Johann Christoph Erhard
Studie eines großen Fenchelbusches, 1820
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Johann Christoph Erhard

Studie eines großen Fenchelbusches, 1820

Johann Christoph Erhard

Studie eines großen Fenchelbusches, 1820

Die Blätter mit Landschaftsstudien aus Rom und der Campagna zählen zu einer Gruppe von 24 Zeichnungen, die laut Harzen aus einem 1820 geführten Skizzenbuch stammen.(Anm. 1) Es weist zwar dieselben Maße von ca. 121/126 x 175/181 mm und dasselbe Papier wie das Skizzenbuch mit den Figurenstudien auf, doch lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, es handle sich um ein gemeinsames Skizzenbuch für Figuren- und Landschaftsstudien. Zwar befinden sich auf einigen Versoseiten des Figurenskizzenbuches Pflanzenstudien und topographische Ansichten (Inv.-Nr. 23085 v, 23100 v, und 23114 v sowie Inv.-Nr. 23086 v-23088 v, 23096 v, 23109 v und 23121 v), von denen Inv.-Nr. 23109 v sogar eine Vorstudie zu Inv.-Nr. 23218 v darstellt, doch dürfte es sich wahrscheinlich um ein anderes, parallel geführtes, mit Landschafts- und topographischen Studien aus Rom und der Umgebung gefülltes Skizzenbuch gehandelt haben. Diese Annahme bestätigt auch der Befund der wenigen sichtbaren Wasserzeichen: Nur einmal ist ein Wasserzeichen auf den Blätter des Figurenskizzenbuches nachzuweisen (Inv.-Nr. 23095), das allerdings nicht erkennbar ist, doch möglicherweise eine Lilie darstellt, während sich für das Landschaftsskizzenbuch auf zwei Blätter als Wasserzeichen wohl ein Schild mit einem einbeschriebenen Posthorn nachweisen lässt (Inv.-Nr. 23218 und 23224).
Von den insgesamt 24 von Harzen aufgelisteten Blättern lassen sich 14 sicher im Bestand der Hamburger Kunsthalle nachweisen, zwei weitere aus diesem Konvolut stammende Blätter befinden sich in Berlin (Anm. 2) und in Leipzig.(Anm. 3) Den Maßen, der Technik und den Darstellungen nach dürften auch Inv.-Nr. 23219 und Inv.-Nr. 23221 ehemals zu dem Skizzenbuch gehört haben, die möglicherweise mit einer von Harzen aufgeführten Tiberlandschaft sowie einer Campagnalandschaft mit dem Teverone (Aniene) und der Via Nomentana identisch sind. Inv.-Nr. 23224 weist ebenfalls dieselben Maße auf und trägt dasselbe Wasserzeichen wie Inv.-Nr. 23218, gehörte also ebenfalls zu dem Skizzenbuch, doch wird das Blatt von Harzen nicht aufgelistet. Nicht zugeordnet werden können folgende fünf in Harzens Inventar aufgeführte Blätter: „St. Peter und der Vatika von Arco Scuro aus gesehen ¾; Parthie am Aventiner Berge Kehrseite zwey Capaunen in freiem Felde. 3/2; dergleichen [Campagnalandschaft] mit einer Tenuta 4/2; Ruine Rom bey S. Maria Maggiore; Stämme von Cypressen. Ebenso [überhöht] 7/1“
Auch Inv.-Nr. 1915-60, 23231 und 23243 könnten aufgrund der Maße, Technik und dargestelltem Gegenstand zu dem Skizzenbuch gehört haben, doch werden die drei Blätter von Harzen gesondert aufgeführt (vgl. dort die Angaben in der Provenienz). Dem dargestellten Gegenstand, den Maßen und der Technik dürfte auch Inv.-Nr. 35709 zu diesem Skizzenbuch gehört haben, doch wird das aus dem Besitz des Hamburger Kunstvereins stammende Blatt nicht in Harzens Inventar erwähnt. Aufgrund der Maße könnten auch Inv.-Nr. 43935 und 43950 ehemals Bestandteil dieses Skizzenbuchs gewesen sein, doch lässt das als Aquarell ausgeführte Blatt Inv.-Nr. 43935 eher ein Einzelblatt vermuten, während bei Inv.-Nr. 43950 Erhards Autorschaft nicht als gesichert gelten kann. Weitere bei Gärtner aufgeführte Blätter könnten ebenfalls zu diesem Landschaftsskizzenbuch gehört haben: Eine Ansicht von SS. Giovanni e Paolo in Dresden (Anm. 4) und eine Campagnalandschaft mit Gebäuden in Berlin (Anm. 5), der allerdings die zeichnerische Prägnanz der anderen Blätter fehlt. Hingegen gehört Inv.-Nr. 1915-56 trotz übereinstimmender Maße aufgrund des braunen Papiers nicht zum Skizzenbuch.
Die Zuordnung der letztgenannten Blätter muss auch aufgrund von leichten Formatabweichungen hypothetisch bleiben, auch erscheint es wahrscheinlicher, dass Erhard mehrere Skizzenbücher gleichen Formats führte, doch ist auffallend, dass Erhard in Rom zunächst kleinere Formate bevorzugte, die nur selten das Maß von 300 Millimeter in Breite überschreiten, während er 1821 in Olevano zu größeren Formaten greift. Ob sich für die größeren Formate mit römischen Motiven deshalb eine ähnliche, späte Datierung erst 1821 ergibt, wäre noch zu untersuchen.
1 Archiv der Hamburger Kunsthalle, Nachlass Harzen, Inventar Ad: 01: 20, Fol. 696-697.
2 Der Tiberstrom, Bleistift, 123 x 178 mm, Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. SZ 69, vgl. Marleen Gärtner: Johann Christoph Erhard (1795-1822). Sein Leben und seine Zeichnungen, Marburg 2013, S. 298, Nr. 432. Vgl. Harzens Eintrag, fol. 697: „der Tiberstrom mit Ponte quattro capi in Perspektive della longara 3/3“.
3 Landschaft mit römischer Wasserleitung von der Porta San Giovanni, Bleistift, 120 x 172 mm, Leipzig, Museum der bildenden Künste, Inv.-Nr. NI 601, vgl. Gärtner 2012, S. 307, Nr. 477.
4 SS. Giovanni e Paolo, Bleistift, 120 x 178 mm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1908-101, vgl. Gärtner 2012, S. 296, Nr. 424.
5 Campagnalandschaft mit Gebäuden, Bleistift, 118 x 183 mm, Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. SZ 33, vgl. Gärtner 2012, S. 301, Nr. 450, Abb. 45.

Peter Prange

Das Blatt mit den großblättrigen Pestwurzstauden erinnert in seiner nahsichtigen Erfassung der Vegetation und der darin begründeten Monumentalisierung der Pflanzen an Carl Wilhelm Kolbes Kräuterblätter. 1816 waren zwei von Kolbes Kräuterblättern bei dem Nürnberger Verleger Johann Friedrich Frauenholz erschienen (Anm. 1), die Erhard sicher nicht unbekannt geblieben sind, doch ist er weit entfernt von Kolbes Phantastik. Bei ihm steht die sachliche Beobachtung im Vordergrund, die botanische Genauigkeit anstrebt, doch auch die Klärung der Licht- und Schattenverhältnisse. Marleen Gärtner hat auf die lange Tradition botanischer Studien und Illustrationen in Nürnberg verwiesen (Anm. 2), die Erhard zu dieser Form der Pflanzenstudie angeregt haben könnte, doch entstanden ist die Studie wohl erst in Wien im Garten des Chotekschen Palais in der Josephsstadt, wo Erhard nach seiner Ankunft zusammen mit Johann Adam Klein genommen hatte und sie im Garten Pflanzenstudien betrieben.(Anm. 3) Zu anderen in Österreich entstandenen Pflanzenstudien siehe Inv.-Nr. 23151 verso und 23175 verso.
Auch aus Erhards römischer Zeit sind einzelne Pflanzenstudien bekannt, wie etwa die Studie einer Fenchelpflanze (Inv.-Nr. 23227) oder von Akanthus (Inv.-Nr. 23229), die sich ähnlich anspruchslosen Motiven wie der Ansicht einer Gartenmauer (Inv.-Nr. 23225), eines Wandbrunnens (Inv.-Nr. 23226) und einer bewachsenen Mauer (Inv.-Nr. 23228) zuordnen lassen. Zu anderen in Rom entstandenen Pflanzenstudien siehe Inv.-Nr. 23085 verso, 23100 verso und 23114 verso.

Peter Prange

1 Vgl. Edith Luther: Johann Friedrich Frauenholz 1758-1822. Kunsthändler und Verleger in Nürnberg, Nürnberg 1988, S. 295.
2 Gärtner 2012, S. 74.
3 Aloys Apell: Das Werk von Johann Christoph Erhard, Maler und Radirer, Dresden 1866, S. XX.

Details zu diesem Werk

Verso

Titel verso: Partie am Tiber in der Campagna bei Rom

Technik verso: Bleistift

Provenienz

Nachlass des Künstlers, Rom, 1822; Johann Benjamin Erhard d. J., Nürnberg (Bruder des Künstlers); von dort erworben durch Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (Lugt 1244); dessen Legat 1863 an die Stadt Hamburg für ein zukünftiges Museum, 1869 der neu eröffneten Kunsthalle übergeben (Archiv der Hamburger Kunsthalle, Nachlass Harzen, Inventar Ad: 01: 20, Fol. 697: "Folgende 24 Blatt aus einem Skizzenbuch von 1820 in Bleistift ausgeführt sind sämtlich aus der höchsten Blüthezeit des Meisters. B 6.7 H. 4.7 (...) Die hügeligen Ufer des Teverone. Kehrseite eine große Fenchelpflanze 5/3")

Bibliographie

Marleen Gärtner: Johann Christoph Erhard (1795-1822). Sein Leben und seine Zeichnungen, Marburg 2013 (sic; 2012), S.298, Nr.436

Johann Christoph Erhard (1795-1822). Der Zeichner, Ausst.-Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 1996., S.198-199, Nr.62, Abb.