Philipp Otto Runge
Aurora, 1808
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Philipp Otto Runge

Aurora, 1808

Philipp Otto Runge

Aurora, 1808

Wolf Stubbe hat angemerkt, dass die Gestalt der Aurora „in den Formen und Maßen“ derselben Figur auf Inv. Nr. 27000 entspricht (Anm. 1), weshalb sie als Vorstudie zu dem Karton denkbar ist. Wie auf dem Karton ist Aurora auf eine in Bleistift ausgeführte vertikale Achse bezogen, die ebenfalls den Bezug zum Karton herstellt.
Traeger hatte betont, dass Runge in dieser Zeichnung und auf Inv. Nr. 23701 „dem Effekt des von unten nach oben aufsteigenden Lichts“ (Anm. 2) nachspürte, was vor allem in der Verdichtung der zeichnerischen Strukturen von unten nach oben ablesbar ist. Während der Unterkörper, der im aufgehenden Licht steht, nur eine flüchtige Binnenzeichnung aufweist, nimmt diese nach oben zu, wo Schraffuren und Kreuzlagen zu im Duktus ungewöhnlich freien, verschatteten Zonen verdichtet werden.
Daniel hat neben den Ölstudien zu den beiden Versionen des „Morgens“ auch „mehrere sehr abweichende erste Entwürfe zu der neuen Composition“ erwähnt, darunter „zu einzelnen Theilen und Figuren derselben, insonderheit zu der Venus; alles theils in Federumrissen, theils getuscht, worunter ein, bloß auf den Beleuchtungseffect berechneter von 1808.“ (Anm. 3) Zu diesen erwähnten Entwürfen „insonderheit zu der Venus“ gehören Inv. Nr. 34189 und 23701; Traeger hatte Daniels letzte Bemerkung auf beide Blätter bezogen (Anm. 4), doch käme dafür nur Inv. Nr. 34189 in Frage, die Daniel mit der Datierung „1808“ versehen hat. Die Tatsache, dass es sich bei beiden Blättern jedoch um reine Federzeichnungen handelt, schließt eine solche Annahme allerdings aus, denn Daniel spricht ausdrücklich davon, dass der „auf den Beleuchtungseffect“ berechnete Entwurf „getuscht“ ist. Die Diktion Daniels lässt diesen Bezug indessen auch gar nicht zu, denn nach den Entwürfen „insonderheit zu der Venus“ setzt Daniel ein Semikolon, und beginnt neu mit „alles“, d. h. diese Sequenz bezieht sich wieder auf „mehrere sehr abweichende erste Entwürfe zu der neuen Composition.“ Zur Identifizierung des bloß „auf den Beleuchtungseffect“ berechneten Entwurf vgl. Inv. Nr. 34184.

Peter Prange

1 Stubbe, in: Runge 1960, S. 25, Nr. 151.
2 Traeger 1975, S. 431.
3 Vgl. HS I, S. 236.
4 Traeger 1975, S. 431.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso unten links von der Hand Daniel Runges nachträglich bezeichnet und datiert: "Original von Philipp Otto Runge 1808" (Feder in Grau)

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz der Witwe Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; Geschenk an den Kunstverein in Hamburg, 30. 4. 1856; Geschenk des Kunstvereins in Hamburg an das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, 1891

Bibliographie

Pauline Kintz: Das befreite Bild. Die bildende Tätigkeit Runges im Lichte der frühromantischen poetischen Theorie von Novalis und Friedrich Schlegel, in: Kosmos Runge. Das Hamburger Symposium, hrsg. von Markus Bertsch, Hubertus Gaßner und Jenns Howoldt, München 2013, S.65, Abb. 3

Pauline Kintz: Alles was wir sehen, ist ein Bild. Philipp Otto Runge in het licht van de vroeg-romantische poezietheorie van Friedrich Schlegel en Novalis, Delft 2009, S.215, 235, Abb.12.10 auf S. 216, Abb. 12.75 auf S. 236

Inge Grolle: Die Geburt der Romantik aus dem Geist der Klassik. Zur künstelerischen Entwicklug von Philipp Otto Runge, 2004, S.88, Abb.

Philipp Otto Runge: Philipp Otto Runge. Briefe und Schriften, hrsg. von Peter Betthausen, Berlin 1981, S.329, Abb.64, o. S.

Doris Krininger: "Der Morgen" - Prinzip Weiblichkeit als Quelle gesellschaftlicher Utopie - Zu Philipp Otto Runges universalem Kunst- und Weltentwurf, Marburg, Univ., Mag.-Arb. 1980, S.IX-X

Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.120, Nr.70, Abb.

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.88, 167, 431, Nr.409, Abb.

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 19, 1974, S.13-36

Deutsche Romantik. Handzeichnungen. Band 2: Johann Friedrich Overbeck (1798-1869) bis Christian Xeller (1784-1872), hrsg. von Marianne Bernhard, München 1973, S.1991, Abb.S. 1539

Katalog der Meister des 19. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle, bearb. von Eva Maria Krafft, Carl-Wolfgang Schümann, Hamburg 1969, S.285, Nr, 13 e

Philipp Otto Runge 23. Juli 1777 Wolgast - 2. Dezember Hamburg 1810. Zeichnungen und Scherenschnitte. Gedächtnis-Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle aus Anlaß der 150. Wiederkehr seines Todestages, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1960, S.25, Nr.149, Abb.15

Stephan Waetzoldt: Philipp Otto Runges "Vier Zeiten", Hamburg 1951, S.127, 143, Abb.51

Deutsche Romantiker. 100 Gemälde und Zeichnungen aus der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Öffentliche Kunstsammlung, Basel 1949, S.22, Nr.43

Christian Adolf Isermeyer: Philipp Otto Runge, Die Kunstbücher des Volkes, Bd. 32, Berlin 1940, S.130-131

Richard Benz, Arthur von Schneider: Die Kunst der deutschen Romantik, München 1939, S.39, 208, Abb.Taf. 2

Gustav Pauli: Philipp Otto Runges Zeichnungen und Scherenschnitte in der Kunsthalle zu Hamburg, Berlin 1916, S.37, Nr.70

Ausstellung deutscher Kunst aus der Zeit von 1775-1875. Zeichnungen, Aquarelle. Pastelle, Ölstudien. Miniaturen und Möbel, Ausst.-Kat. Königliche Nationalgalerie Berlin 1906, S.107, Nr.2992

Philipp Otto Runge: Hinterlassene Schriften, hrsg. von Daniel Runge, Bd. 1, Hamburg 1840 (Reprint: Göttingen 1965), S.236