Archiv

KP Brehmer

Korrektur der Nationalfarben
KP Brehmer; Korrektur der Nationalfarben, gemessen an der Vermögensverteilung (Version I), 1970, © Privatsammlung in der Hamburger Kunsthalle, Foto: Christoph Irrgang

Presseinformation

Die Hamburger Kunsthalle zeigt eine umfassende Ausstellung des deutschen Malers, Graphikers und Filmemachers KP Brehmer (1938–1997), der sich in komplexer Weise mit den Bildmedien der Bundesrepublik Deutschland und den Bedingungen der kapitalistischen Bildproduktion und -rezeption auseinandergesetzt hat. Graphik war für KB Brehmer nicht nur eine Technik, sondern ein Instrument zur Visualisierung sozialer und politischer Darstellungskonventionen. Radikal und konsequent wie kein anderer Künstler setzte er die Graphik als Werkzeug zur politischen Bildagitation ein. Die Bilder der Werbung, des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und der illustrierten Presse sowie Motive von Briefmarken, Plakaten und auch Informationsmedien wie Diagramme und Statistiken präsentierte er in einem veränderten Kontext: Indem er sich die Ästhetik dieser Medien aneignete und sie durch leichte Bedeutungsverschiebungen neu codierte, machte er deren Wirkmechanismen kenntlich. Auf diese Weise stellte er in seinem Werk nicht nur die Strategien etablierter Medien an den Pranger, sondern reflektierte deren Mittel und Effekte der Täuschung und Beeinflussung.

Die Korrektur der Nationalfarben (1970) ist die wohl bekannteste Werkgruppe von KP Brehmer. Indem er die Farben der Nationalflagge neu codiert, gelingt es ihm, das Staatssymbol in eine Statistik zur Vermögensverteilung umzuwandeln: Gold steht für das Großkapital, Schwarz für den Mittelstand und Rot für die restlichen Haushalte.

KP Brehmer prägte seit Mitte der 1960er in Deutschland zusammen mit Sigmar Polke, Gerhard Richter, Konrad Lueg und Wolf Vostell den sogenannten »Kapitalistischen Realismus«. In dem Künstler-Umfeld nimmt er jedoch eine Sonderrolle ein: KP Brehmer, der Graphik studierte und später jahrzehntelang Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg war, begann seine Ausbildung als Reproduktionstechniker. Das Prinzip der maximalen Vervielfältigung und Verbreitung von Bildvorlagen prägten sein theoretisches Denken und künstlerisches Agieren maßgeblich. Die Verkürzung seines Vornamens Klaus Peter auf KP nutzte er zeitlebens als Referenz an die Kommunistische Partei (KPD), deren Mitglied er jedoch nie war.

Die Kunsthalle hat als erstes Museum schon früh Werke KP Brehmers erworben. Sein vielfältiges, experimentelles, analytisches und zugleich humorvolles Œuvre gewinnt mit seinen Fragestellungen in Zeiten von Fake News und zunehmend verschwimmender Grenzen zwischen Information und Manipulation wieder an Relevanz und Aktualität. Die Ausstellung zeigt mit mehr als 200 Arbeiten einen Überblick über sein gesamtes Schaffen. Zu sehen sind Zeichnungen, Collagen, Druckgraphiken, Gemälde und Filme – mit Leihgaben aus dem Nachlass des Künstlers sowie aus internationalen Museen.

Die Ausstellung ist eine Gemeinschaftsproduktion der Hamburger Kunsthalle mit dem Neuen Museum Nürnberg, dem Gemeentemuseum in Den Haag und ARTER, Istanbul. Nach Nürnberg und Hamburg wird die Ausstellung ab Juli 2019 in den Niederlanden und ab März 2020 in der Türkei gezeigt. Die in einem engen, intensiven Dialog gemeinsam entwickelte Ausstellung wurde mit dem Anliegen konzeptioniert, die Aktualität KP Brehmers nicht nur in Deutschland, sondern auch darüber hinaus unter Beweis zu stellen.

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog (dt./engl./türk., ca. 200 Abbildungen, 232 Seiten, Verlag Koenig Books London, 2018) unter dem Titel »Kunst ≠ Propaganda«, herausgegeben von Petra Roettig (Hamburg), Eva Kraus (Nürnberg), Daniel Koep (Den Haag) und Selen Ansen (Istanbul). Die Publikation enthält Texte von Eva Kraus, Gregory Williams, Petra Roettig, Daniel Koep, Selen Ansen, Michael Glasmeier, Franziska Stöhr sowie Doreen Mende. Sie ist im Museumsshop zum Preis von 29 Euro erhältlich und kann online über www.freunde-der-kunsthalle.de bestellt werden.

Gefördert von:  Deutsche Bank, Kulturstiftung des Bundes, Behörde von Kultur und Medien