Anonym (italienisch, 16. Jh.)
Zwei antike Gewandstatuen,
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Anonym (italienisch, 16. Jh.)

Zwei antike Gewandstatuen,

Anonym (italienisch, 16. Jh.)

Zwei antike Gewandstatuen

Das Blatt gelangte unter der irrigen Zuweisung an Raffael ins Kabinett. Spätestens Wolf Stubbe ordnete es dann dem Umkreis Baccio Bandinellis zu. Anna Maria Petrioli Tofani wollte 2002 nicht ausschließen, dass Bandinelli auch Antiken kopiert haben könnte.(Anm.1) Dagegen steht die Ansicht von Roger Ward, der eine konkrete Verbindung der Zeichnung mit Bandinelli strikt ausschloss.(Anm.2) Nicht nachvollziehbar ist eine per anonymer Kartonnotiz gemachte Zuweisung an Girolamo da Carpi. Zwar hat dieser zahlreiche antike Gewandfiguren kopiert, doch ist sein Strichbild freier und nicht so dicht. Catherine Monbeig Goguel schlug versuchsweise Giovanni Bandini vor.(Anm.3) Diese Zuweisung ist insofern überzeugend, als sich die zum Teil sehr feine Art der Schraffur auch auf Zeichnungen dieses Künstlers findet. So weist die Figur eines auf einem Hocker sitzenden Alten in Paris vor allem in der Art der Setzung der feinen Kreuzschraffuren größere Nähe zum Hamburger Blatt auf.(Anm.4)
Das Blatt veranschaulicht das Interesse der Renaissance an der Dokumentation antiker Kunstwerke. Die rechte Figur befand sich ehemals in einer Villa nahe Neapel.(Anm.5) Ihre Haltung und die Gewandfalten sind im Ganzen recht genau wiedergegeben, so z. B. das Motiv des durch eine Spange (?) zusammengehaltenen Tuchs am rechten Oberarm. Allerdings sind die Faltenzüge im Detail und die Frisur vom Kopisten leicht verändert worden.
Die linke Figur erinnert zweifellos stark an die so genannte kleine Herculanenserin.(Anm.6) Sie befand sich früher in Trentham Hall, bevor sie ins British Museum gelangte.(Anm.7)

David Klemm

1 Kartonnotiz.
2 Briefliche Mitteilung, Mai 1979; Archiv des Kupferstichkabinetts.
3 Kartonnotiz.
4 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 1151.
5 Giulio Emanuele Rizzo: ΚΟΥΡΙΜΟΣ ΠΑΡΘΕΝΟΣ, in: Antike Plastik. Walther Amelung zum sechzigsten Geburtstag. Berlin, Leipzig 1928, S. 191-200, Taf. 14 nach S. 194 u. Abb. 2 u. 3 auf d. S. 192–193. Der Hinweis auf die ehemalige Provenienz der Figur entstammt der Fotokartei des Warburg Institute London.
6 Mitteilung von Wilhelm Hornbostel, Hamburg; E-Mail auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 14.11.2006.
7 Giulio Emanuele Rizzo: ΚΟΥΡΙΜΟΣ ΠΑΡΘΕΝΟΣ, in: Antike Plastik. Walther Amelung zum sechzigsten Geburtstag. Berlin, Leipzig 1928, S. 191-200, S. 196, Abb. 5.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Am oberen Rand beschriftet: "Felicitas esse rectum quietumq[ue]" (Feder in Braun)

Unten links: Stempel der Sammlung Mouriau (L. 1853); auf dem Verso unten rechts bezeichnet: "Raffaello d' Urbino" (Feder in Braun); oberhalb davon nummeriert: "I. 58" (Feder in Braun); unten links: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Nein; Zeichnung alt kaschiert

Provenienz

Alexis-Nicolas Pérignon (1785-1864), Paris (nicht bei Lugt; Angabe laut Auktionskatalog Slg. Mouriau 1858, S. 41); A. Mouriau (1. H. 19. Jh.), Belgien (L. 1853);
erworben vom Kunstmakler Christian Meyer (1811-1886), Hamburg (nicht bei Lugt), von diesem verkauft am 15.03.1866 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg (Hamburger Kunsthalle, Archiv, Eingangsbuch „Inventarium der hamburgischen städtischen öffentlichen Gemälde Gallerie“, S. 78, Nr. 26 als „Rafel Sanzio, 2 weibliche Figuren (nach der Antike)", übergegangen 1869 in den Besitz der Kunsthalle.

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.419, Nr.650

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.16, Nr.58

Catalogue de la riche Collection de dessins anciens, composant le Cabinet de M. A. Mouriau, ancien Capitaine au service de Belgique, 11./12.3.1858, M. Delbergue-Cormont, Paris, Hotel des Commissaires-Priseurs 1858, S.41, Nr.227