Das Blatt ist „John van der Vinne“ signiert, und nicht nur die anglisierte Form des Vornamens setzt es in direkten Bezug zu Van der Vinnes England-Aufenthalt in den Jahren 1686–88: Dargestellt ist die Hügellandschaft bei Bath, wie auch von alter Hand auf der Rückseite der Zeichnung notiert wurde („baethe“).(Anm.1) Der gleichen Werkgruppe zugehörig sind eine 2002 in London versteigerte „Landschaft mit Blick auf Exeter“ und die nur mit Graphit und Pinsel gezeichnete „Landschaft mit Blick auf Oxford aus nordwestlicher Richtung“ im British Museum.(Anm.2)
Eine nahezu übereinstimmende und in gleicher Technik gezeichnete „Ansicht von Bath“ in Besançon galt bislang zu Unrecht als Werk des Dirk Maas und wäre im Anschluss an die vorliegende Zeichnung viel eher ebenfalls Jan Vincentsz. van der Vinne zuzuschreiben.(Anm.3) Sie wirkt in der Landschaftsgestaltung frischer und natürlicher als das Hamburger Blatt mit seinen glatteren, stärker idealisierten Formen und kommt darin der erwähnten „Ansicht von Oxford“ sehr nahe. Demzufolge wird es sich bei der sauber gezeichneten Inv.-Nr. 22556 um die Zweitfassung bzw. Reinzeichnung handeln,(Anm.4) wobei die Staffage der Ausgangspkomposition um eine Figurengruppe am rechten Rand erweitert wurde.

Annemarie Stefes

1 Eine vergleichbare Ansicht aus südöstlicher Richtung wurde 1662 von Willem Schellinks gezeichnet und befindet sich heute in Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Atlas Van der Hem, Nr. 19:25, Erlend de Groot, P.C.J. van der Krogt: The Atlas Blaeu-van der Hem of the Austrian National Library, 6 Bde., ’t Goy-Houten 1996-2008, Bd. 3, S. 152–153.
2 Aukt.-Kat. London, Sotheby’s, 10. 7. 2002, Nr. 181 (256 x 374 mm); London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1879,0308.1 (236 x 398 mm). Die in Berlin unter dem Namen des Laurens Vincentsz. van der Vinne verwahrte „Ansicht einer Stadt am Ufer“, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 14291, Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, Bd. 1, S. 307, ist, anders als von Gode Krämer: Handzeichnungen aus den graphischen Sammlungen des Museums für Kunst und Gewerbe, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 16, 1971, S. 51-78, S. 65 vorgeschlagen, sicher nicht dieser Gruppe anzuschließen.
3 Besançon, Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie, Inv.-Nr. D 519 (236 x 398 mm), Corpus Gernsheim 16 527.
4 Ebenfalls in zwei eigenhändigen Fassungen vorliegend ist Van der Vinnes „Ansicht der alten London Bridge“: New York, The Pierpont Morgan Library, Inv.-Nr. 1980.16, Jane Shoaf Turner: Dutch Drawings in the Pierpont Morgan Library. Seventeenth to Nineteenth Centuries, 2 Bde., New York 2006, Nr. 426 bzw. Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. S 36.