Von Ephrussi und Thausing noch Dürer zugeschrieben, hielt Panofsky das Blatt auf Grund des zu exakt ausgeführten Monogramm-Täfelchens für eine Kopie, wenn nicht Fälschung nach Dürer.(Anm. 1) Winkler glaubte dagegen trotz offensichtlicher Schwächen „überzeugend dürerisch wirkende“ Details in der Zeichnung zu erkennen.(Anm. 2) Stilistische Ähnlichkeiten zu anderen Portraits der niederländischen Reise entdeckte er vor allem in der Darstellung der Fältelung der Kleidung.(Anm. 3) Er sah in dem Bildnis daher eine Kopie nach einer verschollenen Federzeichnung Dürers, deren etwas starre Linienführung (z. B. in der Iris) sich daraus erklärt, dass die Kopie die Vorlage vergrößert wiedergibt. Insgesamt hat das Hamburger Bildnis mit vergleichbaren Portraits der Niederländischen Reise jedoch keine Gemeinsamkeiten. So zeichnet diese Darstellungen eine Intensität und Lebendigkeit im Ausdruck aus, die unserem Blatt eindeutig fehlt.(Anm. 4) Überzeugend ist daher die im Brüsseler Katalog von 1977 geäußerte Vermutung, dass es sich bei dem Portrait um das Werk eines niederländischen Meisters aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts handelt.(Anm. 5) Als Vorlage könnte diesem eine Zeichnung aus dem Umkreis von Lucas van Leyden (1494–1533) gedient haben. Um wen es sich bei diesem Künstler allerdings handelt, bleibt vorerst ungewiss. Auch die nur schwer zu entziffernde Beschriftung auf der Rückseite des Blattes – von Harzen als „Patinir“ gelesen – führt bei der Bestimmung des Blattes nicht weiter.

Petra Roettig

1 Ephrussi 1881, S. 272; Thausing 1884, S. 198; Panofsky 1948, Bd. 2, S. 112, Nr. 1087.
2 Winkler 1939, Nr. I (Anhang).
3 Vgl. Paris, Louvre, Cabinet des dessins (Collection Rothschild), vgl. Strauss 1974, Bd. 4, S. 1924, Nr. 1520/11, Abb.; Bayonne, Musée Bonnat, Inv.-Nr. 1283/1514, vgl. ebd., S. 1916, Nr. 1520/7, Abb.; Lille, Musée des Beaux Arts, Nr. Pl. 918, vgl. ebd., S. 2046, Nr. 1521/26, Abb. und Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 2229, vgl. ebd., S. 1986, Nr. 1520/42, Abb.
4 Vgl. die Portraits in London, British Museum, Inv.-Nrn. Sloane 5218–54 und 1910–2–12–103, vgl. John Rowlands: Drawings by German artists and artists from german-speaking regions of Europe in the Department of Prints and Drawings in the British Museum: The Fifteenth Century, and the Sixteenth Century by artists before 1530, London 1993, Bd. 1, S. 103, Nr. 229, Pl. 229r und S. 152, Nr. 233, Pl. 156.
5 Ausst.-Kat. Brüssel 1977, S. 179, Nr. 383.