inventarnummer: "7645" (Bleistift); unterhalb davon alte Zuschreibung: "Isaac van Ostade" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
13-26 mm (h)

Verso

Titel verso: Verworfene Studie eines von hinten gesehenen Kopfes mit Hut

Technik verso: Feder in Braun

Provenienz

Marie Callisen, geb. Lawaetz (1822-1901), Altona bei Hamburg (1886); ihr Vermächtnis 1886 an die Kunsthalle, nach ihrem Tod 1901 der Kunsthalle übergeben

Bibliographie

Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.122-123, Nr.56, Abb.S. 55

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.287-288, Nr.458

Jan Blanc: Peindre et penser la peinture yu XVII.e siècle. La théorie de l'art de Samuel van Hoogstraten, Bern 2008, S.184, 335, Nr.D81, Abb.92

Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, Nr.41 mit Abb.

Ludwig Münz: Maes, Aert de Gelder, Barent Fabritius und Rembrandt. III. Maes und Fabritius, in: Die graphischen Künste Neue Folge 2, 1937, S. 151-159, S.151, Abb.17

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1901, Hamburg 1902, S.31

Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Gelder - Horst, hrsg. von Walter L. Strauss, Bd. 5, , S.2718, Nr.1227x