Rembrandt Harmensz. van Rijn, Schule Govaert Flinck, Umkreis
Rembrandt Harmensz. van Rijn, Schule Govaert Flinck, Umkreis
Bei Harzen galt diese Zeichnung noch als eigenhändiges Werk Rembrandts, und entsprechend der Künstlerromantik jener Zeit wurde die Liegende als „des Künstlers Frau“ beschrieben. Dies ist natürlich nicht der Fall – es handelt sich um eine Übungsstudie nach dem Aktmodell – und auch die Zuschreibung an Rembrandt ist heute nicht mehr aufrecht zu erhalten. Nach ersten von Gerson und Benesch geäußerten Zweifeln wurde die Zeichnung zuletzt von Anne Röver-Kann (Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, bearb. v. Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000) als Arbeit eines unbekannten Rembrandt-Schülers aus den 1630er Jahren geführt, entstanden in unmittelbarer Nähe des Meisters und an den Konturen von Kopf, Schulter und linker Hand möglicherweise von diesem selbst korrigiert. Schatborn und vor ihm Gerson sahen stilistische Parallelen zu Figurenstudien des Govert Flinck aus den 1630er Jahren, ohne dass diese Bezüge eng genug wären für eine Zuschreibung an Flinck.(Anm.1) Darüber hinaus lässt sich in einzelnen Bereichen wie dem etwas plump wirkenden, auf kurzem Hals seitlich verschobenen Kopf eine gewisse Verwandtschaft mit der Ferdinand Bol zugeschriebenen Inv.-Nr. 21732 beobachten.(Anm.2)
Annemarie Stefes
1 Peter Schatborn auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, mit Verweis auf je eine Rötelstudie in Paris, École Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Inv.-Nr. MU 390 und Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 5431, Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, Bd. 1, S. 135: vergleichbar in der prominenten Rolle der Schraffur für die Einbindung der Figur im Blatt, den kräftig akzentuierten Fingern und der Gestaltung der Füße. Anders als auf diesen signierten Flinck-Zeichnungen verzichtete der Zeichner des Hamburger Blattes bei der Körpermodellierung auf die charakteristischen Kreuzschraffuren.
2 Vorgeschlagen von Holm Bevers und Andreas Stolzenburg auf dem Hamburger Symposium, siehe Anm. 1.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Wasserzeichen / Kettenlinien
24-25 mm (h)
Provenienz
Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 52: "[Rembrant van Rhyn.] Ein junges {Mädch} Frauenzimmer, wie es scheint des Künstlers Frau, entkleidet auf einem Bette ruhend. Meisterhaft behandelte Kreidestudie auf leicht {mit} in Seppia {gefärbten} laviertem Papier, mit ausgesparten Lichtern. 9.10.6.0"; NH Ad: 02: 01, S. 266); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle
Bibliographie
Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.462, Nr.855
Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, Nr.59 mit Abb.
Anne Röver-Kann: Rembrandt als Zeichner - Rembrandt als Lehrer, in: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S. 11-17, S.11, 12
Otto Benesch: The Drawings of Rembrandt. First complete Edition in six volumes, London 1954-1957, S.Bd. 4, 192, Nr.712
Otto u. Eva Benesch: The Drawings of Rembrandt, London 1973, S.Bd. X...
Otto Benesch: Rembrandt. Werk und Forschung, Wien 1935, S.S. 38
Horst Gerson: Aktdarstellungen bei Rembrandt und seinen Schülern, in: Kunstchronik 10, 1957, S. 148-150, S.148
Otto Benesch: Rembrandt Selected Drawings, London und New York 1947, S.11, Nr.149 (mit Abb.)
Cornelis Hofstede de Groot: Die Handzeichnungen Rembrandts. Versuch eines beschreibenden und kritischen Kataloges, Haarlem 1906, Nr.351
Christopher White: Rembrandt as an Etcher, London 1969, S.180, Anm. 11
Marianne Bernhard: Rembrandt-Zeichnungen, München 1976, Abb.346
Otto Benesch: A catalogue of Rembrandt's Selected Drawings, Oxford und London 1947, S.33, Nr.149