Pieter Fransz. Isaacsz.
Pieter Fransz. Isaacsz.
Die Zeichnung diente als Entwurf fĂŒr einen 1601 datierten Stich Jan Saenredams (H. 124).(Anm.1) Isaacsz.â Urheberschaft ist durch die Stichinschrift gesichert. Damit zĂ€hlt unser Blatt als erste PortrĂ€tzeichnung zu den wenigen authentischen Zeichnungen des KĂŒnstlers.(Anm.2) Dargestellt ist Isaacsz.â ehemaliger Lehrer Hans von Aachen (1552â1615).(Anm.3) FĂŒr das eigentliche PortrĂ€t â auf unserer Zeichnung nur flĂŒchtig angelegt und nicht mit dem Griffel ĂŒbergangen â stand dem Stecher entweder eine separate Detailvorlage des Zeichners zur VerfĂŒgung oder ein heute verlorenes Selbstbildnis van Aachens, das dieser dem Bericht van Manders zufolge um 1601 seinem ehemaligen SchĂŒler Isaacsz. nach Amsterdam geschickt haben soll.(Anm.4)
Gestochene FreundschaftsportrĂ€ts waren um 1600 keine Seltenheit. Angelehnt an den humanistischen Brauch des Bildnistausches spiegeln sie das neue Selbstbewusstsein der KĂŒnstler.(Anm.5)
Innerhalb der Freundschaftsbildnisse des Goltzius-Kreises zĂ€hlt die Hamburger Zeichnung zu den originelleren Inventionen: Der Tugendheld Herkules und die Personifikation der Malerei (Pictura) halten und steuern die im offenen Segmentgiebel sitzende âOccasioâ an ihren langen HaarstrĂ€hnen: Sie haben die Gelegenheit sprichwörtlich âbeim Schopfe gepacktâ.(Anm.6) Nach antiken Torsi zeichnende Putten und Girlanden aus ArbeitsgerĂ€t verweisen auf den Beruf des Malers und die Liebe zur Kunst. Die kleine Szene im Rundmedaillon unterhalb des PortrĂ€ts zeigt im Vordergrund Herkules am Scheideweg und â im Hintergrund â bereits die steilen Felsen zum Tempel der Tugend emporkletternd.(Anm.7)
Die Verbindung von PortrĂ€t, allegorischer Rahmung und lateinischen Versen folgt der ikonographischen Tradition des FĂŒrsten- bzw. GelehrtenportrĂ€ts.(Anm.8) Als mutmaĂliche Anregungen kann Isaacsz. das von Jan Muller nach Hans von Aachen gestochene âBildnis BartholomĂ€us Sprangersâ vor Augen gestanden haben (1597, H. 21). Die Rahmenarchitektur erinnert an einen Titelentwurf Hans von Aachens von 1599.(Anm.9)
Vermutlich war dieses Bildnis nur vordergrĂŒndig dem Ruhm des ehemaligen Lehrers gewidmet und diente in erster Linie als Werbung in eigener Sache, um sich in den europĂ€ischen Kunstzentren einen Namen zu verschaffen.(Anm.10)
Annemarie Stefes
1 Joachim Jacoby: Hans von Aachen, hrsg. von Ger Luijten, Robert Zijlma, The new Hollstein. German Engravings, Etchings and Woodcuts 1400-1700, Rotterdam 1996, Nr. 62.
2 Vgl. Fucikova, in: Heinrich Geissler: Zeichnung in Deutschland. Deutsche Zeichner 1540-1640, 2 Bde., Ausst.-Kat. Staatsgalerie Stuttgart 1979, S. 70 und Ilja Veldman: Pieter Isaacsz and Art on Paper â Drawings and Prints after His Designs, in: Pieter Isaacsz (1568-1625). Court Painter, Art Dealer and Spy, Ausst.-Kat. Hilleröd, Turnhout 2007, S. 43-55, S. 65.
3 Der alte Verweis auf Hans Bol beruht möglicherweise auf einer Verwechslung mit dem von Goltzius 1593 gestochenen PortrÀt Bols (H. 177).
4 Karel van Mander, Den Grondt der edel vry schilder-const, Haarlem 1604, fol. 291r; vgl. Roettig, in: Die Masken der Schönheit. Hendrick Goltzius und das Kunstideal um 1600, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2002. â PortrĂ€t und Rahmung wurden separat auf zwei Platten gedruckt; das gestochene PortrĂ€t trug ursprĂŒnglich das Monogramm des Stechers (âI SAEâ), vgl. Badeloch Noldus, Juliette Roding: Pieter Isaacsz (1568-1625). Court Painter, Art Dealer and Spy, Ausst.-Kat. 2007, Ausst.-Kat. HillerĂžd (Schloss Frederiksborg), Turnhout 2007, Nr. 42.
5 Vgl. Jan Piet Filedt Kok: Artists portrayed by their friends: Goltzius and his circle, in: Simiolus 1996, Nr. 24, S. 161-181, S. 161 und 164.
6 Roettig, in: Die Masken der Schönheit. Hendrick Goltzius und das Kunstideal um 1600, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2002.
7 Jan Piet Filedt Kok: Artists portrayed by their friends: Goltzius and his circle, in: Simiolus 1996, Nr. 24, S. 161-181, S. 168â169.
8 Jan Piet Filedt Kok: Artists portrayed by their friends: Goltzius and his circle, in: Simiolus 1996, Nr. 24, S. 161-181, S. 161.
9 Göttingen, Kunstsammlung der Georg-August-UniversitĂ€t, Inv.-Nr. Uffenbach, H 252, Gerd Unverfehrt (Hrsg.): Zeichnungen von Meisterhand. Die Sammlung Uffenbach aus der Kunstsammlung der UniversitĂ€t Göttingen, Ausst.-Kat. Koblenz, Mittelrhein-Museum, Göttingen, Kunstsammlungen der UniversitĂ€t, Oldenburg, Landesmuseum fĂŒr Kunst und Kulturgeschichte, Frankfurt am Main, Historisches Museum, Göttingen 2000, Nr. 95. Vgl. auch den 1589 von Raphael Sadeler nach Joos van Winghe gestochenen Titel fĂŒr die âConsiliaâ des Tiberius Decianus, ebd. S. 238, Abb. 102.
10 Heiner Borggrefe: Pieter Isaacsz in the Company of Hans von Aachen, in: Pieter Isaacsz (1568-1625). Court Painter, Art Dealer and Spy, Ausst.-Kat. Hilleröd, Turnhout 2007, S. 43-55, S. 54â55 mit Blick auf das vom kĂŒnstlerischen Wettbewerb geprĂ€gte Klima an den europĂ€ischen FĂŒrstenhöfen. Ilja Veldman: Pieter Isaacsz and Art on Paper â Drawings and Prints after His Designs, in: Pieter Isaacsz (1568-1625). Court Painter, Art Dealer and Spy, Ausst.-Kat. Hilleröd, Turnhout 2007, S. 43-55, S. 66 wies darĂŒber hinaus auf den finanziellen Nutzen der in groĂer Auflage produzierten Stiche.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Wasserzeichen / Kettenlinien
Wappen mit Krone, schwer zu erkennen, unten drei BĂ€lle
ca. 30 mm (v)
Provenienz
Johann Goll van Franckenstein I (1722â1785) Amsterdam (L. 2987); Johan Goll van Franckenstein II (1756â1821) Amsterdam (L. 2987); Pieter Hendrik Goll van Franckenstein (1787â1832); auf der Auktion Goll van Franckenstein, Amsterdam 1833 (Lugt Ventes 13362): âJacob ab Ach. Met zw. Krijt, o. i. inkt en wit, door Hans Bolâ, erworben von Willem Gruyter Jr.; Georg Ernst Harzen (1790â1863), Hamburg (L. 1244); Catalogue dâune Collection de Portraits,
S. 5, Nr. A 80 (als âPet. Isaak?â): âAken, Jan van, Dessin Ă la plume, lavĂ© au bistre, et rehaussĂ©e de blan, Faussement marquĂ© H. Bol. Dessin ayant servi pour la gravure de Saenredamâ; wohl Legat Harzen 1863 an die âStĂ€dtische Gallerieâ Hamburg; wohl 1868 der Stadt ĂŒbereignet fĂŒr die 1869 eröffnete Kunsthalle
Bibliographie
Stefes, Annemarie: NiederlĂ€ndische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von GaĂner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.297-298, Nr.477, Abb.Farbtafel S. 24
Heiner Borggrefe: Pieter Isaacsz in the Company of Hans von Aachen, in: Pieter Isaacsz (1568-1625). Court Painter, Art Dealer and Spy, Ausst.-Kat. Hilleröd, Turnhout 2007, S. 43-55, S.54, Abb.22
Ilja Veldman: Pieter Isaacsz and Art on Paper - Drawings and Prints after His Designs, in: Pieter Isaacsz (1568-1625). Court Painter, Art Dealer and Spy, Ausst.-Kat. Hilleröd, Turnhout 2007, S. 43-55, S.59, 65, 66, Abb.22
Pieter Isaacsz (1568-1625). Court Painter, Art Dealer and Spy, Ausst.-Kat. 2007, Ausst.-Kat. Hilleröd (Schloss Frederiksborg), Turnhout 2007, S.285, Nr.38
Die Masken der Schönheit. Hendrick Goltzius und das Kunstideal um 1600, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2002, S.138, Nr.bei Nr. 43, Abb.S. 138
Die Masken der Schönheit. Hendrick Goltzius und das Kunstideal um 1600, hrsg. von JĂŒrgen MĂŒller, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2002, S.139, Abb.138
Joachim Jacoby: Hans von Aachen, hrsg. von Ger Luijten, Robert Zijlma, The new Hollstein. German Engravings, Etchings and Woodcuts 1400-1700, Rotterdam 1996, S.22, 144
Jan Piet Filedt Kok: Artists portrayed by their friends: Goltzius and his circle, in: Simiolus 1996, Nr. 24, S. 161-181, S.168-170, Abb.9
Invenit et Sculpsit. Zeichnungen und Graphik des niederlÀndischen Manierismus, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1992, Nr.50
Thomas DaCosta Kaufmann: The School of Prague, Chicago u. a. 1988, S.146, Nr.bei Nr. I.37
Catalogus van het beroemde Kabinet van gekleurde en ongekleurde Teekeningen, door de voornaamste oude en hedendaagsche Nederlandsche, Italiaansche en andere Meesters. Nagelaten bij Wijlen den hoog welgeboren Heer Jonkheer Johan Goll van Franckenstein, 1.6. und folgende Tage, Jeronimo de Vries, Amsterdam 1833, S.100, Nr.AA 24