Gerrit Pietersz. Sweelink, zugeschrieben Cornelis Cornelisz. van Haarlem, ehemals zugeschrieben
Neptun, um 1600?
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Gerrit Pietersz. Sweelink, zugeschrieben Cornelis Cornelisz. van Haarlem, ehemals zugeschrieben

Neptun, um 1600?

Gerrit Pietersz. Sweelink, zugeschrieben Cornelis Cornelisz. van Haarlem, ehemals zugeschrieben

Neptun, um 1600?

Dieser Neptun in Rückansicht galt nach Stubbes Vorschlag zuletzt als Werk des Cornelis van Haarlem, doch ist diese Zuschreibung aus stilistischen Gründen nicht aufrecht zu erhalten. Von im Motiv verwandten Blättern des Künstlers unterscheidet sich der kräftigere Federstrich, von stilistisch vergleichbaren Werken der schwach und schematisch wiedergegebene Hintergrund.(Anm.1) Rezniceks Zuweisung an den Nürnberger Goldschmied Christoph Jamnitzer wurde auch von Van Thiel favorisiert.(Anm.2) Tatsächlich bestehen thematische und kompositorische Bezüge zu einigen seiner oval gerahmten Ornamentstiche,(Anm.3) doch unterscheiden sich Jamnitzers Zeichnungen in der etwas verspielteren Linienführung und einer gewissen Unsicherheit in der Anatomiewiedergabe von dem Hamburger Blatt.(Anm.4)
Eher deuten die kräftigen, schwellend akzentuierten Konturen und die etwas grob und unbeholfen anmutenden Schraffen auf die Hand des Gerrit Pietersz. Sweelink, der vor 1590 bei Cornelis van Haarlem in die Lehre gegangen war.(Anm.5) An Sweelinks Zeichnungen erinnern auch der stellenweise zittrig bewegte Strich und die charakteristisch lappigen Formen, wie sie hier im Kopfschmuck Neptuns und am Schwanz des Seeungeheuers zu beobachten sind.(Anm.6) Eine Sweelink zugeschriebene, in Stil und Komposition eng verwandte „Leda“ galt zuvor ebenfalls als Werk des Cornelis van Haarlem.(Anm.7)
Von späterer Hand wurde die oval beschnittene Zeichnung in einen Muschelrahmen montiert, wohl in Anlehnung an die ornamentalen Einfassungen auf den von Jacob Matham gestochenen „Vier Elementen“.(Anm.8) Eine verwandte Komposition im Rundformat begegnet auf einer um 1600 anzusetzenden Bronzeplakette.(Anm.9)

Annemarie Stefes

1 „Juno erscheint den Meeresgöttern“, New York, Metropolitan Museum of Art, Rogers Fund, Inv.-Nr. 54.116, Pieter J. J. van Thiel: Cornelis Cornelisz van Haarlem 1562-1638. A Monograph and Catalogue Raisonné, Doornspijk 1999, Nr. D 4; „Sintflut“, 1601, Brüssel, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 1524, ebd., Nr. D 1.
2 Zitiert bei Pieter J. J. van Thiel: Cornelis Cornelisz van Haarlem 1562-1638. A Monograph and Catalogue Raisonné, Doornspijk 1999, S. 151.
3 Z. B. die in unterschiedlicher Variation vorliegenden Putten mit Seeungeheuern in dessen „Neuw Grottesken Buch“, Nürnberg 1610, in allerdings deutlich kleinerem Format, Hollstein’s German Engravings 15 a, 1986, S. 208, Nr. 1; vgl. auch Carsten-Peter Warncke: Die ornamentale Groteske in Deutschland 1500-1650, 2 Bde., Berlin 1979, Nr. 939 und 962.
4 Vgl. Jamnitzers Studienblätter zu den unter Anm. 3 zitierten Puttenstichen, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 4069, Kapsel 565 a und 3899, Der Mohrenkopfpokal von Christoph Jamnitzer, hrsg. von Renate Eikelmann, Ausst.-Kat. München 2002, Nr. 38 und 39; Stuttgart, Staatsgalerie, Graphische Sammlung, Sammlung Schloss Fachsenfeld, Inv.-Nr. SF II 2139, ebd. Nr. 40; vgl. auch die insgesamt deutlich feiner schraffierten Zeichnungen in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Inv.-Nr. HdZ 4824 und Inv.-Nr. HdZ 4830, ebd. Nr. 16 und 30 bzw. München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 34649, ebd. Nr. 19. Zu den Zeichnungen Jamnitzers, insbesondere seinen Problemen in der anatomischen Darstellung, vgl. Achim Riether: Christoph Jamnitzers Zeichnungen, in: Der Mohrenkopfpokal von Christoph Jamnitzer, Ausst.-Kat. München 2002, S. 135-147, S. 135 und 139.
5 Vorgeschlagen von Peter Schatborn am 23. 2. 2008 im Anschluss an das Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle; zu der Lehre bei Cornelis van Haarlem vgl. Pieter J. J. van Thiel: Gerrit Pietersz.: addenda en corrigenda, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 38, 1987, S. 355-368, S. 355.
6 Vgl. mit der signierten „Fesselung Achiors“ von 1601, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1911-104, Karel G. Boon: Netherlandish Drawings of the Fifteenth and Sixteenth Centuries, Catalogue of the Dutch and Flemish Drawings in the Rijksmuseum, 2Bde. Den Haag 1978, Nr. 402, Pieter J. J. van Thiel: Gerrit Pietersz.: addenda en corrigenda, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 38, 1987, S. 355-368, S. 367, Anm. 16, Nr. 19, bei etwas freierer Schraffur. Die wulstigen Finger der Männer lassen sich darüber hinaus gut mit den knorpeligen Zehen des Hamburger Neptun vergleichen; für diese Details vgl. auch die ebenfalls signierte und 1601 datierte „Anbetung der Hirten“ und die um 1595/00 angesetzte, Sweelink kürzlich zugeschriebene „Judith“, beide in Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1911-105 und Inv.-Nr. RP-T-2007-48, Van Thiel 1987, S. 367, Anm. 16, Nr. 18 bzw. Marijn Schapelhouman: Judith met het hoofd van Holofernes, door Gerrit Pietersz. getekend, in: Bulletin van het Rijksmuseum 56, 2008, S. 175-181, Abb. 3; vgl. ebenfalls Sweelinks 1593 datierte Stiche H. 1, 2 und 4.
7 Edinburgh, National Gallery of Scotland, Inv.-Nr. D 1178 (219 x 309 mm), Keith Andrews: Catalogue of Netherlandish Drawings in the National Gallery of Scotland, 2 Bde., Edinburgh 1985, Bd. 1, S. 61. Eine weitere aus dem Œuvre Cornelis van Haarlems ausgegliederte und Sweelink zugeschriebene Zeichnung befindet sich in München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 34803, und wurde von Bevers, in: Holm Bevers: Niederländische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts in der Staatlichen Graphischen Sammlung, Ausst.-Kat. München, Staatliche Graphische Sammlung, München 1989, Nr. 58, zwischen 1593 und 1606 angesetzt.
8 H. 304–307, vgl. Pieter J. J. van Thiel: Cornelis Cornelisz. van Haarlem as a Draughtsman, in: Master Drawings 3, 1965, S. 123-154, S. 151.
9 „Die Errettung des Jona“, London, Sammlung M. Hall (Durchmesser 124 mm), Ingrid Weber: Deutsche, Niederländische und Französische Renaissanceplaketten 1500-1600. Modelle für Reliefs an Kult-, Prunk- und Gebrauchsgegenständen, 2 Bde, München 1975, Nr. 689.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten rechts bezeichnet: "dr" (Bleistift); rechts davon von anderer Hand nummeriert: "268" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

nicht feststellbar
nicht feststellbar

Verso

Titel verso: (auf der Rückseite der alten Montierung): Pfeilerprofil

Technik verso: Feder in Braun

Provenienz

Slg. Prof. Dr. Simon Meller (1875-1949), Budapest und Paris?; 1957 erworben von Serena Clara Meller, Paris aus Mitteln der Campe'schen Historischen Kunststiftung

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.540, Nr.1023

Pieter J. J. van Thiel: Cornelis Cornelisz van Haarlem 1562-1638. A Monograph and Catalogue Raisonné, Doornspijk 1999, S.495

Pieter J. J. van Thiel: Cornelis Cornelisz van Haarlem 1562-1638. A Monograph and Catalogue Raisonné, Doornspijk 1999, S.494

Die Campe'sche Historische Kunststiftung. Erwerbungen seit 1945, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Hamburg 1964, S.23, Nr.225

Wolf Stubbe: Erwerbungen für die graphische Sammlung im Jahre 1957/58, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 4, 1959, S. 159-172, S.160, Abb.3

Pieter J. J. van Thiel: Cornelis Cornelisz. van Haarlem as a Draughtsman, in: Master Drawings 3, 1965, , S.151