Jan Wyck
Jagdgesellschaft vor der Ruine einer Felsenburg,
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Jan Wyck

Jagdgesellschaft vor der Ruine einer Felsenburg,

Jan Wyck

Jagdgesellschaft vor der Ruine einer Felsenburg

Jan Wyck, Sohn des Thomas Wijck, lebte in Haarlem und Utrecht, bevor er 1664 nach England übersiedelte. Er gilt als Begründer des englischen Jagdbildes.(Anm.1)
Unsere Zeichnung wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich in der Verbindung von graphischen Härten und stellenweise etwas plump wirkender Pinselarbeit: Wycks Kreidezeichnungen sind in der Regel schwungvoller angelegt, seine Pinselzeichnungen in den Tonwerten differenzierter gearbeitet.(Anm.2) Grundsätzliche Skepsis ist geboten angesichts der im Farbton abweichenden „Signatur“, bei der es sicher um fremde Zutat handelt.
Trotzdem soll an der alten Zuschreibung festgehalten werden. Bestimmte Eigenarten reifer Wyck-Zeichnungen lassen sich hier bereits im Detail beobachten, z. B. die Tendenz zur verschnörkelten Linienführung, wie sie auf unserem Blatt am Rockaufschlag des flüchtenden Knaben oder an der Schulterkontur des gehenden Mannes ganz rechts zu erkennen ist.(Anm.3) Ähnlich feste Graphitschraffen begegnen auf einer signierten „Reiterschlacht“ in Leiden.(Anm.4) Auch die nicht immer glücklich im Raum verankerte Staffage – man beachte Reiter und Pferd links unter dem Felsentor – verbindet mit Wyck-Zeichnungen der englischen Schaffensphase.(Anm.5) Dies gilt gleichermaßen für die etwas naiv anmutenden Gesichter und die wie gedrechselt wirkenden Beine mit stark verkürzt gesehenen Fußspitzen.(Anm.6)
Die Spannung zwischen konkretem Werkbezug und stilistischen Abweichungen lässt sich am ehesten durch eine Frühdatierung lösen. In diesem Fall wären die heterogenen Elemente durch die noch nicht abgeschlossene Suche nach der eigenen Handschrift zu erklären, und die Geländeschraffur wäre der Handschrift des Thomas Wijck nachempfunden – Jan Wyck wurde bei seinem Vater ausgebildet.(Anm.7) Eine in der Komposition eng verwandte Darstellung rastender Jäger in ehemals amerikanischem Privatbesitz, bislang Thomas Wijck zugeschrieben, wäre der Abbildung zufolge ebenfalls eher als frühes Werk des Jan Wyck einzuordnen.(Anm.8)

Annemarie Stefes

1 Sir Oliver Millar: Jan Wyck and the Battle and the Chase in late Stuart England, in: Leids Kunsthistorisch Jaarboek 13, 2003, S. 153-176, S. 166.
2 Vgl. z. B. drei Zeichnungen in Edinburgh, National Gallery of Scotland, Inv.-Nr. D 2801, Inv.-Nr. RSA 64 und Inv.-Nr. RSA 368, Keith Andrews: Catalogue of Netherlandish Drawings in the National Gallery of Scotland, 2 Bde., Edinburgh 1985, Bd. 1, S. 106–107.
3 Stärker ausgeprägt ist diese Tendenz auf dem „Studienblatt mit Reitern“ in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1881,0611.206.
4 Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK-T-AW-839; vgl. auch eine signierte „Hirschjagd“ von 1673, Lager-Kat. Amsterdam, Houthakker 1971, Nr. 66.
5 Z. B. London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1950,1014.1.
6 Vgl. ein Studienblatt in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1881,0611.207.
7 Vgl. Thomas Wijck, „Blick auf eine italienische Stadt“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1954-115, Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 117, Abb. A.
8 1960 in der Sammlung Sherell Figures, Columbia, Tenessee, Photo RKD, dort unter den Werken des Jan Wyck abgelegt. Die Figurendarstellung weist eindeutig auf die Hand des Jan Wyck, während die weidenden Tiere vorne rechts ganz dem Stil der zweiten „Italianisanten“-Generation verpflichtet sind.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links bezeichnet: "JWijck" (Feder in Braun); auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Unterer Teil eines Lilienwappens, vgl. Heawood 1788 (van de Velde), 1820 oder 1822 (beide Den Haag 1729)
26-28 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 80: "Jan Wyck. Einige Dragoner halten vor einer Hosterie die an {ein} altrömisches Mauerwerk gelehnt ist, in einer schönen Gebirgslandschaft; die Figuren haben viel Leben, die Ausführung in Bleistift und Seppia ist geschickt, die Haltung gut beobachtet. FF Bez J. Wyck 7.5.7.4"; NH Ad: 02: 01, S. 278); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.643-644, Nr.1232