Philipp Otto Runge
Kopf der Mediceischen Venus im Profil nach rechts (Studie nach einem Gipsabguss), 1800
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Philipp Otto Runge

Kopf der Mediceischen Venus im Profil nach rechts (Studie nach einem Gipsabguss), 1800

Philipp Otto Runge

Kopf der Mediceischen Venus im Profil nach rechts (Studie nach einem Gipsabguss), 1800

Am 6. Januar 1800 war Runge in die Gipsklasse aufgerückt, doch hatte er schon vorher den Antikensaal in der Akademie besucht, um dort nach antiken Gipsen zu zeichnen. In einem Brief vom 26. November 1799 an Herterich schildert Runge seine Begeisterung über die erste Begegnung mit den Gipsen dort: „[…] darum sind mir öfters Sachen, wie z. B. der hiesige Antikensaal, so fremd gar nicht vorgekommen, ich kannte alles, aber der Gedanke an die Wirklichkeit, dass nun meine Ahnungen so genau eintrafen, flößte mir in dem ersten Augenblicke einen Schauer ein. Ich war zu Hause in dem Laokoon, aber daß er nun würklich da vor mir stand – ich erschrak in dem Augenblick, wie mir das einfiel, und wie ich meine Augen nun allmählich wieder in die Höhe leitete, war mir’s als wenn sich seine Brust mit einemmal anschwellte, um ein fürchterliches Angstgeschrey auszustoßen; in dem Augenblick fühlte ich’s, was die Kunst ist.“ (Anm. 1)
Das Verzeichnis der Gipse in der Akademie führt die Laokoongruppe auf (Anm. 2), doch hat sich außer einer verschollenen Zeichnung nach einem Kupferstich nach Errard (vgl. Inv. Nr. 1938-101) nur die Detailstudie des linken Arms des Laokoon erhalten (Anm. 3). Runges erste Studien nach Gipsen behandelten offensichtlich zunächst einzelne Körperteile, vor allem Köpfe. Er begann bei Abbilgaard mit einem heute verschollenen Kopf des Homer (Anm. 4), dem weitere Kopfstudien folgten, u. a. auch nach der Venus Medici, die zu den ältesten Gipsen im Antikensaal gehörte (Anm. 5). Auf einem Gemälde von Hans Detlev Christian Martens, das den Blick auf die Nordostseite des Antikensaals zeigt, ist sie ganz rechts sichtbar (Anm. 6). Das Verzeichnis Gipse von 1799 im Antikensaal führt eine Statue der Venus Typus Medici und zwei Büsten der Venus auf (Anm. 7); nach einer von beiden entstand Runges Zeichnung.

Peter Prange

1 Vgl. HS II, S. 33.
2 Vgl. Ny Fortegnelse over Marmor- og Gibs-Figurerne samt Receptions-Stykkerne og flere Konstsager i det kongelige Maler- Billedhugger- og Bygnings-Academie paa Charlottenborg, med hosföyet kort Forklaring over de betydeligste Poster, Kopenhagen 1799, S. 3, Nr. 6.
3 Linker Arm des Laokoon, schwarze Kreide, 409 x 312 mm, Privatbesitz, vgl. Traeger 1975, S. 300, Nr. 166, Abb.
4 HS II, S. 32, vgl. Traeger 1975, S. 273, Nr. 96. Wahrscheinlich handelt es sich um den Abguss einer Homerbüste, die 1789 von Abilgaard angekauft worden war, vgl. Jan Zahle: Antiksalen, Figursalen, Museet, in: Spejlinger i gips, Udstilling på Det Kongelige Danske Kunstakademi, Billedkunstskolerne og Danmarks Kunstbibliotek, Sammlingen af Arkitekturtegninger, Kopenhagen 2004, S. 197, Nr. S 48. Eine Zeichnung von Dankwart Dreyer überliefert das Homerbildnis, vgl. Karin Kryger: Tegninger efter afstøbninger, in: Spejlinger i gips 2004, S. 262, Nr. 62, Abb.
5 Ein Abguss befand sich seit 1750 in der Abgusssammlung, vgl. Zahle 2004, S. 193, Nr. S 5. Vgl. auch Ny Fortegnelse over Marmor- og Gibs-Figurerne samt Receptions-Stykkerne og flere Konstsager i det kongelige Maler- Billedhugger- og Bygnings-Academie paa Charlottenborg, med hosföyet kort Forklaring over de betydeligste Poster, Kopenhagen 1799, S. 6, Nr. 46.
6 Hans Detlev Christian Martens, Der Antikensaal in Chralottenborg nach Nordosten, 1821, Öl/Lw, 50 x 66,5 cm, Kunsthandel, vgl. Jan Zahle: Wiedewelt and Plaster Casts in Copenhagen, in: Johannes Wiedewelt. A Danish Artist in Search of the Past, Shaping the Future, hrsg. von Marjatta Nielsen/Annette Rathje, Kopenhagen 2010, S. 161, Abb. 7.
7 Vgl. Fortegnelse 1799, 5, Nr. 19, S. 6, Nr. 41, und Nr. 46.

Details zu diesem Werk

Wasserzeichen / Kettenlinien

"D & C Blauw" und "D & C B 5"

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; wohl als deren Geschenk an ihren Enkel Paul Runge (1835-1899), Berlin (Sohn des Otto Sigismund Runge (1806-1839); Philipp Otto Runge (1866-1925; Sohn des Vorigen), Berlin; Hans Runge (1900-?; Sohn des Vorigen), Berlin (bis 1938); erworben 1938 von C. G. Boerner, Leipzig

Bibliographie

Jörg Traeger: Aus Philipp Otto Runges Anfängen als Maler. Eine frühe Fassung der "Ruhe auf der Flucht". Mit Bemerkungen zu Otto Sigismund Runge, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 55, 1992, Nr. 4, S. 463-482, S.476

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.304, Nr.179, Abb.

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 19, 1974, S.13-36

Deutsche Handzeichnungen der Romantikerzeit. Deutsche Graphik des frühen XIX. Jahrhunderts. Deutsche Zeichnungen der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts, Auktion 199, 25. 5. 1938, C. G. Boerner, Leipzig 1938, S.15, Nr.132