Paul Decker
Orangerie (Vorzeichnung zu Tafel 21 des zweiten Teils der Folge "Fürstlicher Baumeister" von 1711/16), um 1711
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Paul Decker

Orangerie (Vorzeichnung zu Tafel 21 des zweiten Teils der Folge "Fürstlicher Baumeister" von 1711/16), um 1711

Paul Decker

Orangerie (Vorzeichnung zu Tafel 21 des zweiten Teils der Folge "Fürstlicher Baumeister" von 1711/16), um 1711

Eine Zeichnung des aus Nürnberg stammenden Architekten und Architekturzeichners Paul Decker d. Ä. fehlte bisher im Bestand des Kupferstichkabinetts. Decker erlangte Berühmtheit durch sein umfangreiches Stichwerk «Fürstlicher Baumeister», dem neben Johann Bernhard Fischer von Erlachs «Entwurff einer Historischen Architectur» anspruchsvollsten architekturtheoretischen Werk im deutschen Sprachraum in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 1711 kurz vor Deckers Tod erschien der erste Teil bei dem Augsburger Verleger Jeremias Wolf, in dem Decker auf über 60 Tafeln den Entwurf eines fürstlichen Palastes in Grundrissen und Ansichten bis hin zur Ausstattung der einzelnen Säle präsentiert. In der Vorrede kündigte Decker einen Anhang an, in dem er 1713 Entwürfe für dazugehörige Ehrenpforten und –säulen sowie Gartenanlagen mit Lustgebäuden, Grotten und Orangerien vorstellt. Wiederum drei Jahre später erschien 1716 posthum des Fürstlichen Baumeisters «anderer Theil», der ebenfalls bereits 1711 angezeigt wurde und sich auf 33 Tafeln dem Entwurf eines königlichen Palastes mit den dazugehörigen Gartengebäuden widmet.
Das großformatige Hamburger Blatt ist die Vorzeichnung zu Tafel 21 in diesem zuletzt erschienenen Teil und wurde von dem Augsburger Johann Christoph Steinberger (1680-1727) gegenseitig gestochen. Es zeigt eine Orangerie, die, wie die Stichlegende mitteilt, «in einem Königlichen Lust-Garten könnte angelegt und gebauet werden». Die Ansicht variiert nur geringfügig eine Orangerie, die Decker bereits 1713 im Anhang zum fürstlichen Baumeister für einen fürstlichen Garten vorgesehen hatte.
Orangerien, in der die teilweise exotischen Pflanzen überwinterten, waren unverzichtbarer Bestandteil des barocken Gartens und bildeten zumeist als Abschluss des Gartens einen architektonisch aufwendig gestalteten point de vue. Auch Deckers Orangerie vermittelt in der exedraartigen Ausbuchtung und den Durchblicken in der triumphbogenartig aufgebrochenen Mitte etwas von dieser Idee. Obwohl es sich um einen Entwurf handelt, hat er seine Ansicht mit Staffage, Rabatten und Brunnen bildnerisch so belebt, dass der Anschein einer lebendigen Architekturvedute entsteht. Decker intendiert bereits im Entwurf das Abbild eines existierenden Baues – ein Eindruck, der vor allem auch der damals üblichen Präsentation als Scaenographia verdankt wird, die den Aufriss des Gebäudes in perspektivischer Ansicht wiedergab.

Peter Prange

1 Des Fürstlichen Baumeisters Anhang zum ersten Theil […], Augsburg 1713, Taf. 8.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links signiert und bezeichnet: "P. Decker in: et deline:" (Feder in Schwarz)

Unten links Sammlerstempel Bérard (Lugt 75)

Provenienz

Sammlung André-Denis Bérard (1806-1871), Paris (Lugt 75); Paris, Kunsthandel Mes. Eric Beaussant et Pierre-Yves Lefèvre; Paris, Auktion Drouot Richelieu, 2.4.1993, Nr. 39, Abb.; Privatsammlung, Deutschland; Erworben 2008 als Geschenk von Gianna und Thomas le Claire, Hamburg

Bibliographie

Barbara Kutscher: Pauls Deckers "Fürstlicher Baumeister" (1711/1716). Untersuchungen zu Bedingungen und Quellen des Stichwerks. Mit einem Werkverzeichnis, Europäische Hochschulschriften, Reihe XXVIII: Kunstgeschichte, Bd. 241, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien 1995, S.267, Nr.31

Dessins et tableaux anciens. Céremiques. Objets d’art et de bel meublement, Eric Beaussant et Pierre-Yves Lefèvre, Drouot Richelieu, 2.4.1993, Paris, , S.8, Nr.39, Abb.