Philipp Otto Runge, Zeichner Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Erfinder
Figurengruppe zweier Frauen und eines Mannes mit einer Maus (?) am Boden (Griechische Vasenmalerei nach J. H. W. Tischbein), 1800
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Philipp Otto Runge, Zeichner Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Erfinder

Figurengruppe zweier Frauen und eines Mannes mit einer Maus (?) am Boden (Griechische Vasenmalerei nach J. H. W. Tischbein), 1800

Philipp Otto Runge, Zeichner Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Erfinder

Figurengruppe zweier Frauen und eines Mannes mit einer Maus (?) am Boden (Griechische Vasenmalerei nach J. H. W. Tischbein), 1800

Am 25. März 1800 hatte Runge Daniel berichtet, dass er nun „von der [Frederike] Brun ein Werk [erhalten habe], die Umrisse nach den antiken Vasen, die ich nachzeichne, und so übe ich mich auch ferner […] so lange im Contourenzeichnen, bis der Antikensaal offen kommt, wo ich sie dann nach den Antiken selbst zeichne.“ (Anm. 1) Bei dem von Runge erwähnten Vasenwerk handelt es sich um Tischbeins vierbändige Ausgabe der Vasensammlung des William Hamilton (Anm. 2), die er nach dem Verkauf seiner ersten Sammlung aufgebaut hatte. Zwei Blätter mit Umrissnachzeichnungen nach Tischbeins Werk haben sich erhalten, die auf einem Blatt einen Wagenlenker und darunter eine Figurengruppe zeigen (Inv. Nr. 1938-140) sowie auf einem weiterem Blatt drei Figuren mit einer Maus (Inv. Nr. 1938-141). Runge hatte den zweiten Band zur Verfügung, der Wagenlenker (Anm. 3) entstand nach Tafel 27, die Figurengruppe (Anm. 4), die damals als Iniationsritus in die Mysterien des Bacchuskults gedeutet wurde, nach Tafel 61. Die Figurengruppe mit der Maus (Anm. 5), deren Deutung bereits damals umstritten war, entstand nach Tafel 17.
Die Kopien Runges weisen minimale Unterschiede zu Tischbeins Umrissen auf. Auf Inv. Nr. 1938-141 ließ Runge die Schmuckkette des knienden jungen Mannes weg, doch betreffen die kleinen Unterschiede vor allem die zeichnerische Ausarbeitung. Auf Inv. Nr. 1938-140 hat Runge bei der Figur des Wagenlenkers den Unterkörper und das Gesicht in den Proportionen leicht verändert und die Binnenzeichnung der Haare weniger summarisch, sondern als stilisierte Lineatur angegeben. Die beiden Blätter stellen sich als Versuche dar, sich die spezielle Art der klassizistischen Umrisszeichnung mit an- und abschwellenden Linien in unterschiedlicher Stärke des Strichs anzueignen. Vgl. auch Inv. Nr. 1938-50 - 1938-53.

Peter Prange

1 Vgl. HS II, S. 49.
2 Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Pitture di Vasi antichi posseduti da sua Excellenza il Sig: Cav: Hamilton, Tomo I-IV, Florenz 1800-1803.
3 Johann Heinrich Wilhelm Tischbein: Pitture di Vasi antichi posseduti da sua Excellenza il Sig: Cav: Hamilton, Tomo II, Florenz 1801, S. 36, Taf. 27.
4 Tischbein 1800, S. 68, Taf. 62.
5 Tischbein 1800, S. 24, Taf. 17.

Details zu diesem Werk

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; wohl als deren Geschenk an ihren Enkel Paul Runge (1835-1899), Berlin (Sohn des Otto Sigismund Runge (1806-1839); Philipp Otto Runge (1866-1925; Sohn des Vorigen), Berlin; Hans Runge (1900-?; Sohn des Vorigen), Berlin (bis 1938); erworben 1938 von C. G. Boerner, Leipzig

Bibliographie

Kosmos Runge. Der Morgen der Romantik. Katalogteil, hrsg. von Markus Bertsch, Uwe Fleckner, Jenns Howoldt, Andreas Stolzenburg, München 2010, S.106, 385, Nr.64, Abb.

Caecilie Weissert: Reproduktions-Stichwerke. Vermittlung alter und neuer Kunst im 18. und frühen 19. Jahrhundert, Berlin 1999, S.9, Abb.1

Albert Boime: A Social History of Modern Art. Art in an Age of Bonapartism 1800-1815, Bd. 2, 2 Bde, Chicago 1990, S.423, Abb.8.5 auf S. 422

Hermann Mildenberger: J. H. W. Tischbein - Philipp Otto Runge - Friedrich Overbeck. Apekte des künstlerischen Austauschs, in: Jahrbuch des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums Schloss Gottorf 1, 1986-87, Neumünster 1988, S. 31-87, S.34, Abb., 58, Abb.4

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.29, 146, 298, Nr.160b, Abb.

Gunnar Berefelt: Philipp Otto Runge zwischen Aufbruch und Opposition 1777-1802, Stockholm Studies in History of Art, Bd. 7, Stockholm 1961, S.121, 169, Abb.7

Deutsche Handzeichnungen der Romantikerzeit. Deutsche Graphik des frühen XIX. Jahrhunderts. Deutsche Zeichnungen der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts, Auktion 199, 25. 5. 1938, C. G. Boerner, Leipzig 1938, S.15, Nr.133

Otto Böttcher: Philipp Otto Runge. Sein Leben, Wirken und Schaffen, Hamburg 1937, S.25