Willem van de Velde d. J., zugeschrieben Willem van de Velde, ehemals zugeschrieben
Holländische Lastkähne an einer Pier, um 1650-1655
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Willem van de Velde d. J., zugeschrieben Willem van de Velde, ehemals zugeschrieben

Holländische Lastkähne an einer Pier, um 1650-1655

Willem van de Velde d. J., zugeschrieben Willem van de Velde, ehemals zugeschrieben

Holländische Lastkähne an einer Pier, um 1650-1655

Diese Darstellung einiger Lastkähne galt zuletzt als Arbeit des älteren Willem van de Velde, obwohl sie bereits im Harzen-Inventar dem Sohn zugeordnet war. Selbst Michael S. Robinson sah noch 1972 einen Bezug zu Zeichnungen des Älteren aus der Zeit um 1650.(Anm.1) Die im Federduktus grundsätzlich verwandten „Küstenlandschaften“ in Greenwich und die um 1655 angesetzten Studien vertäuter Lastkähne sind jedoch breiter laviert und unterscheiden sich auch in der verspielteren Linienführung von dem straff konturierten Hamburger Blatt.(Anm.2) Zudem sind Licht- und Schattenpartien hier deutlich kontrastreicher voneinander abgesetzt.
Wenn die in gleicher Weise gearbeitete „Studie einer Kaag“ von Robinson versuchsweise mit dem jüngeren Van de Velde in Verbindung gebracht wurde,(Anm.3) sollte dies auch für das Hamburger Blatt erwogen werden. Dafür sprechen Eigenheiten wie die klaren graphischen Strukturen, die auch das spätere Werk des Künstlers kennzeichnen,(Anm.4) und die breiten Ergänzungslinien in Graphit, für die sich im Œuvre des Älteren kein direkter Vergleich findet. Auch die von Stijn Alsteens beobachtete stilistische Nähe zu Zeichnungen Simon de Vliegers (Anm.5) deutet indirekt auf die Hand des jüngeren Van de Velde, denn dieser beendete seine Ausbildung in den frühen 1650er Jahren bei De Vlieger in Amsterdam und Weesp.
Bestätigt wird die Zuordnung an den jüngeren Willem van de Velde letztlich auch durch verwandte Gemäldekompositionen: Offensichtlich verwendete der Künstler die Hamburger Skizze als Ausgangspunkt für ein um 1655 anzusetzendes Bild in Kassel mit einer 1661 zu datierenden Zweitfassung in London.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 In einem Brief vom 5. 8. 1972, Hamburger Kunsthalle, Archiv des Kupferstichkabinetts; denkbar sei eine Funktion als Vorarbeit für eine seiner Grisaillen.
2 Z. B. mit drei Zeichnungen in Greenwich, National Maritime Museum: „Skizze mit der Ansicht von Scheteldouckshaven“, Inv.-Nr. PAE5168, „Lastkähne an Pfählen“, Inv.-Nr. PAF6747, „Studie eines Last-kahns“, Inv.-Nr. PAF6749, Michael S. Robinson: Van de Velde. a Catalogue of the Paintings of the Elder and the Younger Willem van de Velde, Bd. 1, Greenwich u. a. 1990, Nr. 765, 817 und 819.
3 Greenwich, National Maritime Museum, Inv.-Nr. PAF6742 (199 x 297 mm), Robinson 1974 a, Nr. 767; vgl. auch eine Van de Velde (II) zugeschriebene, unserem Blatt eng verwandte „Schiffsstudie“ in Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 4633, Regards sur l'art hollandais du XVIIe siècle. Frits Lugt et les Frères Dutuit, collectionneurs, Ausst.-Kat. Paris 2004, Nr. 86.
4 Vgl. den um 1675 anzusetzenden „Schiffsentwurf“, Greenwich, National Maritime Museum, Inv.-Nr. PAF6563, Michael S. Robinson: Van de Velde Drawings - A Catalogue of Drawings in the National Maritime Museum, made by the Elder and the Younger Willem van de Velde, Bd. 1, Cambridge 1958, Nr. 518.
5 Stijn Alsteens würde für unser Blatt auch die Autorschaft Simon de Vliegers in Betracht ziehen (Mitteilungen per E-Mail, 9. 10. 2007 und 7. 3. 2010). Im Duktus erinnert unser Blatt an De Vliegers „Strandszene bei Scheveningen“, New York, The Pierpont Morgan Library, Inv.-Nr. III,184, Christiaan P. van Eeghen: Simon de Vlieger as a Draftsman, I: The Pen Drawings, in: Master Drawings 44, 2006, S. 3-47, Abb. 22; vgl. auch die „Fähre“ in niederländischem Privatbesitz, ebd. Abb. 44, oder das „Studienblatt“ in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1836,0511.535, ebd. Abb. 33.
6 „Schiffe an der Küste“, Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. GK 421, Jeroen Giltaij, Jan Kelch: Herren der Meere. Meister der Kunst. Das holländische Seebild im 17. Jahrhundert, Ausst.-Kat. Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam 1996/97, Nr. 75; „Schiffe in seichtem Wasser“, 1661, London, National Gallery, Inv.-Nr. NG 871, ebd. S. 334, Abb. 1.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso unten Mitte L. 1234

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
23-27 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 69: "[Willem van de Velde junior] Einige mit Holz und Torf und Fässern beladene Leichterschiffe und Küstenfahrer an einem Hafendamm. Flüchtig mit Bleifeder angelegt und mit Feder und Tusche bestimmt. 10.10.7.3"; NH Ad: 02: 01, S. 272); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.565-566, Nr.1078

Sitt, Martina und Gaßner, Hubertus: und Hamburger Kunsthalle: Segeln, was das Zeug hält. Niederländische Gemälde des Goldenen Zeitalters, Hamburger Kunsthalle 2010, S.180, Abb.S. 159