Johann Christoph Erhard
Serpentara-Landschaft mit Baumgruppe im Mittelgrund und Blick auf Civitella (Bellegra) links im Hintergrund, um 1821
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Johann Christoph Erhard

Serpentara-Landschaft mit Baumgruppe im Mittelgrund und Blick auf Civitella (Bellegra) links im Hintergrund, um 1821

Johann Christoph Erhard

Serpentara-Landschaft mit Baumgruppe im Mittelgrund und Blick auf Civitella (Bellegra) links im Hintergrund, um 1821

Den Sommer 1821 verbrachte Erhard zusammen mit Heinrich Reinhold und Johann Joachim Faber in Olevano, wo man sich eine Verbesserung von Erhards Gesundheitszustand erhoffte. Nimmt man die dort erreichte zeichnerische Produktivität zum Maßstab, so trat diese Besserung wohl tatsächlich ein, denn Erhard arbeitete konzentriert und lehnte Kleins Vorschlag, mit ihm nach Deutschland zurückzukehren, mit der Begründung ab, er wolle die durch Krankheit verlorene Zeit wieder einbringen.(Anm. 1) Erhards Hauptarbeit in Olevano sind die vorbereitenden Zeichnungen für seine Radierung „Olevano“2 (vgl. Inv.-Nr. 23183 r + v, 47323), die größtenteils im Atelier entstanden, und für eine zweite, dann nicht mehr ausgeführte Radierung mit der Ansicht von Civitella (vgl. Inv.-Nr. 23184, 23185 und 47324); daneben hat Erhard zusammen mit den Freunden Reinhold und Faber Ausflüge in die nähere Umgebung gemacht, vor allem in die Serpentara, in der Erhard wiederholt zeichnete. Allein in der Kunsthalle befinden sich fünf Zeichnungen mit Motiven aus der Serpentara, die zum Teil denjenigen seiner Kollegen Reinhold und Faber gleichen bzw. ähneln.
Die in Olevano entstandenen Zeichnungen dokumentieren einen stilistischen Wandel in Erhards Œuvre, den man in der älteren Literatur als Folge seiner Krankheit gedeutet hat, doch muss man ihn eher als künstlerische Neuorientierung verstehen, die Erhard unter dem Einfluss der Freunde vollzogen hat. Man muss von einer gegenseitigen Befruchtung ausgehen; die entschiedene Linienführung der Ansichten aus Rom und der Campagna wird durch einen freieren, dabei auch suchenden Duktus abgelöst, indem die unbedingte zeichnerische Definition der Einzelformen nicht mehr zwingend ist. Während Inv.-Nr. 23187-23189 an die römische Zeit anschließen, verbindet Inv.-Nr. 1915-78, dem motivisch ein Blatt in der Albertina ähnelt3, die akribische Vollendung durch den Bleistift mit der offenen, die Gegenstände nur andeutenden Bleistiftskizze. Erhards späten Federzeichnungen mit den Ansichten von Olevano und Civitella steht hingegen Inv.-Nr. 23180 nahe, wo sich bereits eine ähnliche Tendenz zur Stilisierung beobachten lässt.
Weitere Blätter mit Studien aus der Serpentara befinden sich in Berlin (Anm. 4), Dresden (Anm. 5), München (Anm. 6) und Wien.(Anm. 7)
1 Aloys Apell: Das Werk von Johann Christoph Erhard, Maler und Radirer, Dresden 1866, S. XXVI.

Peter Prange

2 Apell 1866, S. 69-70, Nr. 95.
3 Landschaft bei Olevano, Bleistift, 244 x 316 mm, Wien, Albertina, Inv.-Nr. 5202, vgl. Gärtner 2012, S. 315, Nr. 522.
4 Felsiger Abhang in der Serpentara, Bleistift, 175 x 214 mm, Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. SZ 25, vgl. Gärtner 2012, S. 315-316, Nr. 524; Landschaft mit Felsenschlucht und Bäumen, Bleistift, 144 x 214 mm, Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. SZ 32, vgl. Gärtner 2012, S. 316, Nr. 525.
5 Bewachsener Felsrücken bei Olevano, Bleistift, 232 x 343 mm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1983-890, vgl. Gärtner 2012, S. 317, Nr. 531.
6 Olevano von der Serpentara aus, Bleistift, 174 x 215 mm, München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1928:99, vgl. Deutsche Künstler um Ludwig I. in Rom, Ausst.-Kat. Staatliche Graphische Sammlung München, München 1981, S. 31, Nr. 26, Abb. 31.
7 Die Serpentara bei Olevano, Bleistift, 207 x 239 mm, Wien, Albertina, Inv.-Nr. 25059, vgl. Gärtner 2012, S. 315, Nr. 523; Landschaft bei Olevano, Bleistift, 178 x 222 mm, Wien-Museum, Inv.-Nr. 101691, vgl. Gärtner 2012, S. 316-317, Nr. 529.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Oben links bezeichnet: "Civitella" (Bleistift)

Auf dem Verso unten links von G. E. Harzen bezeichnet: "11.4 / 9.9" (Bleistift)

Provenienz

Nachlass des Künstlers, Rom, 1822; Johann Benjamin Erhard d. J., Nürnberg (Bruder des Künstlers); von dort erworben durch Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (Lugt 1244); dessen Legat 1863 an die Stadt Hamburg für ein zukünftiges Museum, 1869 der neu eröffneten Kunsthalle übergeben (Archiv der Hamburger Kunsthalle, Nachlass Harzen, Inventar Ad: 01: 20, Fol. 699: “Eine Waldparthie derselben Gegend [23188], in der Ferne Civitella auf hohen Bergen gelegen. Bleist. Br. 11.4 H. 9.9“)

Bibliographie

Marleen Gärtner: Johann Christoph Erhard (1795-1822). Sein Leben und seine Zeichnungen, Marburg 2013 (sic; 2012), S.318, Nr.540