Kapitel der Ausstellung 

Die Sammlung des Hamburger Anwalts, Politikers und Mäzens Albert Martin Wolffson (1847–1913) steht hier erstmals im Mittelpunkt einer Ausstellung. Lange war sie vergessen. Mit dem »Schwabinger Kunst­fund« und dessen Aufarbeitung erinnerte man sich ihrer wieder. Denn dabei wurde eine Zeichnung des Berliner Künstlers Adolph Menzel (1815–1905) entdeckt, die die Tochter Albert Wolffsons, Else Helene Cohen (1874–1947), 1938 unter NS-bedingten Umständen hatte verkaufen müssen.

Insgesamt 36 hochkarätige Zeichnungen von Adolph Menzel, mehr als 70 Gemälde, Aquarelle und Pas­telle waren Teil der Sammlung: darunter das Schlüsselwerk Die Waterloo Bridge des französischen Im­pressionisten Claude Monet (1840–1926) und das Bildnis Albert Wolffson von Max Liebermann (1847–1935), sowie mehr als 800 Zeichnungen und Druckgraphiken, meist aus der zweiten Hälfte des 19. Jahr­hunderts. Albert Wolffson brachte diese Werke zu einer interessanten Sammlung zusammen – auch im Austausch mit dem ersten Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark (1852–1914).

Die Sammlung Albert Wolffson konnte nun eingehender erforscht werden. Entdecken Sie Geschichte und Charakter dieser Sammlung und erfahren Sie mehr über das Sammeln von Kunst in Hamburg.

 

Familie Wolffson

Die jüdisch-christliche großbürgerliche Familie Wolffson ist seit dem 18. Jahrhundert in Hamburg ansässig. Die männlichen Mitglieder in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren meist als Anwälte sowie als Politiker aktiv. Die Frauen engagierten sich vornehmlich sozial, wie in dieser Gesellschaftsschicht üblich. Daneben waren viele Familienmitglieder auch kulturell interessiert und organisiert. Albert Wolffson interessierte sich sehr für die Belange der Bildenden Kunst in Hamburg: Er war Mitglied im »Kunstverein in Hamburg«, im »Verein von Kunstfreunden von 1870« sowie in der »Gesellschaft Hamburgischer Kunst«. Besonders engagierte er sich für die Hamburger Kunsthalle und unterstützte viele Jahre die Anliegen des Museumsdirektors Alfred Lichtwark (1852–1914). Dieser hatte Wolffson ab März 1897 ins »Comité für die Sammlung von Bildern aus Hamburg« geholt und ab 1898 als Mitglied der »Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle« gewinnen können.

Albert Wolffson und die Kunsthalle

Albert Wolffson hatte ein großes Interesse an der Förderung von Kunst in Hamburg: Er war Mitglied im Kunstverein in Hamburg, im »Verein von Kunstfreunden von 1870« und in der »Gesellschaft Hamburgischer Kunst«. Er engagierte sich besonders für die Hamburger Kunsthalle und unterstützte über viele Jahre die Arbeit des Museumsdirektors Alfred Lichtwark (1852-1914), der Wolffson im März 1897 in den Ausschuss für die Hamburger Gemäldesammlung holte und ihn 1898 in den Beirat der Kunsthalle berufen konnte.

Albert Wolffson und seine Kunstsammlung

Kunst zu sammeln gehörte um 1900 zum Selbstverständnis eines sich bildenden Großbürgertums, zu dem Albert Wolffson zählte. Er trug neben Autographen, Büchern, illustrierten Werken und Skulpturen mehr als 70 Gemälde und 800 Zeichnungen und Druckgraphiken zusammen. Schwerpunkte setzte Albert Wolffson auf das Schaffen der Berliner Künstler Daniel Nikolaus Chodowiecki, Adolph Menzel und Max Liebermann. Umfangreich war auch der Hamburger Künstler Hermann Kauffmann vertreten. Darüber hinaus interessierte er sich für die im 19. Jahrhundert aufkommenden neuen druckgraphischen Techniken und deren künstlerischen Einsatz. Hier sammelte er in großer Breite.

Die Sammlung Wolffson existiert heute nicht mehr. Die Auflösung der Sammlung setzte einige Jahre nach Albert Wolffsons Tod ein. In der Weimarer Republik mussten Kunstwerke zunächst aus wirtschaftlichen Gründen verkauft werden, während dies im Nationalsozialismus zwangsweise geschah. Es haben sich jedoch Spuren der Sammlung erhalten – auch im Bestand der Hamburger Kunsthalle.

Claude Monet und Die Waterloo Bridge

Ein Schlüsselwerk der Sammlung Albert Wolffson war das Gemälde Die Waterloo Bridge des französi­schen Impressionisten Claude Monet (1840–1926). Es wurde mit elf weiteren »Themse«-Ansichten, die zwischen 1902 und 1905 entstanden waren, erstmals in Deutschland hier in Hamburg ausgestellt. Zuvor hatten sie in Paris für Aufsehen gesorgt, da dasselbe Flussmotiv seriell in variierender Farbstimmung wiedergegeben worden war. Die Hamburger Filiale des Berliner Kunstsalons Paul Cassirer zeigte ab dem 18. September 1904 die Werke in ihren Räumen am Neuen Jungfernstieg 16. Dort hatte sie Albert Wolf­fson gesehen, eine Version ausgesucht und über das Berliner Haupthaus erworben. Es war nicht die erste Berührung Wolffsons mit einem Monet-Gemälde. Bereits 1896 war er an der Erwerbung des Stilllebens Birnen und Trauben des Künstlers beteiligt gewesen, das der »Verein der Kunstfreunde von 1870«, des­sen Mitglied Albert Wolffson war, der Kunsthalle schenkte.

1909 legten Albert und seine Frau Helene Wolffson fest, Die Waterloo Bridge nach ihrem Tod »abgabenfrei« der Hamburger Kunsthalle zu über­lassen. Doch nach Albert Wolffsons Tod 1913, dem Ersten Weltkrieg und der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage in der Weimarer Republik musste Helene Wolffson, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, hiervon absehen und konnte 1924 das Werk der Kunsthalle nur noch verkaufen.

Sehen Sie die beiden Gemälde Monets, Die Waterloo Bridge und Birnen und Trauben, im Original in unseren neu eingerichteten Impressionisten-Sälen im 1. Stock der Lichtwark-Galerie, in Raum 34.

Adolph Menzel und Albert Wolffson

Der Bestand von 36 Zeichnungen des Berliner Künstlers Adolph Menzel (1815–1905) war Albert Wolffsons besonderer Sammlerstolz. Zwar waren in Hamburger Privatsammlungen und auch im Bestand der Hamburger Kunsthalle früh Werke des bedeutenden Künstlers präsent – dennoch zeichnete sich die Wolffson’sche Sammlung besonders durch dieses Konvolut aus. Dies war allgemein be- und anerkannt und die Blätter immer wieder als Leihgaben für Ausstellungen angefragt. So z. B. für die bis heute größte monographische Ausstellung anlässlich des Todes des Künstlers 1905 in Berlin. Spätestens 1896, vermutlich jedoch bereits früher, hatte Wolffson begonnen, diese Zeichnungen zu erwerben. Neben den charakteristischen Porträtstudien finden sich vor allem Architekturansichten.

Die Geschichte der Menzel-Zeichnungen spiegelt auch die bewegte Familiengeschichte.

Zeichnungen und Druckgraphik

Die Sammlung Albert Wolffson zeichnete sich besonders durch ihre vielfältigen druckgraphischen Positionen aus Deutschland, Frankreich, England, den Niederlanden und anderen europäischen Ländern ab der Mitte des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts aus. Es war genau die Zeit, in der Künstler und Künstlerinnen die bislang lediglich für Reproduktionen verwendeten druckgraphischen Techniken für ihre künstlerische Arbeit entdeckten, einsetzten und weiterentwickelten. Wolffson beobachtete dies aufmerksam, offenbar auch angeregt durch den Austausch mit Alfred Lichtwark. Dabei legte Wolffson seinen Schwerpunkt auf die Breite der künstlerischen Positionen, sodass viele Künstler und Künstlerinnen mit einem oder wenigen Werken in der Sammlung vertreten waren.