Philipp Otto Runge
Philipp Otto Runge
Bei der bisher unidentifizierten Zeichnung eines männlichen Torsos, die Traeger in die Kopenhagener Zeit gesetzt hat, handelt es sich um die Darstellung eines zu einer Erosstatue ergänzten Torsos, der sich bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den königlichen Sammlungen in Dresden befand (Anm. 1). Die römische Kopie aus nachpraxitelischer Zeit war wohl in der zweiten 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts zu einem nackten Cupido mit erhobenen Armen ergänzt worden (Anm. 2). Auf Runges Zeichnung fehlen die erhobenen Arme, nur deren Ansätze sind erkennbar; zudem steht der Torso auf einer runden Plinthe, was ein Indiz dafür sein könnte, dass Runges Zeichnung nach einem Gipsabguß entstand. Ein solcher Gipsabguß lässt sich in Kopenhagen nicht nachweisen, doch hat Wilhelm Gottlieb Becker, der damalige Inspektor der Antikensammlung, bereits damals mit der Abnahme von Ergänzungen und verschiedenen Ergänzungsvarianten am Gipsabguß experimentiert (Anm. 3). Runge könnte 1801, als Becker seine Publikation über die Dresdener Antiken vorbereitete und in diesem Zusammenhang sich mit der Frage der Ergänzungen beschäftigte, Zeuge dieser experimentellen Arbeitsphase geworden sein (Anm. 4).
Peter Prange
1 Vgl. Augusteum Dresdens antike Denkmäler enthaltend, hrsg. von Wilhelm Gottlieb Becker, Bd. II, Dresden 1808, S. 53-55, Taf. LXIII.
2 Torso des Eros mit erhobenen Armen, Skulpturensammlung Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv. Nr. Hm 134, vgl. Katalog der antiken Bildwerke II. Idealskulptur der römischen Kaiserzeit 2, Skulpturensammlung Staatliche Kunstsammlungen Dresden, hrsg. von Kordelia Knoll, Christiane Vorster, Moritz Woelk, München 2011, S. 826-830, Nr. 197, Abb.
3 Kordelia Knoll: Der Umgang mit den Antikenergänzungen in Dresden, in: Katalog der antiken Bildwerke I. Idealskulptur der römischen Kaiserzeit 1, Skulpturensammlung Staatliche Kunstsammlungen Dresden, hrsg. von Kordelia Knoll, Christiane Vorster, Moritz Woelk, München 2011, S. 82.
4 Für diesen und weitere Hinweise danke ich Kordelia Knoll, Dresden (email vom 27. April 2015).
Details zu diesem Werk
Provenienz
Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; wohl als deren Geschenk an ihren Enkel Paul Runge (1835-1899), Berlin (Sohn des Otto Sigismund Runge (1806-1839); Philipp Otto Runge (1866-1925; Sohn des Vorigen), Berlin; Hans Runge (1900-?; Sohn des Vorigen), Berlin (bis 1938); erworben 1938 von C. G. Boerner, Leipzig
Bibliographie
Runge. Fragen und Antworten, hrsg. von Hanna Hohl, München 1979, S.13
Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.86, 94, Nr.40, Abb.
Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.300, Nr.169, Abb.
Gunnar Berefelt: Philipp Otto Runge zwischen Aufbruch und Opposition 1777-1802, Stockholm Studies in History of Art, Bd. 7, Stockholm 1961, S.158, Anm. 5
Deutsche Handzeichnungen der Romantikerzeit. Deutsche Graphik des frühen XIX. Jahrhunderts. Deutsche Zeichnungen der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts, Auktion 199, 25. 5. 1938, C. G. Boerner, Leipzig 1938, S.15, Nr.132