Thomas Wijck
Italienische Landschaft mit Brücke und Gebäuden, um 1645
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Thomas Wijck

Italienische Landschaft mit Brücke und Gebäuden, um 1645

Thomas Wijck

Italienische Landschaft mit Brücke und Gebäuden, um 1645

Stubbe hielt das Blatt, entgegen der alten Zuschreibung an Thomas Wijck, für eine frühe Arbeit des Jan Both.(Anm.1) Dessen Zeichnungen aus den 1630er und frühen 1640er Jahren sind jedoch deutlich flüssiger gearbeitet, mit einer stärker von Feder und Pinsel bestimmten Gesamtwirkung.(Anm.2) In gleichem Maße ungewöhnlich für Both sind die winklig gegeneinander gesetzten Schraffensysteme. In diesen Eigenschaften steht das Blatt Zeichnungen Thomas Wijcks nahe, dem es bereits zu Harzens Zeit zugeordnet war. Motiv, Stil und Format lassen sich mit einer signierten Zeichnung in New York verbinden; ein in den graphischen Strukturen verwandtes Blatt befindet sich in Amsterdam.(Anm.3) Auch dort werden die Konturen der Gebäude durch gezackte Linien aufgelockert.(Anm.4) Eine signierte „Küstenlandschaft“ in Brüssel lässt sich ebenfalls zum Vergleich heranziehen, auch für die mit straffem Pinselstrich markierte Staffage,(Anm.5) und die dichten Schraffen, verantwortlich für den etwas schwerfälligen Charakter unseres Blattes, begegnen ähnlich auf eigenhändigen Radierungen des Künstlers (z. B. H. 15–22). Schwächen wie der recht flächig wiedergegebene Hintergrund lassen sich durch die wohl relativ frühe Entstehungszeit erklären.(Anm.6)
Für ein unbezeichnetes Gemälde griff Wijck auf die vorliegende Komposition zurück.(Anm.7) Dabei veränderte er Architektur und Landschaftsformen im Detail und fügte eine große Staffagegruppe im Vordergrund hinzu.
Die Radierung eines Wijck-Nachahmers erinnert im Gegensinn an die Brücke, den Weg und die Gebäude der Hamburger Zeichnung.(Anm.8)

Annemarie Stefes

1 In einer undatierten Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle.
2 Z. B. „Kastanienröster in einer Ruine“, Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. O 57, Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 92, Abb. F, oder die in den Laubangaben verwandte „Berglandschaft mit Brücke“, Dublin, National Gallery of Ireland, Inv.-Nr. 2020, ebd. S. 94, Abb. K. Die bei Anne Charlotte Steland: Beobachtungen zu frühen Zeichnungen des Jan Both und zum Verhältnis zwischen Jan Both und Jan Asselijn in Rom vor 1641, in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte 27, 1988, S. 115-138 als frühe Both-Zeichnungen vorgestellten Arbeiten sind alle ebenfalls von deutlich leichterer und zarterer Gesamtwirkung.
3 New York, Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. 64.48.7, Corpus Gernsheim 58379; Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1954-115, Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 117, Abb. A.
4 Ähnliche Schraffen und Konturen begegnen auch auf einer unsignierten Zeichnung in Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/4205.
5 Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/4213, Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 123, Abb. L.
6 Vgl. die ähnlich schemenhaft wiedergegebenen Gebäude im Hintergrund einer frühen Zeichnung des Thomas Wijck in ehemals Augsburger Privatbesitz, Bernhard Schnackenburg: Die Anfänge von Thomas Adriaensz. Wyck (um 1620-1677) als Zeichner und Maler, in: Oud Holland 106, 1992, S. 143-156, Abb. 7; vgl. die um 1639 entstandene „Jahrmarktszene“ an unbekanntem Standort, ebd. Abb. 9. Die nervös gekürzelten Laubangaben verbinden das Blatt mit einer 1643 datierten „Straßenszene“, ehemals Maastricht, Kunsthandel Robert Noortman, ebd. Abb. 15.
7 Aukt.-Kat. Kopenhagen, Rasmussen, 29.–30. 4. 1980, Nr. 9.
8 Hollstein’s Dutch & Flemish Etchings, Bd. 55, 2000 (Jeroen de Scheemaker), S. 110.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten links bezeichnet: "f dwz4 [?]" (Bleistift, wohl Händlerzeichen)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Lilienwappen, Heawood/Briquet/Piccard deest: Krone und Voluten, seitliche Ränder unsymmetrisch, unten Stab, von Buchstaben überschnitten (G? oder C?), vom Typ ähnlich Heawood 1729 (Amsterdam 1642)
ca. 25 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 83: "Thomas Wyck Eine steinerne Brücke die mit einer Kapelle und einem alten {Wachtthurm} Warte in Verbindung steht führt über einen Bach der sich durch zerstreute Felsblöcke des Vorgrundes windet. Ein Paar Figuren kommen über die Brücke; im Hintergrund Gebirge. Kreide und Bister, flüssig und schön beendigt. 9.10.7.0"; NH Ad: 02: 01, S. 278); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.125, Nr.114, Abb.S. 98

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.641, Nr.1226