Sebastiaan Vrancx, Kopie Peter Snayers, (?)
Sebastiaan Vrancx, Kopie Peter Snayers, (?)
Das Blatt galt bislang als Werk des wenig bekannten Vrancx-Schülers Peter Snayers, der das Bildthema des „Raubüberfalls“ häufig wiedergab.(Anm.1) Zu den ihm traditionell zugeschriebenen Zeichnungen fehlt jedoch der direkte stilistische Bezug.(Anm.2) Allenfalls denkbar wäre eine Deutung als Jugendwerk, zum einen angesichts der recht unausgegoren wirkenden Handschrift, zum anderen angesichts der formalen Abhängigkeit von einer Komposition seines Lehrers Sebastiaan Vrancx, die eine mutmaßliche Kopie in Turin dokumentiert.(Anm.3) Vielleicht war dem anonymen Verfasser der auf Vrancx verweisenden Kartonnotiz dieser Zusammenhang bekannt.(Anm.4)
Wenn Snayers als Urheber des Blattes auszuschließen ist, dann sollte zumindest die Hand eines anderen Vrancx-Schülers in Betracht gezogen werden. Das Genre des Raubüberfalls wurde in der Nachfolge Vrancx’ oft dargestellt, wie z. B. bei dem noch wenig erforschten Pieter Meulener (1602–1654).(Anm.5)
Annemarie Stefes
1 Vergleichbare Raubüberfälle begegnen häufig im gemalten Œuvre des Künstlers, z. B. Valenciennes, Musée des Beaux-Arts, Inv.-Nr. P. 46.150, vgl. Jacques Foucart: De Meulener à Van der Meulen. L'affirmation d'une manière flamands, in: A la gloire du Roi. Van der Meulen, peintre des conquêtes de Louis XIV, Ausst.-Kat. Dijon 1998, S. 48-52, Abb. 17; Standort unbekannt, Aukt.-Kat. London, Sotheby’s, 23. 2. 1938, Nr. 62.
2 Vgl. die deutlich sauberer gezeichneten Flusslandschaften in Edinburgh, National Gallery of Scotland, Inv.-Nr. D 1145 und Inv.-Nr. D 1146, Andrews 1985 a, Bd. 1, S. 80–81; Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. Z 4732-33; Stuttgart, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. C 1586, Inv.-Nr. C 1587; vgl. auch die zwar vergleichbar flüchtig, aber deutlich schwungvoller gearbeitete Zeichnung in Antwerpen, Stedelijk Prentenkabinet, Museum Plantin-Moretus, Inv.-Nr. A.XXXIII.7, Delen 1938, Nr. 309.
3 Turin, Biblioteca Reale, Inv.-Nr. 16225 D.C., Sciolla 2007, Nr. 34, im Motiv übereinstimmend mit dem Hamburger Blatt. Die Turiner Zeichnung steht in der stilistischen Ausführung authentischen Vrancx-Zeichnungen vergleichsweise nahe, basiert also wahrscheinlich auf einem gezeichneten Original.
4 Alternativ war das Blatt mit Pieter van Bloemen assoziiert worden. – Die unglücklicherweise beschnittene Beischrift unten rechts scheint nicht unbedingt auf den Namen Snayers’ hinzuweisen.
5 Hinweis von Joost Vander Auwera, 17. 12. 2009.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
u. r. wohl Reste einer Signatur (beschnitten)
Nummeriert unten links: "302" (Feder in Schwarz); auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); auf dem alten Untersatzbogen verso unten links: "Cab. de Spengler 1619" (Bleistift)Wasserzeichen / Kettenlinien
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ca. 30 mm (h)
Provenienz
Johan Conrad Spengler (1767-1839), Kopenhagen (nicht L. 1434); wohl auf dessen Auktion, Kopenhagen 1839 (Lugt, Ventes 15540) erworben von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 63: "P. Snayers Ein Reisewagen {mit} mit vornehmen Reisenden wird auf der Haide von Schnapphähnen angehalten und ausgeplündert. Bleistift Feder und Tusche; {von} flüchtig behandelt. 11.9.7.1."; NH Ad: 02: 01, S. 270); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle
Bibliographie
Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.596, Nr.1141
Catalogue du cabinet de ... Johan Conrad Spengler ... contenant les tableaux, une très précieuse collection de plus de deux mille dessins ..., 8.10., Kopenhagen, 1839, S.182, Nr.1619