Willem van Nieulandt (II.), Kopie? Paul Bril, ehemals zugeschrieben
Landschaft mit dem heiligen Hieronymus in einer Grotte,
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Willem van Nieulandt (II.), Kopie? Paul Bril, ehemals zugeschrieben

Landschaft mit dem heiligen Hieronymus in einer Grotte,

Willem van Nieulandt (II.), Kopie? Paul Bril, ehemals zugeschrieben

Landschaft mit dem heiligen Hieronymus in einer Grotte

Mit Sicherheit auszuschließen ist die alte Zuschreibung an Paul Bril. Ruby hielt das Blatt zu Recht für eine für Bril zu schwache Arbeit (Anm.1) und bestätigte damit die bereits von Gerszi in einer undatierten Kartonnotiz geäußerten Zweifel. Von Brils kompositorisch eng verwandter „Landschaft mit einem Eremiten“ in Paris unterscheiden sich die hier nur dürftig modellierten, flächig hintereinander gesetzten Formen. Auf eine andere Hand weisen auch die fahrigen Konturen und die im Verhältnis zur Brücke zu groß proportionierten Figuren am linken Blattrand.(Anm.2)
Zu unserer Zeichnung lassen sich zwei gegenseitige, geringfügig abweichende Kupferstiche in Beziehung setzen. Dies ist einmal ein bei Hollstein nicht aufgeführter Stich Willem van Nieulandts.(Anm.3) Er ist anzuschließen an eine „P. Bril inventor“ bezeichnete Folge, größtenteils gestochen nach Zeichnungen Van Nieulandts in Bril’scher Manier.(Anm.4) Diese sind deutlich disziplinierter und klarer gearbeitet als das Hamburger Blatt,(Anm.5) so dass auch Van Nieulandt als Urheber von Inv.-Nr. 21765 auszuschließen ist. Weil sich trotzdem in den additiv nebeneinander gesetzten Laubgruppen, der groben Gitterschraffur und dem flächigen Farbauftrag Anklänge an seine Handschrift beobachten lassen, kann ein verlorener Radierungsentwurf des Künstlers als Ausgangspunkt für unsere Zeichnung vorausgesetzt werden.(Anm.6)
Dass diese mutmaßliche Vorlage in der Tat Anregungen Brils verarbeitet, geht aus dem zweiten Kupferstich hervor. Dieser weicht in der Haltung des Heiligen und einigen Details von unserem Blatt ab und stammt von der Hand Lucas Vorstermans (II) (1624–1666); als Inventor wird ausdrücklich Paul Bril genannt (H. 23).(Anm.7) Wenn der Vorsterman-Stich also tatsächlich eine verlorene Bril-Zeichnung reproduziert, könnte diese Van Nieulandt zu seiner ebenfalls unbekannten, durch die Hamburger Zeichnung dokumentierten Variante inspiriert haben.(Anm.8)


1 Louisa Wood Ruby: Paul Bril: The Drawings, Turnhout 1999, S. 127.
2 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 19779, Louisa Wood Ruby: Paul Bril: The Drawings, Turnhout 1999, Nr. 5.
3 Ein Exemplar dieses Stiches befindet sich in Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-P-1878-A-1342, vgl. Louisa Wood Ruby: Paul Bril: The Drawings, Turnhout 1999, S. 147, Anm. 397.
4 Louisa Wood Ruby: Paul Bril: The Drawings, Turnhout 1999, S. 47 und S. 147, Anm. 396–397. Die auf Bril verweisende Inschrift diente vermutlich der besseren Verkäuflichkeit der Folge.
5 Vgl. die bei Louisa Wood Ruby: Paul Bril: The Drawings, Turnhout 1999, S. 147 Anm. 397 aufgeführten Werke, etwa die „Landschaft mit Hirten“, Aukt.-Kat. Amsterdam, Christie’s, 25. 11. 1992, Nr. 596, oder die beiden Zeichnungen in Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 7988 und Inv.-Nr. 7989.
6 Vgl. ein signiertes und 1604 datiertes Blatt in der Sammlung P. & N. de Boer, Amsterdam, Ausst.-Kat. Amsterdam 2001, S. 40, Abb. D.
7 Für diese Information danke ich Louisa Wood Ruby (Mitteilung vom 10. 7. 2003).
8 Ausgehend von der Tatsache, dass Vorstermans gestochenes Gegenstück H. 14 auf eine Bril-Zeichnung zurückgeht: Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 19780. Brils mutmaßliche Vorlage zu H. 23 ähnelte vermutlich der Eremitenlandschaft im Louvre (Anm. 2) oder der durch einen Stich Sadelers überlieferten „Berglandschaft mit Fluss und Eremit“ (H. 207).

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts bezeichnet: "P. Bril" (Feder in Braun); auf dem Verso unten links bezeichnet: "mkr [?]" (Bleistift); rechts davon bezeichnet: "10 1/2 . 7 / H. 59" (Bleistift); rechts davon: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
ca. 20-25 (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 10: "[Paul Bril.] Felslandschaft in deren Mittelgrunde man den Heil. Hieronymus in einer engen Zelle in Betrachtunge über einen Schädel versunken sieht. Bez. P. Bril. Feder, Tusche, Indigo 10.6.7.0"; NH Ad: 02: 01, S. 245); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.410-411, Nr.730

Im Blickfeld. Böhmen liegt am Meer. Die Erfindung der Landschaft um 1600, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1999, Nr.11

Louisa Wood Ruby: Paul Bril: The Drawings, Brepols 1999, S.127, 140, Anm. 132

Thomas Ketelsen: Vom Verschwinden der Wege, in: Böhmen liegt am Meer. Die Erfindung der Landschaft um 1600, Ausst.-Kat. Hamburg 1999, S. 7-37, S.19

Giorgio T. Faggin: Per Paolo Bril, in: Paragone 16, 1965, Nr. 185, S. 21-35