Johann Georg Wagner, Nachahmer Anonym (deutsch, 18. Jahrhundert), ehemals
Illustration zum Lemma "Caetera linquo", um 1700
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Johann Georg Wagner, Nachahmer Anonym (deutsch, 18. Jahrhundert), ehemals

Illustration zum Lemma "Caetera linquo", um 1700

Johann Georg Wagner, Nachahmer Anonym (deutsch, 18. Jahrhundert), ehemals

Illustration zum Lemma "Caetera linquo", um 1700

Das Blatt geht zurück auf einen Stich in dem emblematischen Werk „Philohei Symbola Christiana, quibus idea hominis Christiani exprimitur“, das 1677 zunächst auf lateinisch, 1679 auch auf deutsch in Frankfurt erschien.(Anm.1) Als sein Autor gilt Kurfürst Karl II. von der Pfalz (1651–1685), der letzte Pfalzgraf aus der reformierten Simmern’schen Linie, auch wenn sein Anteil auf Grund der gattungsspezifischen Weitergabe von Emblemen nicht immer genau zu bestimmen ist. Bis zu seinem Regierungsantritt 1680 hatte sich der Kurprinz unter dem Einfluss seines Lehrers, dem Historiker Paul Hachenberg (1642–1680), vom Hofgeschehen weitgehend zurückgezogen und sich stattdessen mit erbaulichen Betrachtungen über die „Symbola Christiana“ beschäftigt, deren Ergebnis er 1677 publizierte. Ihr Tenor besteht in einer Abwendung der Seele von allem Irdischen und der Hinwendung zu Gott als Quell ewigen Lebens und Retter in allen irdischen Nöten. Diese Haltung drückt sich auch in dem vorliegenden Blatt aus – Symbolum III der „Symbola Christiana“ –, das zusammen mit dem Lemma „Caetera linquo“ (etwa: Auch dieses lasse ich zurück) wohl auf Karls geringes Interesse am Regieren anspielt. Was er zugunsten des innigen Glaubens an Gott zurücklässt oder worauf er verzichtet, ist die Herrschaft, die durch deren Insignien Faszes, Krone und Zepter symbolisiert wird. So wie der von einer Wolkenhand gehaltene Lorbeerkranz über den Zeichen der irdischen Macht steht, so sind die von Gott verliehenen Ehren wertvoller als aller irdischer Reichtum.
Das Blatt galt bisher als anonyme Arbeit des 18. Jahrhunderts. Die Unterschiede zwischen dem Stich und der Zeichnung vor allem im oberen Bereich der Darstellung und im Landschaftshintergrund, aber auch stilistische Gründe sprechen für eine Entstehung des Hamburger Blattes erst im 18. Jahrhundert. Die ursprüngliche Vorzeichnung zu dem Stich in den „Symbola Christiana“ hatte wahrscheinlich der aus Nürnberg stammende Johann Georg Wagner angefertigt. Wagner war am kurpfälzischen Hof in Heidelberg tätig, er hat 1671 z. B. anlässlich der Vermählungsfeierlichkeiten Karls II. mit der Prinzessin Wilhelmine Ernestine von Dänemark mehrere Ehrenpforten errichtet, „deren eine 80 Werckschuhe hoch gantz prächtig erhoben mit sinnreichen Emblematen und Poeseyen von Sr. Churfürstl. Durchl. selbst componiert und gezieret“, wie Joachim von Sandrart berichtet.(Anm.2) Zudem war Wagner ein begehrter Portraitist, bevor er 1677 als Hofmaler nach Darmstadt ging. Auf dem Titelkupfer der „Symbola Christiana“ – auf dem unten bereits in derselben Anordnung die Insignien irdischer Herrschaft erscheinen – wird Wagner als Inventor und Delineator der Darstellung genannt; die übrigen Kupferstiche sind zwar nicht signiert, doch ist anzunehmen, dass deren Vorzeichnungen ebenfalls von Wagner stammen. Auf Grund der Unterschiede zwischen dem Kupferstich und der Zeichnung dürfte es sich bei dem Hamburger Blatt um eine spätere, in Einzelheiten veränderte Übernahme vom Stich handeln (Anm.3), möglicherweise im Bereich der angewandten Emblematik, etwa als Entwurf für das Verso einer Medaille.

Peter Prange

1 Für den Hinweis auf die „Symbola Christiana“ danke ich Dietmar Peil, München.
2 Joachim von Sandrarts Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste von 1675. Leben der berühmten Maler, Bildhauer und Baumeister, hrsg. v. Arthur Rudolf Peltzer, München 1925, S. 358.
3 Das Emblem ist auch später noch gegen 1700 in Emblembüchern verwendet worden, vgl. Emblemes ou devises chretiennes, Utrecht 1697, S. 7, hier gegenseitig nach dem Stich in den „Philothei Symbola Christiana“.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Wasserzeichen / Kettenlinien

ca. 22 mm

Provenienz

Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi 1908 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.365-366, Nr.1070