Victor Honoré Janssens, zugeschrieben Abraham Janssens (I.), ehemals zugeschrieben
Engel mit einer betenden Heilige, um 1720 (?)
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Victor Honoré Janssens, zugeschrieben Abraham Janssens (I.), ehemals zugeschrieben

Engel mit einer betenden Heilige, um 1720 (?)

Victor Honoré Janssens, zugeschrieben Abraham Janssens (I.), ehemals zugeschrieben

Engel mit einer betenden Heilige, um 1720 (?)

Die in einen Umhang gehüllte Frau kniet betend vor einem Altar und wird von einem Engel auf eine überirdische Erscheinung hingewiesen: Offensichtlich handelt es sich hier um das Fragment einer ursprünglich größeren Darstellung,(Anm.1) denn der Gegenstand der Verehrung befindet sich außerhalb der Bildfläche. Auf dem Altar steht offensichtlich die Monstranz, während das zu Füßen der Beterin liegende Objekt nicht eindeutig zu bestimmen ist.(Anm.2)
Bisher war das Blatt gemäß der alten Verso-Notiz dem Antwerpener Caravaggisten Abraham Janssens zugeschrieben. Dies kann jedoch weder durch ein übereinstimmendes Gemälde noch durch stilistische Einbindung in das bislang bekannte zeichnerische Œuvre bestätigt werden. Lediglich eine Zeichnung wird von Joost Vander Auwera, der 2003 über Abraham Janssens promoviert wurde, als eigenhändig akzeptiert, und diese ist abweichend von unserem Blatt mit Feder gearbeitet.(Anm.3) Auch für die schlank proportionierten Protagonisten findet sich bei Abraham Janssens kein Äquivalent.(Anm.4)
Engere stilistische Verwandtschaften bestehen zu Zeichnungen, die dem fast hundert Jahre später tätigen Victor Honoré Janssens zugeschrieben werden. Eine in gleicher Technik gearbeitete Zeichnung in Coburg steht unserem Blatt in der Figurenbildung, aber auch in der großzügigen Handhabung der Kreide und den mit Weiß angedeuteten Lichtstrahlen recht nahe.(Anm.5) Für die etwas süßlich wirkende Wiedergabe der Gesichtszüge lässt sich wiederum eine Zeichnung an unbekanntem Standort zum Vergleich heranziehen.(Anm.6) Deren vielleicht eigenhändige Beischrift „Jonson of Brussels 1720“ könnte zusammenhängen mit Janssens zweijährigem London-Aufenthalt nach Ernennung zum Hofmaler Charles’ VI. im Jahre 1720. Könnte es sich bei vorliegender Zeichnung ebenfalls um eine Arbeit des Victor Honoré Janssens aus dieser späten Werkphase handeln?(Anm.7) Dies würde allerdings eine erhebliche stilistische Entwicklung voraussetzen, wenn man das Blatt mit der hier ebenfalls Victor Honoré Janssens zugeordneten Figurenstudie Inv.-Nr. 22791 vergleicht, mit der lediglich die Tendenz zur plastischen Modellierung fest umrissener Formen verbindet.(Anm.8)

Annemarie Stefes

1 Darauf deuten auch die vom Rand beschnittenen Puttenköpfe der Verso-Skizze.
2 Möglicherweise handelt es sich um ein Krummschwert und damit um einen Hinweis auf die Hl. Klara, die im hohen Alter mit der Monstranz einen Sarazenenangriff abwehrte.
3 Freundliche Mitteilung, 17. 12. 2009. Besagte Federzeichnung befindet sich in Kassel, Museumsland-schaft Hessen Kassel, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 5185, Oehler 1979, S. 76, Nr. 33.
4 Vgl. die bei Müller-Hofstede 1971 abgebildeten Gemälde.
5 Kunstsammlungen der Veste Coburg, Inv.-Nr. Z 2611, Corpus Gernsheim 23198; vgl. auch die in Rötel, weißer und schwarzer Kreide gezeichnete Inv.-Nr. Z 2622, Corpus Gernsheim 23202.
6 Aukt.-Kat. London, Phillips, 16. 2. 1988, Nr. 155, ebenfalls in schwarzer Kreide mit Weißhöhungen auf getöntem Papier gearbeitet. Vgl. auch die Hintergrundfiguren auf der „Heimsuchung“ in München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 7386.
7 In diesem Fall wäre die alte Zuschreibung an Abraham Janssens auf Verwechslung mit dem Namensvetter zurückzuführen.
8 Besser noch als mit der Recto-Zeichnung lassen sich die Putten der Verso-Skizze mit den Figurenstudien auf Inv.-Nr. 22791 vergleichen.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts L. 543; oberhalb davon L. 1131; verso M. L. 1233; unten links bezeichnet.: "Janssens (Abraham), né à Anvers en 1569 / mort en 1631 / Dessin acheté à Paris 1.774 le 1er Juillet / 1860. / h= 0''', 246 L=0''', 177 / (Collection Kaieman de Bruxelles, 4.e vente) / C. Gasc" (Feder in Braun)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
ca. 27 mm (h)

Verso

Titel verso: Vier Kinderstudien

Technik verso: Schwarze Kreide, Rötel

Provenienz

Slg. Kaieman (?), 1860 (4. Auktion Brüssel=>); Amédée-Paul-Emile Gasc (1817-?) (L. 1131); Charles Gasc (um 1850), Paris (L. 543 u. 1068); Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi 1908

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.300, Nr.483