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Federico Zuccari
Kardinal Alessandro Oliva von Sassoferrato,
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Federico Zuccari

Kardinal Alessandro Oliva von Sassoferrato,

Federico Zuccari

Kardinal Alessandro Oliva von Sassoferrato

Die Zeichnung war aufgrund der alten Aufschrift lange Zeit unter dem Namen Sassoferrato abgelegt. Dabei wurde offensichtlich die Aufschrift am oberen Blattrand als KĂŒnstlername gedeutet. TatsĂ€chlich handelt es sich aber um Alessandro Oliva von Sassoferrato, dem Großprior des Augustinerordens und Kardinal (siehe unten).
1980 unternahm François MacĂ© de LĂ©pinay den Versuch, das Blatt in das zeichnerische Werk Sassoferratos einzubinden. Doch vermag die GegenĂŒberstellung von Bildnissen von Geistlichen in Windsor nicht voll zu ĂŒberzeugen. Diese sind zwar hinsichtlich der ruhigen Anlage der Parallelschraffen gut vergleichbar, doch sind die Personen von Sassoferrato wesentlich stĂ€rker plastisch herausgebildet.(Anm.1) Zudem hat der KĂŒnstler offensichtlich nicht mit mehreren Kreiden gezeichnet.
John Gere brachte das Blatt erstmals mit Federico Zuccari und dessen Zeitgenossen in Verbindung.(Anm.2) Dieser Hinweis wurde von dem Bearbeiter und von Chris Fischer stĂ€rker auf Federico Zuccari eingegrenzt.(Anm.3) Dieser EinschĂ€tzung stimmte auch Heiko Damm, Florenz, nachdrĂŒcklich zu.(Anm.4) Hugo Chapman schĂ€tzt das Blatt als etwas schwĂ€cher als die gesicherten PortrĂ€tstudien des KĂŒnstlers ein.(Anm.5) Der etwas flaue Gesamteindruck könnte – wie Detlef Heikamp betonte6 – auf Abrieb zurĂŒckzufĂŒhren sein. UnabhĂ€ngig davon hĂ€lt auch er eine Autorschaft Zuccaris fĂŒr sehr gut vorstellbar.
Mit verschiedenen Kreiden gezeichnete Figuren geistlicher MÀnner finden sich im Werk Zuccaris hÀufig. Sie lassen sich vor allem mit seinen Studien des Konvents von Vallombrosa 1576/77 in Verbindung bringen.
Hervorgehoben seien die Studie zum Hl. Romuald in New York (Anm.7) oder das PortrĂ€t eines Konversen von Vallombrosa in Bremen.(Anm.8) Gut vergleichbar ist die Verwendung der rötlichen Kreide fĂŒr die Hautpartien, von der sich die schwarz gezeichneten Haare und Kleider gut abheben. Charakteristisch ist zudem die insgesamt zurĂŒckhaltende Verwendung von Parallelschraffen zur Herausarbeitung der Volumina. Allerdings wirkt die Hamburger Zeichnung insgesamt flĂ€chiger angelegt.
Die dargestellte Persönlichkeit Alessandro Oliva (1407–1463) zĂ€hlt zu den wichtigen Mitgliedern des Augustinerordens in Italien im 15. Jahrhundert.(Anm.9) Der aus dem kleinen Ort Sassoferrato stammende Geistliche wirkte derart erfolgreich, dass er von Papst Pius II. als „L’angelo della pace“ verehrt und 1459 zum Kardinal ernannt wurde. Von schwacher Gesundheit starb er bereits wenige Jahre spĂ€ter. Die Darstellung im einfachen Habit statt im Purpurmantel dĂŒrfte auf die Bescheidenheit des Geistlichen anspielen. Eindeutig handelt es sich um eine retrospektive Darstellung. Die Herkunft aus den Marken und die langjĂ€hrige geistliche TĂ€tigkeit dort verbinden diese Persönlichkeit mit Federico Zuccari, der auch aus dieser Region stammte. Möglicherweise steht die Darstellung mit einem Freskenzyklus oder einem Wandbild, in dem dieser Geistliche verehrt werden sollte, in Verbindung.

David Klemm

1 Vgl. z. B. „PortrĂ€t eines Geistlichen“, Windsor Castle, Royal Collection, Inv.-Nr. 6100; „Francesco di Paola“, Windsor Castle, Royal Collection, Inv.-Nr. 6060.
2 Kartonnotiz.
3 AnlĂ€sslich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28.10.2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
4 Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 25. 3. 2008.
5 Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 18. 1. 2008.
6 Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 4. 5. 2008.
7 Um 1576/79; New York, Woodner Familiy Collection, Inv.-Nr. WD–860; Abb. in Renaissance into Baroque Italian Master Drawings by the Zuccari 1550-1600, bearb. v. E. James Mundy, Ausst.-Kat. Milwaukee Art Museum, New York, National Academy of Design, Milwaukee 1989, Nr. 71, S. 222–223, mit Abb. S. 223.
8 Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 37/268; vgl. Sonja Brink: Italienische Zeichnungen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Eine Auswahl aus den BestĂ€nden der Kunsthalle Bremen, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen 1994, S. 126–127, Nr. 48.
9 Die Identifizierung des Heiligen geht auf MacĂ© de LĂ©pinay 1980 zurĂŒck.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Oben in der Mitte nummeriert und bezeichnet: "69 [?] Alexander di Saxo Ferrato cat [?]." (Feder in Dunkelbraun); auf dem Verso in der Mitte nummeriert: "156" (Bleistift); ((Stempel der Kunsthalle fehlt noch))

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ (Fragment): Nicht identifizierbare Form.

Provenienz

Wahrscheinlich Julian Benjamin Williams (1831-1856 Vizekonsul, dann bis 1866 Konsul in Sevilla); Frederick William Cosens (1819-1889), Sevilla; auf dessen Nachlaßauktion bei Sotheby's London am 11.11.1889 erworben vom Londoner KunsthĂ€ndler Bernard Quaritch (1819-1899); 1891 von diesem von der Kunsthalle mit einem Konvolut mehrerer BlĂ€tter erworben.

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.376, Nr.572

Catalogue of works on the Fine Arts comprising books on Painting, Sculpture, Architecture, and Engraving on wood and copper offered by Bernard Quaritch, London 1891, S.104, Nr.1115