Meister der Coburger Rundblätter
Sitzende Madonna mit Kind und springendem Hund,
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Meister der Coburger Rundblätter

Sitzende Madonna mit Kind und springendem Hund,

Meister der Coburger Rundblätter

Sitzende Madonna mit Kind und springendem Hund

Harzen hatte das Blatt noch dem Ägidienmeister von 1466 zugewiesen. Danach hat Winkler 1930 auf den Arbeiten von Buchner und Thorlacius-Ussing fußend (Anm. 1) das Blatt in das weit verstreute Oeuvre des Meisters der Coburger Rundblätter aufgenommen und es als eine Kopie nach einer Skulptur bezeichnet. Die Zeichnung stimmt sehr genau mit der Mariendarstellung auf einem kleinformatigen Schieferrelief in der Berliner Skulpturengalerie überein (Anm. 2), auf das Nauman hingewiesen hat. Er sah in der Zeichnung jedoch keine Kopie, sondern die Vorzeichnung für das Relief, das 1479/80 am Oberrhein im Umkreis des Meisters der Molsheimer Reliefs entstanden sei. Die Zeichnung hingegen, die er keinem Geringeren als Mathis Nithart zuschrieb, datierte er bereits 1473 unter Hinweis auf ein Blatt mit einem bärtigen Männerkopf in Danzig, das er ebenfalls 1473 ansetzte. Zu Recht ist Naumanns wenig überzeugende Argumentation von der Forschung nicht weiter verfolgt worden.
Thomas Roth hat zuletzt darauf hingewiesen, dass die Zeichnung nicht direkt auf das Berliner Relief zurückzuführen sei, weil Unterschiede in der Komposition feststellbar sind. Die richtige Beobachtung Roths lässt sich möglicherweise dahingehend revidieren, dass der Kopist das Relief nicht unmittelbar vor sich hatte, sondern es nur von unten sehen konnte. Ein hoher Anbringungsort des Reliefs würde die insgesamt gestrecktere Komposition auf der Zeichnung, auf die Roth hingewiesen hat, erklären. Einigkeit besteht darüber, dass es sich bei der Zeichnung um eine um 1480 oder wenig später entstandene Kopie nach einer Skulptur handelt. Das Hamburger Blatt schließt stilistisch an zwei ähnliche Zeichnungen in Berlin (Anm. 3) und Coburg (Anm. 4) an, die ebenfalls als Nachzeichnungen nach Skulpturen zu betrachten sind. In ihnen tritt der Kontur der Feder gegenüber der effektvollen Lavierung zurück, durch die die Plastizität der Skulpturen in der Zeichnung herausgearbeitet wird.
Die Brokatmuster und die drei Gewandstudien auf der Rückseite hat Roth als Arbeiten eines anderen Meisters bezeichnet. Dies ist allerdings wenig überzeugend, von ihnen ausgehend ist die Zuschreibung des Blattes an den Meister der Coburger Rundblätter erst wirklich nachvollziehbar.

Peter Prange

1 Ernst Buchner: Über eine mittelrheinische Zeichnung der Spätgotik, in: Pantheon 1, 1928, S. 314–315; vgl. auch ders.: Studien zur mittelrheinischen Malerei und Graphik der Spätgotik und Renaissance, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, N. F. Bd. IV, 1927, S. 300; Viggo Thorlacius-Ussing: Nogle aeldre tyske Haandtegninger i Kobberstiksamlingen, in: Kunstmuseets Aarsskrift XI­II-XV, 1926–1928, S. 138–139.
2 Jacqueline Boccador: Statuaire médiévale en France de 1400 à 1530, Zug 1974, Bd. 1, S. 310–311, Abb. 390 (elsässischer Meister um 1470/80).
3 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 1051, vgl. Roth 1988, S. 76–78, Nr. 23.
4 Coburg, Kunstsammlungen der Veste Coburg, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Z 245, vgl. Roth 1988, S. 74–76, Nr. 22.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links nummeriret: "2." (Bleistift), unten rechts bezeichnet: "S" (Feder in Braun); auf dem Verso oben links bezeichnet: "7.4. 8.10" (Bleistift); Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

39 mm

Verso

Titel verso: links Gewand- und Brokatmuster sowie Rankenornamente

Technik verso: Feder und Pinsel in Graubraun, laviert, Leimspuren

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 04, fol. 138: "Egedius der Meister von 1466 Maria in stehender Stellung mit lang herab{fließendem} Haar das von einem Blumenkranze gehalten ist ein Mantel fließt von den Schultern in reichem Faltenwurf herab, wodurch {...} ihre Gestalt eine schöne Pyramidalform bildet. Auf ihrem Schooße ruht der kleine Jesus der ein Hündchen durch einen Bissen Brod an sich lockt. Sehr edel und schön m Feder und Tusche leicht ausgeführt. Auf der Rückseite Entwürfe Gothischen Laubwerks. 7.4.8.10."; und Ad: 02: 01, S. 233; Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.236, Nr.573

Michael Roth: Die Zeichnungen des 'Meisters der Coburger Rundblätter', Diss. Univ. Berlin 1988, S.79-80, Nr.24

Christiane Andersson, Charles Talbot: From a mighty Fortress. Prints, drawings, and books in the age of Luther 1483-1546, Ausst.-Kat. Detroit Institute of Arts, New Haven 1983, S.126, Nr.bei Nr. 36

Ewald M. Vetter: Maria im Rosenhag, Düsseldorf 1956, S.20, 46, Nr.15, Abb.

Hans Heinrich Neumann: Mathis Nithart. Le premier Élève de Martin Schongauer, Paris/Strasbourg 1936, S.59-61, 67, 70-71, Abb.24

Friedrich Winkler: Skizzenbücher eines unbekannten Meisters um 1500, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 1, 1930, S. 123-152, S.136, 151, Abb.142