Martin Schongauer, Werkstatt
Verkündigung Mariae, 1495 - 1500
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Martin Schongauer, Werkstatt

Verkündigung Mariae, 1495 - 1500

Martin Schongauer, Werkstatt

Verkündigung Mariae, 1495 - 1500

Das Hamburger Blatt zeigt in der Komposition und der Raumauffassung deutliche Anklänge an Schongauers Verkündigung in Budapest (Anm. 1), auf der auch der vordere Flügel des Engels ähnlich schuppenartig gebildet ist. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Budapester Blatt um eine eigenhändige Arbeit handelt oder um eine Kopie nach einer verlorenen Zeichnung Schongauers (Anm. 2), ist der Zeichner des Hamburger Blattes (Anm. 3) mit den Arbeiten Schongauers unmittelbar vertraut. Ausgehend von der Verkündigung mit der „mystischen Einhornjagd“ am Dominikaneraltar in Colmar, von dem der Zeichner den Engel ähnlich übernimmt, dürften ihm Zeichnungen Schongauers zugänglich gewesen sein, weshalb er möglicherweise als Mitglied der Werkstatt Schongauers anzusehen ist. Die Gesichter in ihrer sehr anmutigen Auffassung ähneln den Köpfen, die Winzinger als Bestandteil eines Musterbuches von Martin Schongauer ansah (Anm. 4), die Koreny zuletzt jedoch zu Recht seiner Werkstatt zugewiesen hat.(Anm. 5) Die größte Ähnlichkeit besteht zu dem „Mädchen mit der Haube“(Anm. 6), bei dem sich dieselbe Art findet, einzelne Gesichtspartien herauszuarbeiten: An dem Nasenflügel setzen beide Zeichner noch extra ein kurzes, geschwungenes Häkchen an, um die dortige Nasenfalte zu verdeutlichen. Fritz Koreny, Wien, hat zudem darauf hingewiesen, dass die Bäume in der Landschaft bereits auf Ludwig Schongauer (um 1450–1494) verweisen (Anm. 7), weshalb das Hamburger Blatt erst nach Martins Tod in der zweiten Hälfte der 1490er Jahre entstanden sein kann.

Peter Prange

1 Budapest, Museum der bildenden Künste, vgl. Winzinger 1962, S. 95, Nr. 71, Abb.
2 Bernhard 1980, S. 413, Abb. 220.
3 Die von Winzinger 1962, S. 111, auf dem Verso des Blattes erwähnte „Studie einer Nonne und zweier Möche“ befindet sich auf dem Verso von Kat.-Nr. 946.
4 Ebd., S. 51–56, Nr. 18–26.
5 Fritz Koreny: Martin Schongauer as a Draftsman: A Reassessment, in: Master Drawings 34, 1996, Nr. 2, S. 128–132.
6 Washington, National Gallery of Art, Inv.-Nr. 1982.56.1, vgl. Winzinger 1962, S. 56, Nr. 25.
7 Mündlich am 20.4.2005.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso oben bezeichnet: "Bel Martin Maestro d' Alberto Dürero" (Feder in Braun)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Hohe Krone mit zweikonturigem Bügel mit Perlen, darüber ein zweikonturiges Kreuz, ähnlich Piccard (online) Nr. 052718 (Ellwangen 1484)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 04, fol. 139: "Martin Schongauer Der Englische Gruß. Maria im Gebete vor einer Bank kniend wendet sich nun nach dem Engel der gleichfalls kniend den Segen ausspricht beide in weitfaltige Gewänder gehüllt. Zwischen ihnen steht eine Vase mit einer blühenden Lilie. Die Handlung geschieht in einer von allen Seiten offenen gewölbten Halle mit der Aussicht auf einen See und Gebäude am Fuß eines Hügels. Höchst vortrefflich und vollendet ausgeführte Federzeichnung, ein Hauptblatt 8.3.11.7"; und Ad: 02: 01, S. 237; Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.330-331, Nr.944

Marianne Bernhard: Martin Schongauer und sein Kreis. Druckgraphik Handzeichnungen, München 1980, S.414, Abb.239

Franz Winzinger: Die Zeichnungen Martin Schongauers, Berlin 1962, S.110-111, Nr.106, Abb.