Lorenzo di Ottavio Costa (I)
Beweinung Christi, 1490 - 1500
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Lorenzo di Ottavio Costa (I)

Beweinung Christi, 1490 - 1500

Lorenzo di Ottavio Costa (I)

Beweinung Christi, 1490 - 1500

Harzen schrieb das Blatt Martino da Udine zu. Dagegen schlug Adolfo Venturi 1921 bei einem Besuch des Kabinetts den Ferraresen Ercole Roberti als möglichen Autor vor. Erstmals hat dann offensichtlich Grazia Diana den in Bologna tätigen Lorenzo Costa als Zeichner in Erwägung gezogen. Diese Einschätzung wurde seitdem von Giovanni Agosti und Marzia Faietti (Anm.1) bestätigt.
Gut vergleichbar mit dem Hamburger Blatt ist die „Marienkrönung“ in den Uffizien hinsichtlich der lockeren Gesamtanlage und in manchen Details wie den Parallelschraffen hinter den Figuren.(Anm.2) Übereinstimmungen in der Figurendarstellung und der Schraffenbildung finden sich auch auf einem Blatt in London mit „Vier Frauen“ (Anm.3) und einer Zeichnung in Oxford mit einer Darstellung des „Gastmahls im Hauses des Pharisäers“ (Anm.4). Diana und Agosti haben das Hamburger Blatt in das letzte Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts datiert, als Costas Zeichenstil eine bemerkenswerte Freiheit und vibrierende Nervosität des Strichs erlangte.(Anm.5) Diese Erscheinungsform steht interessanterweise im krassen Gegensatz zur ruhigen Gesamtwirkung der Gemälde des Künstlers.
Harzen und Hind haben engste stilistische Bezüge der „Beweinung Christi“ mit dem „Triumph der Luna“, einem anderen Blatt des Kupferstichkabinetts, erkennen wollen (vgl. Inv.-Nr. 21451). Während Harzen an Martino da Udine dachte, plädierte Hind für den Monogrammisten PP als Zeichner. Der Versuch, beide Blätter für einen Künstler zu reklamieren, ist nicht überzeugend, da die „Beweinung“ noch stärker einen spätmittelalterlichen Ausdruck aufweist und zudem in der Strichführung lockerer ist.

David Klemm

1 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 24. 3. 2008.
2 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 178 E. Unterschiedlich ist vor allem die Art der Lavierung.
3 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1881-7-9-76; Arthur Ewart Popham, Philip Pouncey: Italian Drawings in the Department of Prints and Drawings in the British Museum. The Fourteenth and Fifteenth Centuries, 2 Bde., London 1950, I, S. 26–27, Nr. 43.
4 Oxford, Christ Church, Inv.-Nr. 0300; James Byam Shaw: Drawings by Old Masters at Christ Church Oxford, 2 Bde., Oxford 1976, I, S. 231, Nr. 861.
5 Agosti schlug als Datierung die späten 1490er Jahre vor.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso zwei Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); in der Mitte bezeichnet: "Martino da Udine" (Bleistift); unten links nummeriert: "W 843" (Bleistift); rechts davon bezeichnet: "3.10 [Kasten: Quadrat]" (Bleistift)

Provenienz

Samuel Woodburn (1786-1853), London (L. 2588); auf dessen Nachlassauktion 1854 in London (Lugt Ventes 21988) von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) in einem Konvolut erworben (vgl. NH Ad : 02 : 01, S. 221 mit dem Hinweis "W[Woodburn] 843); NH Ad : 02 : 01, S. 221 (als Martino da Udine); NH Ad : 01 : 06, fol. 158 (als anonym): "Die Auferstehung[!], ausführlicher Entwurf mit d. Feder. 3.10. Quadr."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.157, Nr.190

Giovanni Agosti: Disegni del Rinascimento in Valpadana. Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi LXXXVII, Florenz 2001, S.295, Nr.60

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.17, Nr.17, Abb.29

Maria Grazia Diana: Alcune precisazioni per il percorso giovanile di Lorenzo Costa, in: Paragone,, Florenz 1986, Nr. 431-433, , S.51, Abb.33

Hundert Meisterzeichnungen aus der Hamburger Kunsthalle 1500-1800, Bd. 5, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1967, S.21, Nr.4, Abb.Taf. 7

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.228

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.9, Nr.10, Abb.Taf. 1

Arthur M. Hind: Early Italian Engraving. A Critical Catalogue with Complete Reproduction of all the Prints Described. Known Masters other than Florentine, Monogrammists and Anonymous, Part II, Bd. 5, London 1948, S.275, Anm. 1a